Der widerspenstige Planet
Marie Thorne. »So, Ms. Vaness. Wir brauchen einen Artikel über Blaines Empfindungen, als ihn die Rex-Antriebssysteme dem Tod entrissen haben. Machen Sie’s schön rührend. Schildern Sie seine ersten Gefühle in der erstaunlichen Welt der Zukunft. Ungefähr fünftausend Worte. Wir werden schon dafür sorgen, dass alles gedruckt wird.«
Die grauhaarige Ms. Vaness nickte. »Kann ich ihn jetzt interviewen?«
»Keine Zeit«, sagte Miss Thorne. »Schreiben Sie es selbst zusammen. Erstaunt, verängstigt, aufgeregt, überrascht über
all die Veränderungen, die seit seiner Zeit stattgefunden haben. Der wissenschaftliche Fortschritt. Möchte auf den Mars reisen. Mag die neue Mode nicht. Glaubt, dass die Leute in seiner Zeit glücklicher waren ohne die ganze Technik und mit weniger Hektik. Blaine ist schon einverstanden. Nicht wahr, Blaine?«
Blaine nickte stumm.
»Schön. Gestern Abend haben wir seine Spontanreaktionen aufgenommen. Mike, Sie und die Jungs machen daraus eine Fünfzehn-Minuten-Spule, die in den Senso Shops verkauft werden soll. Machen Sie daraus ein echtes Sammlerstück für den Snob Appeal. Aber fangen Sie mit einer kurzen, technischen Erklärung darüber an, wie Rex die Rettung durchgeführt hat.«
»Alles klar«, sagte Mike.
»Schön. Mr. Brice, Sie leiern ein paar Solido-Shows an, in denen Blaine auftreten kann. Er wird seine Reaktionen auf unsere Zeit wiedergeben, wie er sich fühlt, wie sie im Vergleich zu seiner Zeit wirkt. Sorgen Sie dafür, dass Rex erwähnt wird.«
»Aber ich weiß doch überhaupt nichts über diese Zeit!«, warf Blaine ein.
»Das werden wir schon ändern«, versicherte Marie Thorne schnell. »Gut, ich glaube, das reicht für den Anfang. Abflug! Ich werde Mr. Reilly berichten, was wir bisher alles geplant haben.«
Während die anderen das Zimmer verließen, wandte sie sich an Blaine.
»Vielleicht fühlen Sie sich ein wenig schäbig behandelt. Aber Geschäft bleibt Geschäft, egal, in welchem Zeitalter man lebt. Morgen werden Sie ein berühmter Mann sein und wahrscheinlich reich dazu. Ich glaube, dass Sie unter diesen Umständen keinen Grund haben, sich zu beklagen.«
Sie verließ ihn. Blaine sah ihr nach. Schlank und selbstbewusst. Er fragte sich, was in dieser Zeit wohl die Strafe dafür sein mochte, wenn man eine Frau schlug.
4
Die Krankenschwester brachte ihm sein Mittagessen auf einem Tablett. Der bärtige Arzt trat ein, untersuchte ihn und erklärte, dass er völlig gesund sei. Er versicherte ihm, dass er nicht das kleinste Anzeichen einer Wiedergeburtsdepression finden könne und dass das Todestrauma ganz offensichtlich überbewertet würde. Es gäbe keinen Grund, weshalb Blaine nicht aufstehen und umherwandeln könne.
Die Krankenschwester kehrte mit Kleidung für ihn zurück, einem blauen Hemd, braunen Hosen und weichen, knollenförmigen Schuhen. Dieser Aufzug sei, so versicherte sie ihm, durchaus unauffällig.
Blaine aß mit gutem Appetit. Bevor er sich jedoch anzog, untersuchte er seinen Körper in dem großen, mannshohen Spiegel im Badezimmer. Es war das erste Mal, dass er die Möglichkeit hatte, sich sorgfältig und genau zu betrachten.
Sein früherer Körper war groß und hager gewesen, mit glattem schwarzen Haar und einem gut gelaunten, jungenhaften Gesicht. In den zweiunddreißig Jahren seines Lebens hatte er sich an diesen schnellen, geschickten und agilen Körper gewöhnt. Er hatte würdevoll seine Konditionsschwächen hingenommen, seine seltenen Erkrankungen und hatte sie zu Tugenden hochstilisiert, zu einmaligen Eigenschaften seiner Persönlichkeit, die in ihm steckten. Denn weitaus mehr als die Fähigkeiten waren es die Begrenzungen gewesen, die das Wesen seines alten Körpers auszumachen schienen.
Er hatte seinen Körper gemocht. Sein neuer Körper war ein Schock für ihn.
Er war unterdurchschnittlich klein, stark muskulös, hatte einen fassgroßen Brustkasten und breite Schultern. Er fühlte sich rumpflastig, denn die Beine schienen für den herkulischen Torso ein wenig zu kurz geraten zu sein. Seine Hände waren groß und schwielig. Blaine machte eine Faust und blickte sie respektvoll an. Wahrscheinlich konnte er mit einem Hieb einen Ochsen niederstrecken, sofern er einem Ochsen begegnete.
Sein Gesicht war kantig und kühn, mit vorstehenden Backenknochen und einem breiten Kinn. Die Nase war römisch, das Haar blond und gelockt und seine Augen waren stahlblau. Es war ein gut aussehendes, etwas brutal wirkendes Gesicht.
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