Der widerspenstige Planet
schlängelte, barg seine eigenen Gefahren.
Crompton verschloss sich allen vernünftigen Überlegungen. Stack, sein drittes Ich, war nicht mehr fern. Das Ende der Suche ließ sich absehen. Crompton war entschlossen, jetzt nicht aufzugeben. Er kaufte also ein Kanu und warb vier Einheimische als Ruderer an, erstand Vorräte, Gewehre und Munition und bereitete den Aufbruch für den nächsten Morgen vor.
Aber in der Nacht davor rebellierte Loomis.
Sie befanden sich in einem kleinen Zelt, das der Kommandeur für Crompton hatte aufstellen lassen. Crompton stopfte beim Schein einer rauchenden Kerosinlampe Patronen in einen Gürtel.
Loomis sagte: »Jetzt hör mir mal zu. Ich habe dich als dominierende Persönlichkeit anerkannt. Ich habe nicht versucht, die Herrschaft über den Körper an mich zu reißen. Ich war guter Laune und ich habe dich stets bei guter Laune gehalten, als wir um die halbe Venus herumgestiefelt sind. Stimmt das etwa nicht?«
»Doch«, erwiderte Crompton, widerwillig den Patronengürtel beiseitelegend.
»Ich habe mein Bestes gegeben, aber was zu viel ist, ist zu viel. Ich bin auch für die Reintegration, aber nicht mit einem irrsinnigen Mörder. Erzähl mir nichts von monolithischen
Persönlichkeiten. Stack ist ein Verbrecher und ich will nichts mit ihm zu tun haben.«
»Er ist ein Teil von uns«, sagte Crompton.
»Na und? Hör dir doch einmal selbst zu, Crompton! Du bist angeblich die Persönlichkeit, die den größten Kontakt zur Wirklichkeit hat. Aber du bist ja besessen, du wirst uns auf diesem verdammten Fluss in den Tod hetzen.«
»Wir werden es schaffen«, meinte Crompton ohne Überzeugung.
»So?«, fragte Loomis. »Hast du dir die Geschichten angehört, die man über den Blood River erzählt? Und selbst wenn wir es schaffen, was finden wir in diesem Delta? Einen wahnsinnigen Mörder! Er wird uns umlegen, Crompton!«
Crompton fand keine passende Erwiderung. Im Laufe der Suchaktion war sein Entsetzen über Stacks Wesen immer mehr gewachsen, gleichzeitig hatte sich aber auch seine Besessenheit gesteigert, Stack zu finden. Loomis war nie von dem unbezähmbaren Drang nach Reintegration erfüllt gewesen; er hatte sich wegen äußerer Schwierigkeiten damit abgefunden, nicht einer inneren Not wegen. Aber Crompton hatte stets mit der Leidenschaft für echtes Menschsein, für Vervollkommnung und Transzendenz gelebt. Ohne Stack war eine Fusion unmöglich. Mit ihm gab es wenigstens eine Chance, gleichgültig, wie gering sie sein mochte.
»Wir ziehen weiter«, entschied Crompton.
»Alistair, bitte! Wir beide kommen doch gut miteinander aus. Wir könnten auch ohne Stack das Leben genießen. Fliegen wir zum Mars oder zur Erde zurück.«
Crompton schüttelte den Kopf. Er konnte die tiefen, unheilbaren Risse zwischen sich und Loomis bereits spüren. Er ahnte, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis diese Trennungslinien alle Gebiete erreicht haben würden, und
ohne abgeschlossene Reintegration musste jeder seinen eigenen Weg gehen – aber in einem Körper.
Und das war der Irrsinn.
»Du willst nicht umkehren?«, fragte Loomis.
»Nein.«
»Dann übernehme ich die Führung!«
Loomis’ Ich bäumte sich zu einem Überraschungsangriff auf und erlangte eine teilweise Kontrolle über die motorischen Funktionen des Körpers. Als Crompton fühlte, wie ihm die Herrschaft zu entgleiten drohte, stellte er sich Loomis, und der Kampf begann.
Es war ein lautloser Kampf, ausgefochten beim Licht einer rauchenden Kerosinlampe, das beim Herannahen der Morgendämmerung immer trüber wurde. Der Schauplatz des Kampfes war Cromptons Verstand. Als Preis winkte Cromptons Körper, der jetzt zitternd auf einem Feldbett lag. Schweiß strömte von seiner Stirn, die Augen starrten ins Leere, ein Nerv an der Schläfe zuckte unaufhörlich.
Crompton war die dominierende Persönlichkeit, aber der innere Zwiespalt und ununterdrückbare Schuldgefühle hatten sie geschwächt, Skrupel behinderten sie. Loomis, schwächer, aber entschlossen, gelang es, die motorischen Funktionen in seiner Gewalt zu behalten und die Produktion von Antidolen zu verhindern.
Stundenlang lagen die beiden Persönlichkeiten miteinander im Clinch, während der fiebernde Körper Cromptons sich auf dem Feldbett hin und her warf. In den frühen Morgenstunden begann Loomis an Boden zu gewinnen. Crompton nahm sich zusammen, aber er hatte nicht mehr die Kraft zu einem entscheidenden Vorstoß. Der Crompton-Körper war durch die Auseinandersetzung bereits
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