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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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die Tür und glaubte immer noch nicht ganz, dass man ihn so ohne weiteres laufenlassen würde. Aber warum eigentlich nicht? Er befand sich in einer Welt, in der sich Leute mit ihren toten Großvätern unterhielten, wo es Raumschiffe und Jenseitsfahrzeuge gab, wo man einen Menschen zu Werbezwecken aus der Vergangenheit holte, den man dann
einfach fallenließ, wenn es einem toten Großvater nicht mehr passte.
    Die Tür fiel ins Schloss. Hinter ihm befand sich die große graue Masse des Rex-Gebäudes. Vor ihm lag New York.

5
    Auf den ersten Blick sah die Stadt aus wie ein surrealistisches Bagdad. Er sah würfelartige Paläste aus weißen und blauen Kacheln, schlanke rote Minarette und Fantasiegebäude mit geschweiften chinesischen Dächern und kunstvoll gedrechselten Zwiebeltürmen. Es sah so aus, als habe sich eine Mode orientalischer Architektur über die ganze Stadt ausgebreitet. Blaine konnte kaum glauben, dass er in New York sein sollte. In Bombay vielleicht, in Moskau oder sogar Los Angeles, aber nicht in New York. Erleichtert nahm er die Wolkenkratzer wahr, die sich, einfach und gerade, von den geschwungenen asiatischen Formen abhoben. Sie sahen aus wie die einsamen Wächter des New York, das er einmal gekannt hatte.
    Die Straßen waren voll, nur waren die Fahrzeuge jetzt viel kleiner. Blaine erblickte Motorräder und -roller, Wagen, die nicht größer waren als Porsche, Laster vom Umfang eines Buicks, alles war kleiner. Er fragte sich, ob dies wohl New Yorks Antwort auf Verkehrsstaus und Luftverschmutzung war. Wenn das der Fall war, dann hatte es jedenfalls nichts gebracht.
    Der größte Teil des Verkehrs spielte sich über ihm ab. Es gab Propeller- und Düsenfahrzeuge, Luftlaster und Einmannflitzer, Helikoptertaxis und schwebende Busse, auf denen Raumhafen, Zweite Ebene oder Express nach Montauk stand. Reflektierende Leuchtstreifen markierten die
senkrechten und waagerechten Bahnen, in denen sich der Verkehr bewegte, staute, abbog, hob und senkte. Blitzende rote, grüne, gelbe und blaue Lichter schienen den Verkehrsfluss zu regulieren. Es gab Regeln und Vorschriften, doch für Blaines ungeübtes Auge sah alles nach einem riesigen, hektischen Chaos aus.
    Fünfzig Fuß über ihm befand sich eine Einkaufsebene. Wie kamen die Leute dort hinauf? Und, die Frage stellte sich ihm ganz automatisch, wie konnte überhaupt jemand in dieser lärmenden, grellen, überfüllten Maschine leben, ohne verrückt zu werden? Die Menschendichte war überwältigend. Er hatte das Gefühl, in einem Meer aus Leibern zu ertrinken. Wie viele Einwohner lebten wohl in dieser Superstadt? Fünfzehn Millionen? Zwanzig Millionen? Sie ließ das New York von 1958 wie ein ländliches Dorf erscheinen. Er musste stehen bleiben, um seine Eindrücke erst einmal zu ordnen. Aber die Gehsteige waren überfüllt, und wenn er langsamer wurde, stießen ihn die Leute an und fluchten. Weit und breit waren keine Parks und Bänke zu sehen.
    Er bemerkte eine Gruppe von Leuten, die in einer Schlange standen, und stellte sich hinten an. Langsam bewegte sich die Menschenschlange vorwärts, Blaine mit ihr. Sein Kopf dröhnte und er versuchte mühsam, ganz normal zu atmen.
    Einige Augenblicke später hatte er sich wieder in der Gewalt und empfand etwas mehr Respekt für seinen starken, phlegmatischen Körper. Vielleicht brauchte ein Mann aus der Vergangenheit genau solch einen umfangreich gepolsterten Umschlag aus Muskeln, wenn er der Zukunft mit Gelassenheit begegnen wollte. Ein etwas dickeres Nervenkostüm hatte auch seine Vorteile.
    Ruhig bewegte sich die Schlange vorwärts. Blaine stellte fest, dass die Männer und Frauen, die hier standen, ärmlich
gekleidet, ungekämmt und ungewaschen waren. Sie alle sahen stumpf und trostlos aus.
    Befand er sich an einer Essensausgabe?
    Er klopfte dem Mann vor sich auf die Schulter. »Entschuldigung«, sagte er, »wohin führt diese Schlange?«
    Der Mann drehte sich um und starrte Blaine mit blutunterlaufenen Augen an. »Zu den Selbstmordkabinen«, sagte er und ruckte mit seinem Kinn in Richtung auf den Anfang.
    Blaine bedankte sich und trat schnellstens wieder aus der Schlange. Was für ein verdammt schlechtes Zeichen, seinen ersten echten Tag in der Zukunft so zu beginnen! Selbstmordkabinen! Na ja, jedenfalls würde er niemals freiwillig in eine gehen, da war er sich völlig sicher. So schlimm konnte es nicht werden.
    Aber was war das für eine Welt, in der es Selbstmordkabinen gab? Und zwar kostenlose, wenn man sich die

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