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Der Widersacher

Der Widersacher

Titel: Der Widersacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Chu.
    Weitere fünfzehn Sekunden vergingen, dann ertönte die Stimme wieder. Diesmal kam sie von direkt hinter der Tür.
    »Ja?«
    »Mr. Hardy?«
    »Ja, was ist?«
    »Polizei. Machen Sie bitte auf.«
    »Wieso? Was ist passiert?«
    »Wir haben ein paar Fragen an Sie. Bitte öffnen Sie die Tür.«
    Keine Antwort.
    »Mr. Hardy?«
    Sie hörten, wie der Griff des Kastenschlosses gedreht wurde. Die Tür schwang langsam auf, und ein Mann mit Brillengläsern so dick wie Flaschenböden spähte durch den fünfzehn Zentimeter breiten Spalt nach draußen. Er war ungepflegt, mit ungekämmtem, verfilztem grauen Haar und zwei Wochen alten Stoppeln im Gesicht. Über seine Ohren war ein durchsichtiger Plastikschlauch gehakt, der seine Nase mit Sauerstoff versorgte. Er trug einen hellblauen Krankenhauskittel, eine gestreifte Schlafanzughose und schwarze Plastiksandalen.
    Bosch versuchte, die Fliegengittertür zu öffnen, aber sie war verriegelt. »Mr. Hardy. Wir müssen mit Ihnen reden, Sir. Können wir reinkommen?«
    »Worum geht es?«
    »Wir sind vom LAPD und suchen jemanden. Wir glauben, dass Sie uns vielleicht weiterhelfen können. Können wir reinkommen, Sir?«
    »Wen?«
    »Sir, das möchten wir eigentlich nicht hier draußen klären. Können wir nicht reinkommen, um uns in Ruhe zu unterhalten?«
    Der Mann senkte kurz den Blick und dachte nach. Seine Augen waren kalt und emotionslos. Jetzt wusste Bosch, von wem sein Sohn die Augen geerbt hatte.
    Der alte Mann fasste langsam durch den Spalt und entriegelte die Fliegengittertür. Bosch öffnete sie und wartete, dass Hardy von der Tür zurücktrat, damit er nach drinnen gehen konnte.
    Hardy stützte sich beim Gehen auf einen Stock, als er sie langsam ins Wohnzimmer führte. Über seiner Schulter hing an einem Riemen eine kleine Sauerstoffflasche, an der die Schläuche befestigt waren, die zu seiner Nase führten.
    »Es ist aber nicht aufgeräumt«, sagte Hardy senior, als er auf einen Sessel zuschlurfte. »Ich bekomme sonst nie Besuch.«
    »Das macht nichts, Mr. Hardy«, sagte Bosch.
    Mühsam ließ sich der alte Mann in einen zerschlissenen Polstersessel sinken. Auf dem Tischchen daneben stand ein überquellender Aschenbecher. Das Haus roch nach Zigaretten und Alter und war genauso ungepflegt wie Hardy. Bosch begann, durch den Mund zu atmen. Hardy sah ihn auf den Aschenbecher schauen.
    »Sie werden mich doch nicht beim Krankenhaus verraten, oder?«
    »Nein, Mr. Hardy. Das ist nicht der Grund, weshalb wir hier sind. Ich heiße Bosch, und das ist Detective Chu. Wir versuchen, Ihren Sohn Chilton Hardy junior zu finden.«
    Hardy nickte, als hätte er damit gerechnet.
    »Ich weiß nicht, wo er zurzeit ist. Was wollen Sie von ihm?«
    Um auf Augenhöhe mit Hardy zu sein, setzte sich Bosch auf eine Couch mit zerschlissenen Polsterbezügen.
    »Ist es okay, wenn ich mich setze, Mr. Hardy?«
    »Selbstverständlich. Was hat mein Junge angestellt, dass Sie zu mir kommen?«
    Bosch schüttelte den Kopf.
    »Soviel wir wissen, nichts. Wir möchten über jemand anders mit ihm reden. Wir ziehen Erkundigungen über einen Mann ein, von dem wir glauben, dass er vor Jahren mal bei Ihrem Sohn gewohnt hat.«
    »Wer?«
    »Er heißt Clayton Pell. Kennen Sie ihn zufällig?«
    »Clayton Powell?«
    »Nein, Sir. Pell. Clayton Pell. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Hardy beugte sich vor und begann, in seine Handfläche zu husten. Sein Körper wurde von Krämpfen geschüttelt.
    »Diese verfluchten Zigaretten. Und was hat dieser Pell angestellt?«
    »Leider dürfen wir Ihnen über die näheren Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens nichts sagen. Deshalb nur so viel: Wir glauben, dass er ein paar ziemlich üble Dinge getan hat, und es würde uns die Suche nach ihm enorm erleichtern, wenn wir mehr über seine Vergangenheit wüssten. Wir haben ein Foto von ihm, das wir Ihnen gern zeigen würden.«
    Chu holte Pells Führerscheinfoto heraus. Hardy betrachtete es lange, bevor er den Kopf schüttelte.
    »Nie gesehen.«
    »Na ja, so sieht er jetzt aus. Er hat vor etwa zwanzig Jahren bei Ihrem Sohn gewohnt.«
    Jetzt schien Hardy überrascht.
    »Vor zwanzig Jahren? Dann war er ja – ach so, jetzt verstehe ich, Sie meinen den Jungen, der damals zusammen mit seiner Mutter in Hollywood bei Chilton gewohnt hat.«
    »Nicht weit von Hollywood. Ja, er dürfte damals acht Jahre alt gewesen sein. Erinnern Sie sich jetzt an ihn?«
    Hardy nickte, und das löste einen weiteren Hustenanfall

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