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Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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und noch eins. Zog an einem Joint, kippte noch ein Bier. Spürte nichts.
    Willy war auf seinem Zimmer. Vielleicht doch ein wenig überfordert, sorgte ich mich. Oder traumatisiert. Nahm mir vor gleich mal nach ihm zu sehen. Hatte ihm auch noch die eine oder andere wenig erfreuliche Mitteilung zu machen.
    »Was ich nicht kapiere«, sagte Charly und zog sich einen Stuhl heran, setzte sich neben mich, drückte mir noch ein Bier in die Hand, »ist, warum du sie alle hast laufen lassen.«
    Ich zuckte die Achseln. Ich wusste es selbst nicht. Ich hatte Willy zurückhaben wollen, und alles andere war mir fürs erste egal gewesen.
    »Dieser Notar ist ruiniert«, sagte ich, »in jeder Hinsicht. Der Schwede bringt sein vaterländisches Netzwerk in die Zeitungen, seine Unterschlagungen werden ihn um seinen letzten Besitz bringen. Und die anderen drei kriegen wir, wenn wir wollen. Sie haben nichts außer einem Haufen falscher Dollars und einem Koffer voll Papierschnipsel. Wo wollen die schon hin?«
    »Ich weiß eh, wo«, krähte Scuzzi und hielt sich ein Nasenloch zu, weil er gerade eine Line weggezogen hatte. »Ich habe die Tickets im Handschuhfach von dem Honda gesehen. Ihr werdet's nicht erraten!«
    Alles Gebrabbel brach ab, die ganze Küche starrte ihn an.
    »Nach Gran Canaria!«, schrie er triumphierend, und Gott, was haben wir gelacht.
    »Willy?«, fragte ich leise und klopfte leicht an seine angelehnte Zimmertüre.
    »Kristof!«, strahlte er mich an. »Kommst gerade recht.«
    Er hockte, wie ich feststellte, mit krummem Rücken über seinem Schreibtisch und mühte sich mit Bleistift und Papier ab.
    »Heute ist doch der 22., oder?«
    Ich nickte. Fragte nichts weiter.
    »Mann, genau pünktlich. Das hast du sauber hingekriegt.«
    Ich überlegte, ob ich ihm gestehen sollte, in seinem Namen mit seiner Angebeteten gebrochen zu haben, doch eine andere Nachricht überwog das sowieso, also verabreichte ich ihm die.
    »Willy«, sagte ich, »du hast es wahrscheinlich nicht mitbekommen, aber Dagmar Berghoff hat sich verlobt.«
    Er hob kurz den Kopf von seinem Schreiben und sah mich durch seine Brillengläser an, Brauen gerunzelt.
    »Mit einem Mediziner«, fügte ich der Vollständigkeit halber hinzu.
    Er griente, winkte ab, boxte mich freundschaftlich in die Seite.
    »Was heißt das schon?«, befand er. »Hier, kannst du mir das tippen?«
    Ich hätte im Stehen schlafen können, doch irgendwie nickte ich, nahm mir den Schrieb. Konnte es ihm nicht abschlagen. Keiner konnte ihm etwas abschlagen. Er hatte uns alle in der Tasche.
    »Was ist das eigentlich für eine >Große Überraschung    »Ach, habe ich dir noch gar nicht erzählt, was? Ich bin reich!«
    Ich sah ihn an wie jemanden, der behauptet, in getrockneten Nasenpopeln ein Mittel gegen Krebs entdeckt zu haben. Lustige Idee, sagte mein Blick, doch die Wahrheit sieht wohl anders aus.
    Willy griente nur.
    »Erinnerst du dich an die Frau von dem Sparkassendirektor, die ich mal mit hierhin gebracht habe?«
    Ich dachte nach. Dauerte einen Moment, in meinem Zustand.
    »Die knochige?«, erinnerte ich mich dann. »Die aussah wie etwas, das sich einem auf der Geisterbahn in den Weg stellt?«
    Willy nickte voller Eifer.
    »Mit deren Hilfe habe ich ein bisschen was gefingert und die gesamte Knete von meinen Konten an Roth-Bichler vorbei nach Luxemburg überwiesen. Ich hab jetzt richtig Geld!«
    »Ha! Bestimmt mehr als Dagmars komischer Mediziner, was?!«
    Er gibt tatsächlich nie auf, dachte ich.
    Ich kürzte mächtig und tippte rasch, dann hockte ich mich aufs Bett, löste die Riemen der festen Schuhe und starrte eine Weile darauf hinunter, voller Zweifel, ob sich die Mühe des Ausziehens noch rentierte, oder ob ich mich nicht einfach nur auf die Seite fallen lassen sollte.
    Die Katze kam an, Deliahs gesamte Hinterlassenschaft, rieb mir den hochgehaltenen Schwanz unter die Nase, bog ihr Kreuz, spreizte die Krallen, zog lange Fäden aus dem Teppichboden.
    Und jankte dazu wie Phil Collins und Madonna im Duett, bei 78 Umdrehungen, auf einem eiernden Plattenspieler.
    »Hör zu, Katze«, sagte ich, mit der schwachen Stimme der Vernunft. »Ich habe ein paar Tage hinter mir. Und ein paar Nächte. Mir ist jetzt nicht nach Katze füttern. Also geh und nerv jemanden anders, ja?« Muss ich sagen, was sie antwortete?
    Nein?
    Hmm, genau das.

Epilog
    Die ganze Geschichte ist jetzt natürlich schon eine Weile her. Und wie das so ist, kürzlich

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