Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
hübsches brünettes Wesen von etwa zwanzig Jahren, das mir ganz unbekannt war, in mein Kämmerchen.
    »Guten Tag, Monsieur«, sagte sie, »wie geht es Euch bei dem schönen Wetter?«
    »Gut. Aber besser, wenn ich wüßte, wer du bist.«
    »Toinon heiß ich und bin hier die neue Soubrette.«
    »Soubrette? Nanu! Ich falle aus allen Wolken. Und was hast du hier zu tun?«
    »Ich mach die Betten, räum auf, mach sauber.«
    »Das machen bei uns die Kammerfrauen.«
    »Aber ich bin nun mal Soubrette«, sagte Toinon, den Kopf aufwerfend. »So wurde ich bei Monsieur de Bassompierre genannt, der mich Eurem Herrn Vater übergeben hat.«
    »Monsieur de Bassompierre? Der schönste Galan bei Hofe? Sehnst du dich da nicht zu deinem Herrn zurück? Man sagt doch, bei Monsieur de Bassompierre lebt es sich lustig.«
    »Sicher, aber auf die Dauer ist es anstrengend, auch wenn die Herren sehr höflich sind.«
    »Was meinst du für Herren, Toinon?«
    »Kennt Ihr etwa nicht die Freunde meines Herrn?«
    »Vielleicht nicht.«
    »Dann will ich sie Euch nennen: Schomberg zum Beispiel, Bellegarde, Joinville, D’Auvergne, Sommerive.«
    Ich war sprachlos, zu hören, wie familiär sie diese großen Namen im Munde führte, als ob es sich um kleine Ladenburschen handelte.
    »Na und?« sagte ich, »mochtest du sie nicht?«
    »Oh, doch, Monsieur«, sagte sie. »Sie sind wirklich sehr liebenswürdig und dazu so schön und so wohlerzogen, drüber geht es schon nicht! Aber bei Monsieur de Bassompierre sind Tag und Nacht eins! Man lebt bei Kerzenlicht wie bei Sonnenschein, man kommt eigentlich nie zum Schlafen. Und ich, Monsieur, ich schlaf leider gern wie ein Murmeltier. Und ich bin froh, daß ich jetzt in ein geregeltes Haus wie Eures komme.«
    Und da ich fand, daß sie für eine Kammerzofe sehr munter sprach, hörte ich ihr zu. Und die ganze Zeit, nachdem sie ihre kleine Rede gehalten und sich in meinem Zimmer an die Arbeit gemacht hatte, sah ich ihr dabei zu, und das um so lieber, als sie sich rings um mein Bett zu schaffen machte und ich sie also von vorn und von hinten, von oben und unten betrachten konnte.
    Doch weil mein Schweigen mich selbst zu drücken begann und ich die Unterhaltung lieber wieder beleben wollte, beschloß ich zu reden.
    »Also«, sagte ich, da ich nichts zu sagen hatte und auch nicht bei der Sache war, »du bist unsere neue Kammerfrau?«
    Toinon richtete sich auf, zog eine böse Miene und wirbelte anmutig um sich selbst.
    »Soubrette, Monsieur, Euch zu dienen! Geruht bitte, mich so zu nennen, sonst würde ich mich gesunken fühlen.«
    »Gesunken fühlen! Toinon, bist du nicht ein bißchen geschraubt?«
    »Wie meint das der Herr?«
    »Daß du dich ziemlich aufspielst.«
    »Oh, nein, Monsieur, das ist nicht meine Art! Ich bin ganz natürlich. Nichts von Getue. Und wenn Ihr Euch davon überzeugen wollt, Monsieur, braucht Ihr mich nur in die Arme zu nehmen.«
    Hiermit zeigte sie mir eine neue Miene, so süß, so anreizend, daß ich meinen Sueton zuschlug, vom Schemel sprang und sogleich tat, wie mir geheißen, was mir dann auch sehr gefiel, denn ihr kleiner Körper fühlte sich mollig und prikelnd an.
    »Seht Ihr, Monsieur« sagte sie, »hab ich gelogen? Nennt Ihr das geschraubt? Bin ich nicht entgegenkommend, und geh ich nicht aufs Ganze?«
    Ach, wäre ich älter gewesen, wie wäre ich aufs Ganze gegangen und hätte das frisch gemachte Bett gleich wieder zerwühlt. Aber ich war gerade erst zwölf geworden, und obwohl ich für mein Alter groß und kräftig war, besaß ich noch nicht jene Kühnheit. Mit Friederike war ich über das Schmusen, zu dem die Dunkelheit und Wärme des Bettes einlud, nicht hinausgegangen. Und um es klar zu sagen, zu dem, was mein Vater befürchtet hatte, war es nie gekommen. Ich hatte die Fähigkeit, aber nicht die Erfahrung.
    Ich zauderte. Toinon spürte es. Sie wollte die Dinge nicht zu weit treiben. So löste sie sich liebevoll aus meinen Armen, nicht ohne das Versprechen, dahin zurückzukehren und mich, wie sie es hinlänglich bewiesen hatte, sacht zu dem Ende zu bringen, das ich mir ersehnte.
    Unwissend und grün, wie ich noch war, dachte ich, daß ich ihre Gefälligkeit entweder meinem Aussehen verdankte, das von meinen Ammen und meiner Patin ja zur Genüge gefeiert wurde, oder aber einer allgemeinen Nachgiebigkeit der Frauen, derzufolge dieses liebliche Geschlecht sich dem deutlich bekundeten Appetit des unseren sogleich füge. Da mein Vater mich aber nicht ermutigte, mich mit meinem Äußeren

Weitere Kostenlose Bücher