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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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lügst, bist du dran.«
    Er nahm die Pistole von Hardys Brust und steckte sie ins Holster zurück. Er stand auf.
    »Wie komme ich nebenan rein?«
    »Die Schlüssel sind in der Küche, auf der Theke.«
    Das eigenartige Lächeln kehrte in Hardys Gesicht zurück. Eben hatte er noch verzweifelt um sein Leben gebettelt, jetzt grinste er. Bosch merkte, es war ein Ausdruck des Stolzes.
    »Los, sehen Sie schon nach«, forderte Hardy ihn auf. »Sie werden berühmt, Bosch. Sie haben den Rekordhalter geschnappt.«
    »Ja? Wie viele?«
    »Siebenunddreißig. Ich habe siebenunddreißig Kreuze aufgestellt.«
    Bosch hatte geahnt, dass es einige wären, aber mit so vielen hatte er nicht gerechnet. Er fragte sich, ob Hardy die Zahl seiner Morde vielleicht aus taktischen Gründen übertrieb. Rück irgendwas raus, egal was, Hauptsache, du kommst hier lebend raus. Er brauchte nur diesen Moment zu überstehen, und schon konnte er die nächste Verwandlung durchlaufen, in die nächste Rolle schlüpfen, vom unbekannten, unauffälligen Mörder zu einer Figur öffentlichen Interesses, beäugt mit furchtgetränkter Faszination. Ein Name, der Entsetzen weckte. Bosch wusste, dass das für Seinesgleichen mit zur Erfüllung gehörte. Wahrscheinlich hatte Hardy schon die ganze Zeit dem Moment entgegengefiebert, in dem er endlich bekannt wurde. Davon träumten Männer wie er.
    In einer einzigen flüssigen Bewegung zog Bosch die Glock wieder aus dem Holster und richtete sie auf Hardy.
    »Nein!«,
brüllte Hardy. »Wir haben eine Abmachung!«
    »Einen Dreck haben wir.«
    Bosch drückte ab. Das metallische Klicken des Auslösemechanismus ertönte, aber es war keine Kugel in der Kammer. Die Waffe war nicht geladen.
    Bosch nickte. Hardy hatte den Trick nicht durchschaut. Kein Cop musste eine Kugel in die Kammer befördern, weil kein Cop mit einer ungeladenen Waffe rumlief. Nicht in L.A., wo einen die zwei Sekunden, die nötig waren, um die Kugel in die Kammer zu befördern, das Leben kosten konnten. Das war nur Teil der Täuschung gewesen. Für den Fall, dass er noch eins draufsetzen müsste.
    Er drehte Hardy herum, so dass er mit dem Gesicht nach unten lag. Er drückte ihm die Pistole in den Rücken und nahm zwei Kabelbinder aus seiner Jackentasche. Einen zurrte er ganz eng um Hardys Fußgelenke, mit dem anderen fesselte er die Handgelenke, so dass er ihm die Handschellen wieder abnehmen konnte. Bosch vermutete, dass nicht er Hardy im Gefängnis einliefern würde, und er wollte seine Handschellen nicht verlieren.
    Er stand auf und hakte sie wieder an seinen Gürtel. Dann fasste er in seine Jackentasche und nahm eine Handvoll Kugeln heraus. Er warf den leeren Clip aus und füllte ihn. Als er damit fertig war, setzte er den Clip wieder ein und beförderte eine Kugel in die Kammer, bevor er die Waffe ins Holster zurücksteckte.
    »Man sollte immer eine in der Kammer haben«, sagte er zu Hardy.
    Die Tür ging auf und Chu kam herein. Er hatte seinen Laptop dabei und sah Hardy auf dem Boden liegen. Er hatte keine Ahnung, was Bosch gemacht hatte.
    »Lebt er noch?«
    »Ja. Leider. Pass auf ihn auf. Dass er nicht das Känguru macht.«
    Bosch ging in die Küche, wo, wie Hardy gesagt hatte, ein Schlüsselbund auf der Theke lag. Als er ins Wohnzimmer zurückkam, blickte er sich um und überlegte, wie er Hardy am Fliehen hindern könnte, während er draußen mit Chu das weitere Vorgehen besprach. Im PAB kursierte seit ein paar Monaten die peinliche Geschichte von einem Bankräuber, der wie ein Känguru davongesprungen war. Die Cops, von denen er verhaftet worden war, hatten ihn, an Händen und Füßen gefesselt, auf dem Boden der Bank liegen gelassen, während sie sich auf die Suche nach einem zweiten Bankräuber machten, von dem sie annahmen, dass er sich in der Nähe versteckt hatte. Fünfzehn Minuten später sahen zwei andere Polizisten, die sich auf dem Weg zum Tatort befanden, drei Blocks von der Bank entfernt einen Mann die Straße hinunterhopsen.
    Schließlich kam Bosch eine Idee.
    »Fass mal an«, sagte er zu Chu. »Am Ende der Couch.«
    »Wieso? Was hast du vor?«, fragte sein Partner.
    Bosch winkte ihn zu der angegebenen Stelle.
    »Hilf mir, sie umzukippen.«
    Sie kippten die Couch auf den Vorderfüßen nach vorn und auf Hardy, so dass sie wie ein Zelt auf ihm zu liegen kam und es ihm unmöglich machte, mit gefesselten Händen und Füßen aufzustehen.
    »Was soll der Scheiß?«, protestierte Hardy. »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Nur keine Aufregung,

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