Der Widerstand
seinem Onkel normalerweise mit jeder Art von amüsiertem Unverständnis begegnete, das man liebenswerten und harmlosen Spinnern entgegenbrachte, beschloss, diesen Auftrag ernsthaft anzugehen, und so stieß er auf einen Funkrelaismast, der etwas mehr als eine Meile von der Hütte entfernt stand. Er erklärte ihnen, es sei eine relativ einfache Übung, einen Laptop an diesen Turm anzuschließen und dessen Signal zu nutzen, um ins Internet zu gelangen. Sein Vater und sein Onkel erwiderten daraufhin, dass sie es nicht als Vergnügen ansahen, wenn sie bei Regen oder vielleicht sogar bei Schnee erst eine Meile weit durch die Berglandschaft wandern sollten, um einen Laptop an einen Funkmast anzuschließen. Alec dachte kurz nach und zeigte sich kooperativ, indem er ein Glasfaserkabel beschaffte, das vom Mast bis zur Hütte reichte – und ihnen dann mit einem freundlichen Lächeln die Rechnung präsentierte.
Das Lächeln war ihnen allen mittlerweile längst vergangen. Unter den gegebenen Umständen war es für sie umso wichtiger, dass ihre Position nicht geortet werden konnte, und aus diesem Grund hatten Alec und sein Onkel den gestrigen Nachmittag damit verbracht, das Glasfaserkabel zwischen der Hütte und dem Sendemast zu verlegen. Zwar bedeckten sie das Kabel auf der gesamten Strecke sorgfältig mit Erde, dennoch wäre es Dvorak lieber gewesen, wenn es keine Spuren gegeben hätte, die jemand, der böse Absichten hegte, bis zur Hütte zurückverfolgen konnte. Nach reiflicher Überlegung gemeinsam mit Wilson hatte er sich dann aber davon überzeugen lassen, dass dieses Risiko vertretbar war. Die Möglichkeit, sich über das Geschehen auf der Welt auf dem Laufenden zu halten, solange das Internet noch lief, war wichtiger – auch wenn es alles andere als erfreuliche Neuigkeiten waren, die auf diesem Weg Verbreitung fanden.
»Wenn wenigstens jemand wüsste, was diese Typen von uns wollen«, sagte Dvorak kopfschüttelnd, während er finster auf den Monitor schaute. »Ich meine, haben die Carl Sagans Einladung erhalten, mal die Erde zu besuchen? Oder haben wir denen irgendwas getan? Ich schätze, früher oder später werden sie uns schon sagen, was das alles soll, aber bis das passiert, haben wir keine Ahnung, was als Nächstes kommt.«
»Okay, was kommt, wissen wir nicht«, erwiderte Wilson schroff. »Aber dafür wissen wir verdammt genau, was bislang passiert ist.« Er tippte mit einem Finger auf den Monitor. »Im Internet wimmelt es von Berichten.«
Da hatte er allerdings recht, musste Dvorak ihm zustimmen.
Er wusste nicht, ob die Liste der zerstörten Städte bereits vollständig war. Für die weltweite Liste galt das sicher noch nicht, aber er hoffte und betete, dass die Zahl der ausgelöschten Städte in den USA nicht noch länger wurde. Washington, Los Angeles, San Francisco, Denver, Spokane … In der unmittelbareren Umgebung waren es Columbia (vermutlich wegen der Nähe zu Fort Jackson), Sumter (wohl wegen der Shaw Air Force Base), Charleston (möglicherweise wegen des dort gelegenen Naval Nuclear Power Training Command?) und Atlanta (der Grund dafür war ihm nicht ersichtlich, es sei denn, man hatte lediglich ein dicht besiedeltes Gebiet auslöschen wollen). Die Liste schien endlos weiterzugehen, obwohl die Angreifer einige Großstädte glücklicherweise verschont hatten. So gab es New York City immer noch, auch wenn die in Panik fliehenden Bewohner die Stadt ins Chaos stürzten, was von anderen sofort dazu genutzt wurde, Geschäfte zu plündern. Auch Chicago war unversehrt, und im Gegensatz zu New York herrschte dort vergleichsweise Ruhe. Boston, Philadelphia, Pittsburgh, Cincinnati, Indianapolis, Houston … alle waren sie noch da, aber sie leerten sich zusehends, da die Menschen entkommen wollten, bevor auch ihr Zuhause zur Zielscheibe für die Angreifer wurde.
Niemand konnte bislang eine Schätzung vorlegen, wie viele Opfer dieser Überfall insgesamt gefordert hatte, dennoch war schon jetzt klar, dass die Vereinigten Staaten mehr Tote zu beklagen hatten als je zuvor in ihrer Geschichte. Aus den Texten, die im Internet kursierten, ließ sich herauslesen, dass der Schock über diesen Angriff immer noch Wellen schlug und sich außerdem steigerte, als könnte einfach niemand glauben, dass so etwas tatsächlich geschehen war.
Und was kommt, wenn der Schock nachlässt?, fragte Dave sich. Was passiert, wenn wir erfahren, dass sich überall auf der Welt das gleiche Szenario abgespielt hat? Und was wird geschehen,
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