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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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machen sollte. Dann hörte er hinter sich einen Ausbruch von knatterndem Gewehrfeuer und drehte sich blitzschnell um.
    Es war nur eine Schießbude, ein langer, schmaler, grell gestrichener Schlauch mit einer hüfthohen Theke. Der Geschäftsführer, ein dunkelhäutiger Dicker mit einem Grübchen
im Kinn, thronte auf einem hohen Hocker und lächelte Simon zu.
    »Wollen Sie Ihr Glück versuchen?«
    Simon trat näher und sah, dass anstelle der üblichen Zielscheiben am hinteren Ende der Bude vier spärlich bekleidete Frauen saßen, und zwar auf Stühlen, die von Einschüssen übersät waren. Auf die Stirn und über jede Brust hatten sie sich das Schwarze einer Zielscheibe in verkleinertem Maßstab gemalt.
    »Es wird ja wohl nicht scharf geschossen, oder?«, fragte Simon.
    »Doch, natürlich!«, antwortete der Geschäftsführer. »Vorspiegelungen sind auf der Erde verboten. Richtige Kugeln und richtige Damen! Treten Sie näher und legen Sie eine um!«
    Eine der Frauen rief Simon zu: »Nun mal los, Sportsfreund! Ich wette, du triffst mich nicht!«
    Eine andere kreischte: »Der würde nicht mal die Breitseite eines Raumschiffs treffen!«
    »Klar kann er das!«, rief eine andere. »Nur zu, Mann!«
    Simon rieb sich die Stirn und gab sich alle Mühe, nicht überrascht zu erscheinen. Schließlich war er hier auf der Erde, wo alles erlaubt war, solange es sich kommerziell durchführen ließ. »Gibt es auch Buden«, erkundigte er sich, »wo man auf Männer schießt?«
    »Selbstverständlich«, meinte der Geschäftsführer. »Pervers sind Sie doch aber nicht, oder?«
    »Natürlich nicht!«
    »Sie sind ein Außerirdischer, was?«
    »Ja. Woher wissen Sie das?«
    »Der Anzug. Das erkenne ich immer am Anzug.« Der Dicke schloss die Augen und warb in monotonem Singsang: »Treten Sie näher, treten Sie ran! Schießen Sie eine Frau ab! Machen Sie sich frei von einem Haufen Hemmungen!
Sie brauchen nur abzudrücken, dann schwitzen Sie Ihre aufgestaute Wut aus! Das ist besser als jede Massage! Das ist besser, als sich zu besaufen! Treten Sie näher, treten Sie ran! Schießen Sie eine Frau ab!«
    Simon fragte eine der Frauen: »Bleibst du tot, wenn man dich erschossen hat?«
    »Tu nicht dümmer, als du bist«, erwiderte sie.
    »Aber der Aufprall …«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Es könnte schlimmer sein.«
    Simon wollte gerade zurückfragen, inwiefern es schlimmer sein könnte, als sich der Geschäftsführer über den Ladentisch lehnte und sich in vertraulichem Ton an ihn wandte.
    »Schauen Sie mal, Kumpel. Schauen Sie sich mal an, was ich hier habe.«
    Simon warf einen verstohlenen Blick über den Ladentisch und erkannte eine solide Maschinenpistole.
    »Zu einem lächerlich niedrigen Preis«, sagte der Geschäftsführer, »dürfen Sie die MP benutzen. Sie können im ganzen Laden rumballern, die Lampen runterschießen und die Wände auffetzen. Das ist 45er-Munition, Kumpel, und das Ding tritt aus wie ein Maulesel. Da weiß man wirklich, dass man ballert, wenn man mit der MP loslegt.«
    »Ich bin nicht interessiert«, sagte Simon streng.
    »Ich habe auch ein paar Handgranaten«, meinte der Geschäftsführer. »Mit Splitterwirkung, versteht sich. Sie könnten regelrecht …«
    »Nein!«
    »Wenn der Preis stimmt«, fuhr der Geschäftsführer fort, »können Sie sogar mich erschießen, wenn Ihre Neigungen in die Richtung gehen, obgleich ich das eigentlich nicht vermuten würde. Was halten Sie davon?«
    »Nein! Niemals! Das ist ja entsetzlich!«
    Der Dicke sah ihn verdutzt an. »Wohl augenblicklich nicht in der Stimmung, was? Also gut. Bei mir ist vierundzwanzig
Stunden am Tag geöffnet. Also dann – bis später, Sportsfreund.«
    »Niemals!«, sagte Simon im Weggehen.
    »Ich warte hier auf dich, Süßer!«, rief ihm eine der Frauen nach.

    Simon ging zu einem Erfrischungsstand und bestellte sich ein kleines Glas Coca-Cola. Er bemerkte, dass ihm die Hände zitterten. Mit Mühe gelang es ihm, sich so weit zu beruhigen, dass er die Cola trinken konnte, ohne etwas zu verschütten. Er rief sich in Erinnerung, dass es ihm nicht zukam, die Erde nach seinen Maßstäben zu beurteilen. Wenn die Leute hier ihren Spaß daran hatten, andere zu töten, und wenn die Opfer damit einverstanden waren, getötet zu werden, warum sollte dann jemand etwas dagegen haben?
    Vielleicht doch?
    Er dachte gerade darüber nach, als eine Stimme neben ihm sagte: »Hallo, alter Knabe.«
    Simon drehte sich um und sah ein verhutzeltes Männchen mit wichtigtuerischer Miene

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