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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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erblaßte, und als Monsieur de Souvré ihn fragend anblickte, sagte er:
»Rex vulneratus est.«
    »Leviter?«
    »Pagius nescit.«
1
    Monsieur de Souvré wechselte die Farbe und verharrte, ohne daß er ein Wort herausbrachte; der Dauphin blickte bald auf ihn, bald auf seinen Leibarzt.
    »Was ist denn?« fragte er schließlich mit gellender Stimme.
    »Der König Euer Vater ist verwundet, Monsieur«, sagte Monsieur de Souvré mit tonloser Stimme. »Wir müssen sogleich in den Louvre zurück.«
    Mein Herz begann zu klopfen, noch bevor ich nach der verstörten Miene Héroards erriet, daß das Schlimmste geschehen war und daß der Page mehr wußte und Héroard mehr gesagt hatte, als dieser uns mitgeteilt hatte.
    Louis schwieg. Vielleicht fürchtete er aus Aberglauben, nach seiner ersten Frage eine zweite zu stellen. Jedenfalls aber stotterte er in erregten Momenten so heftig, daß er dann lieber stumm blieb. Mit einem Seitenblick stellte ich fest, daß sein Gesicht bleich und gespannt war, während seine Augen sich dem Schauspiel der Straße zuwandten. Seine Hand auf der Sitzbank tastete nach der meinen, ich ergriff sie, und sie erschien mir trotz der Maihitze eiskalt und – wer weiß, weshalb ich das empfand – soviel kleiner als sonst.
    Der Louvre starrte vor französischen und Schweizer Garden,die Ketten und Barrieren bildeten und die Piken gesenkt hielten, als erwarteten sie einen Angriff. Das Tor war so stark bewacht, daß der Offizier vor Aufregung die königliche Karosse nicht erkannte und uns zunächst den Einlaß verwehrte, so daß Monsieur de Souvré sich erst zu erkennen geben mußte.
    Kaum in seinen Gemächern angelangt, nahm der Dauphin seinen kleinen Hund in die Arme, umhalste und streichelte ihn, ohne zu weinen, aber auch ohne einen Blick nach den Erwachsenen, die ihn umgaben, so als wollte er sich in seine eigene Welt verschließen, fern den Greueln der unseren. Monsieur de Souvré und Doktor Héroard erwogen mit sehr leiser Stimme, ob es nicht besser sei, ihm gleich alles zu sagen, oder ob sie warten sollten, daß die Königin es tat. Ich flüsterte ihnen zu, daß ich Nachrichten einholen wolle, und lief wie gehetzt zu den Gemächern des Königs, noch gegen jede Hoffnung hoffend, daß der Page den Zustand des Verwundeten übertrieben hätte.
    Eine Welt brach in mir zusammen, als ich Henri sah: da lag er hingestreckt auf sein Bett, das schwarze Seidenwams war offen und blutig, sein Gesicht wächsern, aber seltsam still. Monsieur de Vic, der auf dem Bett saß, hielt ihm, wie mir schien, vergebens sein Ordenskreuz an den Mund und empfahl ihn Gott. Zwei Wundärzte hantierten mit Verbänden, die sie ihm anlegen wollten, und Milon, der erste Leibarzt, der in der Bettgasse stand, sagte weinend: »Was wollt Ihr denn? Es ist vorbei! Er ist hinübergegangen!«
    Bei diesen Worten fiel ich auf die Knie und lehnte meinen Kopf an das Bett, mir war, als schwänden mir die Sinne. Vielleicht war es auch so, denn als ich wieder aufblickte, schwamm mir alles vor Augen. Nach und nach jedoch klärte sich mein Blick; ich sah Monsieur de Bellegarde in der Bettgasse knien, er hielt eine Hand Henris in der seinen und küßte sie. Nach Heinrich III. war es der zweite König von Frankreich, dessen Meuchelmord Bellegarde erlebte. Bassompierre, der am Bettende auf Knien lag, umklammerte die Füße des Königs mit seinen Händen. Neben ihm bemerkte ich Monsieur de Guise, der auch weinte.
    Eine Weile blieb ich so und versuchte zu beten, ohne daß es mir recht gelingen wollte, und als ich den Herzog de La Force und Castelnau in einer Fensternische erblickte, die einer in desanderen Armen schluchzten, erhob ich mich mit zitternden Beinen und ging zu ihnen. Sie erkannten mich zuerst nicht, so sehr verschleierten Tränen ihre Augen. Als ich meinen Namen nannte, umarmte mich Monsieur de La Force und sagte mir ins Ohr: »Ach! Hätte der König mir doch erlaubt, den Schurken einzukerkern!« – »Wie?« fragte ich, »war es dieser Ravaillac?« Da erzählte mir La Force mit unterdrückter, immer wieder abreißender Stimme, wie Henri, weil er keinen Schlummer fand, hatte ausfahren wollen und was dann in der Rue de la Ferronnerie geschehen war, wie die Karosse des Königs im Gewirr der Wagen stockte und der Elende, einen Fuß auf dem Bordstein, den anderen auf einer Radspeiche, mit dem Messer in seiner linken Hand »auf den König einstach wie in ein Bund Heu«. La Force saß in der Karosse des Königs mit Montbazon, Roquelaure, Liancourt und

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