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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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immer wieder aufgetreten; von Zeit zu Zeit hatte sie sich sogar als Epidemie ausgebreitet, wie die Veitstänze des Mittelalters belegen.
    Die Medizin hatte noch immer keinen Impfstoff gegen dieses Virus entwickelt und deshalb bestand die allgemein anerkannte Therapie in sofortiger Spaltung, solange die schizoiden Charaktere noch formbar waren; die dominierende Persönlichkeit einer Person musste erkannt und bewahrt
werden, während die anderen Persönlichkeiten mit Hilfe eines Mikkletonprojektors in die unbelebte Substanz eines Durierkörpers integrierte wurden.
    Die Durierkörper waren gewachsene Zuchtandroiden mit einer geschätzten Betriebszeit von etwa vierzig Jahren. Sie waren selbstverständlich auf Dauer nicht lebensfähig. Der Gesetzgeber gestattete jedoch eine Persönlichkeits-Reintegrierung im Alter von fünfunddreißig Jahren. Die in den Durierkörpern weiterlebenden Charaktere konnten auf Wunsch der dominierenden Persönlichkeit in den Originalkörper und -verstand zurückgeholt werden, wobei für die Reintegration und die völlige Verschmelzung der Persönlichkeiten miteinander ausgezeichnete Resultate nachgewiesen werden konnten …
    Wenn die Spaltung rechtzeitig durchgeführt worden war!
    Der praktische Arzt im kleinen, abgelegenen Amundsenville war wirklich sehr gut für die Behandlung von Frostbeulen, Schneeblindheit, Krebs, Regressionsmelancholie und andere einfache Erkrankungen des antarktischen Kontinents geeignet. Von den in gemäßigteren Zonen grassierenden Seuchen freilich verstand er nichts.
    Alistair wurde im örtlichen Krankenhaus zwei Wochen lang beobachtet. Während der ersten Woche war er verstimmt, scheu und verlegen; ab und zu brach etwas von seiner früheren Fröhlichkeit durch. In der zweiten Woche begann er große Zuneigung für seine Krankenschwester zu zeigen. Unter dem Einfluss ihrer liebevollen, beruhigenden Art schien Alistair wieder ein normaler Junge zu werden.
    Am dreizehnten Tag seines Krankenhausaufenthaltes zerschnitt Alistair das Gesicht der Schwester mit einer zertrümmerten Wasserkaraffe und unternahm dann einen verzweifelten Versuch, sich die eigene Kehle durchzuschneiden. Man brachte ihn ins Kreiskrankenhaus, wo er
in eine Katalepsie verfiel, die man für die Nachwirkung des Schocks hielt. Man verschrieb Ruhe und absolute Stille, unter den gegebenen Umständen das Verkehrteste, was man tun konnte.
    Nach zwei Wochen nahezu vollkommener Erstarrung hatte die Krankheit ihren Höhepunkt erreicht. Alistairs Eltern schickten das Kind in die berühmte Rivera-Klinik nach New York. Dort wurde der Fall sofort zutreffend als Virusschizophrenie in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert.
    Alistair, inzwischen elf Jahre alt, hatte kaum Zugang zur Wirklichkeit und seiner Umgebung, nicht genug jedenfalls, um den Ärzten genug Material zu liefern, mit dem sich etwas anfangen ließ. Er befand sich in einem nahezu ohne Unterbrechung andauernden Zustand der Katatonie; seine schizoiden Persönlichkeitsfragmente hatten sich gegeneinander gewandt; sein Leben lief in einem seltsamen Zwielicht ab, unerreichbar für andere, nur von seinen Alpträumen begleitet. Eine Spaltung bot in einem solchen Fall nur wenig Aussicht auf Erfolg. Aber ohne sie war Alistair dazu verdammt, den Rest seines Lebens in einer Heilanstalt zu verbringen, nie ganz seiner Umwelt bewusst, niemals fähig, den bizarren Verliesen seines kranken Gehirns zu entrinnen. Seine Eltern wählten das, was sich ihnen als das kleinere Übel darstellte, und unterschrieben Dokumente, die den Ärzten erlaubten, noch zu diesem späten Zeitpunkt einen Spaltungsversuch zu unternehmen.
    Alistair wurde im Alter von elf Jahren und einem Monat operiert. In tiefer Synthohypnose riefen die Ärzte drei getrennte Persönlichkeiten in ihm wach. Sie sprachen mit ihnen und trafen ihre Wahl. Zwei Persönlichkeiten wurden in Durierkörper projiziert. Die dritte Persönlichkeit, als markanteste beurteilt, blieb im Originalkörper. Alle drei überstanden das Trauma; man konnte die Operation als
durchaus gelungen bezeichnen, ihre vermutlichen Spätfolgen jedoch nicht.
    Der leitende Neuro-Hypnotiseur, Dr. Vlacjeck, führte in seinem Bericht aus, dass die drei Persönlichkeiten nicht auf eine erfolgreiche Reintegration hoffen durften, sobald das gesetzliche Mindestalter von fünfunddreißig Jahren eine solche Maßnahme erlaubte. Die Operation war zu spät durchgeführt worden und die drei Charaktere hatten die lebenswichtige Gemeinsamkeit von Eigenschaften

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