Der widerspenstige Highlander
wurde eiskalt, als er es ungläubig anstarrte.
Alexander faltete ein kleines Stück Pergamentpapier auf, während Lochlan das Tuch zu sich zog, um es näher zu betrachten.
»Canmore«, las der Ältere laut, »ich mag es nicht, wenn man mich zum Narren hält. Du kannst den Gauklern sagen, dass sie die Nächsten auf unserer Liste sind. Du hättest dem König nicht von uns erzählen dürfen. Hättest du den Mund gehalten, könnte deine Tochter vielleicht am Leben bleiben. Jetzt werden wir sie uns holen kommen und die restlichen MacAllisters dazu. Seid wachsam, wir lauern euch auf.«
Alexanders Hände zitterten, und sein Gesicht wurde dunkelrot vor Zorn. »Es ist von Graham MacKaid unterzeichnet.«
Lochlan hörte ihn kaum. Sein Blick hing wie gebannt an den beiden Buchstaben, die in die Ecke des zerrissenen Plaids gestickt waren.
K.M.
Kieran MacAllister.
Wer konnte in den Besitz von Kierans Plaid gekommen sein? Und vor allem auf welche Weise? Niemand außerhalb ihres Clans konnte darauf Zugriff haben.
Nach mehr Hinweisen suchend breitete Lochlan den Stoff aus und fluchte laut, als eine abgetrennte Hand aus den Falten zu Boden fiel.
Alexander fluchte ebenfalls, als er das Gliedmaß mit dem merkwürdigen Brandmal auf dem Handrücken entdeckte.
»So wahr mir Gott helfe«, knurrte er. »Ich werde jeden einzelnen von diesen Hundesöhnen dafür umbringen.«
Lochlan fiel es schwer zu atmen. Sich zu konzentrieren. Er versuchte sich das Gesicht des Mannes ins Gedächtnis zu rufen, den er nur kurz getroffen hatte. Eines Mannes, dem er offensichtlich zu wenig Beachtung geschenkt hatte.
»Wer war Lysander?«, fragte er Alexander.
»Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein. Ich fand ihn vor etwa fünf Jahren in Frankreich, als ich einen Freund besuchte. Er war gerade erst aus dem Heiligen Land zurückgekehrt und weigerte sich, über seine Erlebnisse dort zu sprechen.«
»Und dieses Plaid?«
Alexander zuckte die Schultern. »Er trug es, als er nach Arbeit fragte. Bedeutet es Euch etwas?«
Es bedeutete ihm mehr als sein Leben. »Hat er gesagt, wie er daran gekommen ist?«
Alexander schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass es ihm wichtig war. Die Kammerzofe meiner Frau wollte es ihm einmal wegnehmen und waschen, und er hat ihr dafür fast den Kopf abgerissen. In der ersten Zeit in meinen Diensten war er ziemlich wild.«
Damit hob Alexander die Hand auf und ging den Priester suchen, damit der entschied, was damit geschehen sollte.
Lochlan fuhr mit dem Finger die Buchstaben in der Ecke nach und starrte auf die Initialen, die seine Mutter gestickt hatte.
Wie konnte ein Franzose an Kierans Plaid kommen?
Keiner der Brüder war je weiter südlich als nach England gereist, außer Sin, aber Sin hatte kein Plaid mitgenommen.
Wären nicht die Initialen, hätte er angenommen, der Weber habe einfach heimlich mehr von dem Stoff gemacht und ihn weiterverkauft.
Aber diese Buchstaben passten zu denen auf seinem eigenen Plaid, dem von Braden und Ewan.
Nein, dies war Kierans. Er wusste es. Es gab keinen Zweifel daran, dass dieses Tuch seinem Bruder gehörte. Seinem Aussehen nach war es alt.
Ein Souvenir aus dem Heiligen Land.
Was bedeutete, dass Kieran nicht an jenem Tag gestorben sein konnte, an dem er allein zum See gegangen war.
Aus irgendeinem unbekannten Grund hatte sein Bruder seinen Tod vorgetäuscht und Schottland verlassen.
Aber warum?
Warum hatte Kieran ihnen keine Nachricht geschickt? Warum sollte er sie jahrelang in dem Glauben lassen, er sei tot?
Lochlan setzte sich, als ihm die Bedeutung des Fundes klar wurde.
Zweifellos hatten die MacKaids das Plaid entdeckt, nachdem sie Lysander umgebracht hatten.
Sie wüssten genau, wem es gehörte, und was es bedeutete. Darum hatten sie es den MacAllisters geschickt.
Lochlan leerte seinen Alekrug mit einem Zug.
Irgendwo dort draußen war Kieran MacAllister vielleicht noch am Leben.
Möge Gott ihm beistehen, sollte Lochlan ihn finden.
Epilog
Einen Monat später
Ewan hielt Noras Hand, als sie gemeinsam durch das Balkengerüst schritten, das eines Tages ihr neues Heim wäre. Es würde ein feines Gebäude abgeben, eine Burganlage, die seiner Gattin und ihrem ersten Kind würdig war, dessen Existenz sich mittlerweile bestätigt hatte.
Mit leichtem Herzen beobachtete er, wie Nora dem Verwalter genau erklärte, wie sie sich die neue Halle vorstellte, während seine Gedanken abschweiften.
Er konnte immer noch nicht glauben, was Lochlan ihm über Kieran erzählt
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