Der widerspenstige Planet
stieß ich ihn aus.«
»Warum?«, fragte Crompton.
Der Kommandeur seufzte unglücklich. »Entgegen der allgemeinen Ansicht sind wir Vigilanten keine Armee von Freibeutern und Eroberern. Wir sind nicht hier, um die Bevölkerung zu drangsalieren und auszurotten. Und wir sind nicht hier, um unter dem geringsten Vorwand ganze Landstriche zu annektieren. Wir sind hier, um die Einhaltung von Verträgen durchzusetzen, die zwischen Ais und Pflanzern geschlossen wurden, um Überfälle vonseiten der Ais und unserer eigenen Leute zu verhindern und ganz allgemein für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Es fiel Stack schwer, das zu begreifen.«
Cromptons Gesichtsausdruck schien sich verändert zu haben, denn der Kommandeur nickte mitfühlend.
»Sie wissen, wie er ist, wie? Dann können Sie sich vorstellen, was hier ablief. Ich wollte ihn nicht verlieren. Er war ein zäher und fähiger Soldat, kannte sich in Wald und Gebirge aus, war im Dschungel zu Hause. Die Grenztruppe hat ein großes Gebiet zu überwachen und wir brauchen jeden Mann, den wir bekommen können. Stack war wertvoll für uns. Ich wies die Unteroffiziere an, ein Auge auf ihn zu haben und keine Brutalitäten gegen die Einheimischen zuzulassen. Eine Weile ging es gut. Stack gab sich sehr viel Mühe. Man konnte ihm nichts nachsagen. Dann kam der Vorfall beim Shadow Peak, von dem Sie sicher schon gehört haben.«
»Leider nicht«, bemerkte Crompton.
»Tatsächlich? Ich nahm an, dass die Geschichte überall bekannt ist. Nun, die Situation war folgende: Stacks Patrouille hatte nahezu hundert Ais eines geächteten Stammes aufgespürt, mit dem wir ständig Schwierigkeiten hatten. Sie brachten sie zum Reservat am Shadow Peak. Unterwegs gab es Ärger, eine kleine Rauferei. Einer der Ais hatte ein Messer und brachte Stack am rechten Handgelenk eine Schnittwunde bei.
Vermutlich hatte ihn der Verlust der einen Hand empfindlich gemacht. Die Wunde war ganz harmlos, aber Stack verlor trotzdem die Beherrschung. Er schoss den Ai mit einer Maschinenpistole nieder und begann dann die anderen niederzumähen. Ein Leutnant musste ihn bewusstlos schlagen, um das Schlimmste zu verhüten. Der Schaden für die Beziehungen zwischen Ais und Menschen ist nicht abzusehen. Ich konnte mir einen solchen Mann in meiner Truppe nicht leisten. Er braucht einen Psychiater. Ich habe ihn entlassen.«
»Und wo ist er jetzt?«, fragte Crompton.
»Warum interessieren Sie sich so für diesen Mann?«, erkundigte sich der Colonel geradeheraus.
»Er ist mein Halbbruder.«
»Aha. Nun, ich habe gehört, dass Stack nach Port Haarlem gegangen sei und eine Weile im Hafen gearbeitet habe. Er hat sich mit einem Mann namens Barton Finch zusammengetan. Beide wurden wegen Trunkenheit und ungebührlichen Benehmens eingesperrt und wieder entlassen. Sie zogen in die Grenzgebiete. Finch und er besitzen jetzt einen kleinen Laden in der Nähe von Blood Delta.«
Crompton rieb sich müde die Stirn und sagte: »Wie komme ich dorthin?«
»Mit dem Kanu«, erwiderte der Kommandeur. »Man fährt den Rainmaker-Fluss hinunter, bis er sich teilt. Der Fluss linker Hand ist der Blood River, man kann ihn bis zum Blood Delta befahren. Aber ich möchte Ihnen lieber nicht zu dieser Fahrt raten.
Erstens ist sie sehr gefährlich. Zweitens wäre sie nutzlos. Sie können nichts für Stack tun. Es ist wie ein innerer Zwang für ihn, zu töten. In einem Grenzort, wo er nicht viel Schaden anrichten kann, ist er am besten aufgehoben.«
»Aber ich muss zu ihm«, sagte Crompton. Seine Kehle war plötzlich ganz trocken geworden.
»Es gibt kein Gesetz, das Ihnen das verbieten kann«, meinte der Colonel resigniert.
Crompton musste feststellen, dass das Blood Delta die am weitesten vorgeschobene Bastion der Erden-Menschen auf der Venus war. Es lag mitten im Gebiet feindlicher Grel und Tengtzi-Ais, zwischen denen ein zerbrechlicher Frieden geschlossen war, wenn man einmal von dem ständigen Guerillakrieg absah. Im Deltaland gab es große Schätze
zu heben. Die Einwohner brachten faustgroße Diamanten und Rubine, Säcke voll erlesenster Gewürze und gelegentlich eine Flöte oder eine Schnitzerei aus der untergegangenen Stadt Alteirne mit. Sie tauschten diese Waren gegen Waffen und Munition, die sie mit Begeisterung gegen Siedler und untereinander einsetzten. In dem Flussdelta gab es schnellen Reichtum und plötzlichen Tod, aber auch den langsamen, schmerzvollen, hinausgezögerten Tod. Der Blood River, der sich langsam durch das Deltagebiet
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