Der widerspenstige Planet

ziemlich gut drauf. Darum will ich Ihnen eine Geschichte erzählen – die Geschichte von einem Wunder namens Tranai, dort draußen, jenseits des galaktischen Wirbels.« Die Augen des Captains sahen in die Ferne und ein Lächeln umspielte seine Lippen. »Wir waren damals eiserne Männer in stählernen Schiffen. Ich und Johnny Cavanaugh und Frog Larsen hätten für eine Ladung Terganium sogar die Hölle in die Luft gesprengt. Yessir! Damals kam bei der Raumfahrt noch jeder Dritte ums Leben und der Geist von Big Dan McClintock erschien jedem Schiff. Moll Gann betrieb die Red-Rooster-Bar auf dem Asteroiden 342 AA und verlangte fünfhundert Dollar für ein Glas Bier. Sie bekam sie, weil es im Umkreis von zwanzig Milliarden Kilometern kein einziges Lokal außer ihrem gab. Damals trieben noch die Skarbies ihr Unwesen und die Schiffe nach Podengum mussten einen Riesenumweg machen. Sie können sich also vorstellen, wie ich mir vorkam, als ich eines Tages auf Tranai stieß.«

    Goodman lauschte hingerissen, während der alte Captain ein Bild der ruhmreichen Tage vor ihm entstehen ließ: zerbrechliche
Schiffe gegen einen eisernen Himmel, Schiffe, die hinaus, immer weiter hinaus zu den fernen Grenzen der Galaxis flogen.
    Und dort, am Rande des großen Nichts, war Tranai.
    Tranai, das den richtigen Weg gefunden hatte. Tranai, wo der Mensch der Tretmühle des beschwerlichen Alltags entronnen war. Tranai, eine friedliche, schöpferische, glückliche Gesellschaft, keine Heiligen und Asketen, keine Intellektuellen, sondern einfache Leute, die Utopia geschaffen hatten.
    Eine ganze Stunde berichtete Captain Savage von den vielfältigen Wundern Tranais. Dann beklagte er sich über die Trockenheit seiner Kehle. Goodman bestellte ihm einen weiteren Tranai-Spezial und für sich selbst auch einen. Während er das exotische, grünlich-graue Gemisch schlürfte, verlor sich Goodman in dem Traum des anderen.
    Schließlich fragte er leise: »Warum kehren Sie nicht zurück, Captain?«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Weltraumgicht. Ich kann nicht mehr fliegen. Wir hatten von moderner Medizin damals keine Ahnung. Jetzt tauge ich nur noch für einen Job am Boden.«
    »Was machen Sie denn?«
    »Ich bin Vorarbeiter bei der Seakirk Bau GmbH«, seufzte der Alte. »Dabei habe ich einmal einen Fünfzig-Kammer-Clipper befehligt. Wie diese Leute hier Beton mischen … Trinken wir noch einen Kleinen – zu Ehren Tranais?«
    Sie tranken sogar noch mehrere Kleine. Und als Goodman das Lokal verließ, war sein Entschluss gefasst. Irgendwo im Universum hatte man den Modus vivendi gefunden: den Schlüssel zum ältesten Traum der Menschheit von einem idealen Leben.
    Mit weniger konnte er sich nicht zufriedengeben.

    Am nächsten Tag gab er seine Stellung in der East Coast Roboterfabrik auf und hob seine Ersparnisse ab. Er musste nach Tranai.

    Goodman ging an Bord der Konstellation Queen , flog nach Legis II und nahm von dort aus die Galactic Splendor nach Oumé. Über die Stationen Machang, Inchang, Pankang, Lekung und Oyster erreichte er Tung-Bradar IV. Ohne Zwischenfälle kam er am galaktischen Wirbel vorbei und erreichte schließlich Bellismoranti, wo die Einflusssphäre von Terra endete.
    Für eine riesige Summe schaffte ihn eine örtliche Raumfahrtlinie nach Dvasta II. Von dort aus transportierte ihn ein Frachtschiff vorbei an Seves, Olgao und Mi zum Doppelplaneten Mvanti. Dort blieb er drei Monate hängen. Er benutzte die freie Zeit dazu, einen hypnopädischen Kurs in tranaischer Sprache zu belegen. Schließlich mietete er einen Piloten, der ihn nach Deng brachte.
    Auf Deng wurde er als higastomeritreischer Spion verhaftet, aber im Frachtraum einer Erzrakete nach g’Moree gelang ihm die Flucht. Auf g’Moree behandelte man seine Erfrierungen, die Wärmevergiftung und Strahlungsverbrennungen. Endlich gelang es ihm, einen Flug nach Tranai zu buchen.
    Er vermochte es kaum zu glauben, als sein Schiff an den Monden Doé und Ri vorbeiglitt und zur Landung in Port Tranai ansetzte.
    Doch nachdem sich die Luftschleusen geöffnet hatten, stellte Goodman bei sich einen Zustand tiefster Depression fest. Zum Teil beruhte sie auf Ernüchterung – bei einer derartigen Reise fast unvermeidlich. Aber er fürchtete auch, Tranai könnte sich plötzlich als Fata Morgana entpuppen.
    Er hatte allein auf die Geschichte eines alten Raumfahrers hin die ganze Milchstraße durchquert. Jetzt schien
alles viel weniger wahrscheinlich – eher würde er das wahre Eldorado als