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Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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erinnerte mich. Die Schlagzeile lautete: »Handgranaten-Anschlag auf Essener Synagoge. Hoher Sachschaden.« Nur durch ein Wunder hatte es dabei kein Blutbad gegeben. Die Täter waren nie gefasst worden, und das, obwohl die Polizei Hinweise auf einen möglichen rechtsradikalen Hintergrund der Tat »ernsthaft geprüft« hatte.
    Lazio Cinosil hielt Wolf den Ausschnitt vor die Nase, bis er sicher sein konnte, dass der ihn gelesen oder zumindest registriert hatte, dann setzte er das Papier mit einem Feuerzeug in Brand und hielt es auf Armlänge von sich.
    »Falls jemand fragen sollte«, fuhr er dabei in unverändertem Konversationston fort, »haben meine Männer und ich hier und heute im Auftrag des >MC Stormfuckers< gehandelt Dies ist ein Bandenkrieg, nicht wahr?« Damit ließ er das letzte brennende Fitzelchen zu Boden fallen, schnellte herum und schlug mit der Handfläche hart auf den Bogen Papier, den Wolf so gern hätte verschwinden lassen.
    Einen Augenblick lang hingen die beiden Männer mit den Köpfen ungewöhnlich dicht voreinander, dicht genug, um nasale Informationen über die beidseitigen Ernährungsgewohnheiten auszutauschen, Blicke ineinander verschränkt, dass man es knirschen hören konnte, dann gab Wolf das Papier frei, der Schwede zog es wieder zur Gänze auf die Tischplatte und glättete es beinahe liebevoll.
    Neugierig trat ich näher, genau wie zwei der Vermummten.
    Es war eine Art Bauzeichnung, eine Draufsicht, oder Legende, ein Blick von oben also, auf einen Saal mit bogenförmig angeordneten Stuhlreihen. Davor eine Bühne. Auf der Bühne ein Rednerpult. Ringsum an den Wänden waren kleine schildförmige Symbole eingezeichnet, die alle ein großes >F< trugen. Mehrere davon, vor allem in Bühnennähe, waren mit Kugelschreiber umkreist und mit Pfeilen oder Fragezeichen versehen. Die beiden Vermummten deuteten darauf und gaben Geräusche des Interesses, der Realisation von sich. (Hauptsächlich Brummtöne, oder ein leicht schnarrendes Knurren, falls sich jemand gefragt haben sollte, wie sich >Geräusche der Realisation< wohl anhören mögen.)
    »Das ist die Duisburger Mercatorhalle, nicht?«, fragte der Schwede im Tonfall höflichen Interesses und klopfte mit einem Zeigefingerknöchel auf die Zeichnung. »Da, wo Ende des Monats der Vorsitzende des Zentralrats, >Ignaz der Unbeugsame<, wie wir ihn scherzhaft nennen, eine Rede halten wird, nicht wahr?«
    Wolf antwortete nicht. Er verschränkte die Arme vor der Brust und setzte diese leicht überhebliche >Ihr-könnt-mir-gar-nichts-beweisen<-Miene auf. Ich weiß nicht, wie er darauf kam, doch er schien tatsächlich zu glauben, er hätte es hier mit der Polizei zu tun.
    »Wo ist der Feuerlöscher jetzt?«, fragte Lazio Cinosil eindringlich. »Ist er schon installiert? Nein, denn dann flöge ja wohl kaum die Zeichnung noch hier rum, oder? Also, wo ist der Sprengsatz, wo ist der von der VS bestellte >Große Knall    Wolf schwieg weiter, ließ nur die Augenbrauen hochwandern in gespielter Verwunderung. >Sprengsatz? Welcher Sprengsatz?<, schien seine Mimik sagen zu wollen.
    Der Schwede äußerte ein >Ts< des Bedauerns und schnippte mit dem Finger. Der Vermummte mit dem Vorschlaghammer trat vor.
    Wolfs Gesicht nahm den Ausdruck an von jemandem, dem etwas verspätet zu dämmern beginnt, dass er, bildlich gesprochen, voll in die Scheiße gepackt hat.
    »Ich vermute ihn.«, der Schwede gab vor, nachzudenken, sah sich theatralisch um, sagte dann abrupt »hier« und deutete auf Wolfs eingegipsten Fuß. Die beiden Kartenleser warfen sich auf das Bein, hielten es fest auf die Tischplatte gepresst, und der mit dem Hammer nickte und schwang sein Werkzeug zurück für einen Hieb, der Gips, Fuß und Tisch schlagartig in Zustände der Irreparabilität versetzen musste.
    »Ich sag's!« Die schrille, instabile Stimme einer mit höchster Geschwindigkeit hervorgepressten Äußerung.
    Der Hammermann verharrte.
    »Hinten, im Wald, der da weiß wo«, damit deutete Wolf mit dem Kinn auf mich, »an der gefällten Kiefer vorbei«, tauschte er eine warme Erinnerung mit mir, »hundert Meter geradeaus kommt ein Trampelpfad. Den rechts runter, und nach zweihundert Metern taucht linker Hand ein ehemaliger Flakbunker auf. Da haben wir die Bombe. Und da, vermute ich mal, ist auch euer Willy. Das wäre zumindest eine Erklärung dafür, warum Nagold die letzten 14 Tage so scharf darauf war, am Bunker Wache zu schieben.«
    »Na« sagte Heiko mit einer Mischung aus Verwunderung und

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