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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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nicht auf die Stimmungen und Launen der Natur. Er war der rohen, drohenden Welt von Sonne und Himmel aus dem Weg gegangen, hatte nur in den raffinierten Gräben und komplizierten Ameisenhaufen der Menschheit gelebt. Durch Bürgersteige, Türen, Fenster und Decken von der Erde getrennt, waren ihm langsam Zweifel an der Macht jener gigantischen, zermalmenden Kraft der Natur gekommen, über die Schriftsteller in der Vergangenheit so bewegend geschrieben hatten, die so viele Motive für Gedichte und Lieder lieferte. Natur, das war für Loomis ein Sonnenbad an einem lauen Sommertag auf dem Mars gewesen, oder das einschläfernde Lauschen auf den Wind vor seinem Fenster in einer stürmischen Nacht.
    Aber nun musste er sich plötzlich mit dieser ungebändigten Kraft auseinandersetzen.

    Loomis dachte darüber nach und stellte sich plötzlich sein eigenes Ende vor. Er sah die Zeit kommen, wenn seine Energie verbraucht sein würde, und dann lag er wohl auf irgendeinem windumtosten Pass oder saß mit eingezogenem Kopf im peitschenden Regen des Sumpfgebietes. Er würde sich aufzuraffen versuchen, jene Kräfte herbeiflehend, die jenseits aller Erschöpfung noch vorhanden sind. Doch er würde sie nicht finden. Ein Gefühl völliger Sinnlosigkeit würde ihn übermannen, er würde verloren sein und allein in der Unendlichkeit. Da schließlich würde das Leben ihm zu anstrengend, zu mühevoll erscheinen. Er würde, wie viele vor ihm, seine Niederlage eingestehen, aufgeben, sich hinlegen und auf den Tod warten …
    Loomis flüsterte: »Crompton?«
    Keine Antwort.
    »Crompton! Kannst du mich nicht hören? Ich überlasse dir wieder die Führung. Hol uns aus diesem Irrenhaus hier heraus. Bring uns zurück zur Erde oder zum Mars! Crompton, ich will nicht sterben!«
    Keine Antwort.
    »Also gut, Crompton«, sagte Loomis heiser. »Du hast gewonnen. Tu, was du willst. Ich gebe auf. Bitte, übernimm du das Kommando!«
    »Danke«, sagte Crompton eisig und übernahm wieder die Herrschaft über seinen Körper.
    Zehn Minuten später stand er im Zelt des Kommandeurs und erklärte, dass er es sich nun doch wieder anders überlegt habe. Der Colonel nickte erschöpft und sagte sich, dass er die Menschen nie begreifen würde.
    Bald danach saß Crompton in einem großen Kanu, inmitten von Vorräten. Die Ruderer begannen lauthals zu singen, als sie auf den Fluss hinausglitten. Crompton drehte sich um und blickte zurück, bis die Zelte der Vigilanten hinter einer Biegung verschwunden waren.

    Für Crompton war die Fahrt den Blood River hinunter wie eine Reise zu den Anfängen der Zeit. Die sechs Männer tauchten gleichmäßig ihre Ruder ins Wasser und das Kanu glitt wie eine Wasserspinne auf dem breiten, träge fließenden Strom dahin. Gigantische Farnhalme erhoben sich an den Ufern, begannen zu erzittern, sobald sich das Kanu näherte, rückten sehnsüchtig auf langen Stängeln heran. Dann stießen die Ruderer einen Warnruf aus, das Boot wurde zur Flussmitte zurückgesteuert und die Farne hingen in der Mittagshitze wieder schlaff herab. Das Boot erreichte Stellen, an denen die Bäume über dem Fluss ineinander verschränkt waren und von beiden Seiten her einen dunklen, laubbesetzten Tunnel bildeten. Crompton und die Ruderer mussten unter die Zeltleinwand kriechen und das Boot mit der Strömung treiben lassen, während von oben der ätzende Baumsaft heruntertropfte. Sie glitten wieder in das grelle Licht der Sonne zurück und die Männer griffen erneut zu den Rudern.
    »Unheimlich«, sagte Loomis nervös.
    »Das kann man wohl sagen«, stimmte Crompton zu.
    Der Blood River trug sie tief ins Innere des Kontinents. Nachts, wenn das Boot an einem Felsblock mitten im Strom festgemacht war, hörten sie die Kriegstrommeln feindlicher Ai-Stämme. Eines Tages tauchten hinter ihnen zwei Kanus mit Einheimischen auf. Cromptons Leute legten sich in die Riemen und das Boot schoss vorwärts. Die Verfolger blieben ihnen hartnäckig auf den Fersen; Crompton lud sein Gewehr und wartete. Aber seine Ruderer vergrößerten, von Angst beflügelt, den Vorsprung, bis die Ais schließlich hinter einer Biegung zurückblieben.
    Sie atmeten auf. An einer Verengung des Flusslaufs wurden sie jedoch von einem Pfeilregen aus den Wäldern beider Uferseiten empfangen. Einer seiner Männer brach über dem Schandeckel zusammen, von vier Pfeilen durchbohrt.
Die übrigen ruderten aus Leibeskräften, bis das Boot außer Schussweite war.
    Sie warfen den toten Ai über Bord und die hungrigen

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