Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
offensichtlich Probleme damit, was Josephine Baker ihm gerade erzählt hatte.
Josephine wollte sich wohl nicht weiter ausquetschen lassen und wechselte hastig das Thema. »Besser, du findest dich mit den Tatsachen ab, Vanka. Lady IMmanual ist nun ein politisches Schwergewicht … sie ist der Messias! Und wenn die Dogaressa sie überreden kann, ihr beim Kampf gegen das ForthRight unter die Arme zu greifen, werden sich vielleicht auch Coven und NoirVille auf die Seite der Dogaressa schlagen. Also hat niemand ein Interesse daran, dass eine tickende Zeitbombe wie du ihnen in die Quere kommt.«
»Trotzdem, ich verstehe es nicht.«
Norma legte eine Hand auf die von Vanka. »Es gibt bestimmt eine logische Erklärung dafür«, sagte sie tröstend.
»Das hoffe ich auch um deinetwegen, Norma, Darling. Du wirst nämlich ebenfalls gesucht.«
Norma sah sie schockiert an. »Ich? Warum sollte Ella mich umlegen wollen?«
»Keine Ahnung, Darling, aber glaub’ mir, das ist kein Witz. Machiavellis Signori di Notte haben es auch auf dich abgesehen, und die sind scharf wie Katzenscheiße und doppelt so widerlich. Für dich und Vanka ist Venedig ein heißes Pflaster.«
Norma sah Vanka hilfesuchend an, doch der war völlig außer sich. Er war kreidebleich geworden, und seine Hand zitterte, als er nach seiner Kaffeetasse griff. Schließlich sagte er: »Das ist doch verrückt, Ella und ich … ach, vergiss es. Ich muss zu Ella, ich muss mit ihr sprechen.«
»Dann musst du irgendwie ins Kloster kommen.«
»Genau das habe ich vor.«
24
Venedig
Demi-Monde:
27. Tag im Frühling des Jahres 1005
Die Schreibweise der Trickster-Gottheit aus der Mythologie der VorGefangenschaft lässt sich endlos verändern. Zwar hat man sich allgemein auf Loki verständigt, doch gibt es viele Konfusionisten, die hartnäckig behaupten, es müsse LoQi lauten, da dies die Fähigkeit des Tricksters, die Harmonie der spirituellen Essenz Qi im Kosmos zu manipulieren, viel besser darstellt. Doch nach der EntBabelisierung der Edda-Erzählung auf der Säule, die aus der venezianischen Lagune geborgen wurde, scheint es, als hätten die Alten Loci bevorzugt, da es noch besser die Fähigkeit der Gottheit darstellt, sich an mehreren Orten gleichzeitig aufzuhalten.
Lucién Lévy-Brühl: Mythen und Legenden der Demi-Monde, Quartier Chaud Publikationen
Es war nun zwölf Tage her, dass Lady IMmanual und er in Venedig angekommen waren, und für de Sade waren es die längsten und langweiligsten in seinem Leben gewesen. Auf Machiavellis Befehl hin waren sie im Kloster der Visuellen Jungfrauen gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten worden. Die Signori di Notte bewachten es, um sicherzustellen, dass niemand der Lady zu nahe kam.
Diese Isolierhaft war umso langweiliger, weil Lady IMmanual – so großzügig sie in Paris auch mit ihrem Körper umgegangen war – alle weiteren Annäherungsversuche abgeblockt hatte. Das konnte er sich nur damit erklären, dass sie sich nicht von einer Visuellen Jungfrau beim Koitus erwischen lassen wollte. Soweit er wusste, strahlte beim Höhepunkt die Aura so hell auf, dass man sie ganz leicht lesen konnte. Angesichts dessen, dass Schwester Florence ihre Aura ja bereits unter die Lupe genommen hatte, fand de Sade dieses Getue umso frustrierender. Es war, als wollte sie etwas verbergen, und sogar ein ausgesprochener Meister der Täuschung und Hinterhältigkeit wie er tappte im Dunkeln. Immerhin wusste alle Welt, dass sie der Messias war.
Umso erleichterter war er, als man ihnen erlaubte, die Mauern des Klosters zu verlassen. Fürwahr, ein Ausflug ins Museum – auch wenn es zur berühmten Galerie des Anciens ging –, um an der Einweihung irgendeines langweiligen Artefaktes teilzunehmen, war nicht gerade das, was er sich erhofft hatte, um die Lady in die venezianische Gesellschaft einzuführen, trotzdem war er heilfroh über die Möglichkeit, ein bisschen frische Luft schnappen zu können.
De Sades Meinung nach hatten sie den Ausflug nur der Dogaressa zu verdanken. Offensichtlich war sie es leid, die Lady rund um die Uhr heimlich beobachten zu lassen – wie sämtliche Staatsgebäude in Venedig war auch das Kloster voller Geheimgänge und Gucklöcher –, und hoffte, sie in flagranti erwischen zu können. Nun also hatte die Dogaressa beschlossen, der Lady persönlich auf den Zahn zu fühlen, um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich der Messias war.
So wichtig war der erste Eindruck, den die Lady machen würde, dass die Dogaressa
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