Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
Vom Netzwerk:
gestrigen Abend so richtig ruiniert habe.«
    »Sie haben da ein bisschen Ei im Bart«, sagte sie nur, rückte das Besteck neben ihrem Teller gerade und beobachtete amüsiert, wie er sich hektisch über sein Spitzbärtchen wischte.
    »Kaffee?«, fragte er, wobei er auf eine Thermoskanne deutete.
    Sie nickte, und er begann, ihre Tasse zu füllen. »Sie sagen stopp, ja?«
    »Stopp.« Sie nahm zwei Stück Zucker, rührte dreimal um und goss sich aus einem Kännchen Milch ein, bis ihr Kaffee die Farbe von Karamell annahm.
    Smolski warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »So gern ich Ihnen auch Gesellschaft leisten würde, habe ich leider nicht mehr viel Zeit.«
    »Müssen Sie zurück an den Tatort?« Jule war verunsichert. Er hatte ein echtes Talent dafür, eine lockere Stimmung aufzubauen, die er dann mit einem Hinweis auf seine Verpflichtungen zunichtemachte.
    »Zurück an den Fundort«, korrigierte er sie. »Wir wissen noch nicht, ob die Frau auch dort ermordet wurde. Aber ja, ich muss zurück in dieses Wäldchen. Mir das Ganze noch mal bei Tageslicht ansehen.«
    »Ist das nicht die Arbeit der Spurensicherung?«, erkundigte sie sich mit dem gefährlichen Halbwissen einer Frau, die immerhin eine halbe Staffel CSI verfolgt und diverse Krimi-Bestseller gelesen hatte. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, wie sich Smolski über eine Stelle im Unterholz beugte, auf der nur wenige Stunden zuvor noch eine Leiche gelegen hatte.
    »Klar macht das eigentlich die Spusi«, entgegnete er. »Doch es kann nicht schaden, wenn ich denen ein bisschen auf die Finger schaue. Und sei es nur, um mir meinen guten Ruf als nörglerischer Besserwisser zu bewahren.«
    Jule musste lächeln. »Sie haben tatsächlich auch schlechte Eigenschaften, was, Herr Kommissar?« Sie zog das letzte Wort in die Länge.
    Und er lieferte den Beweis mit hocherhobenem Haupt. »Herr Hauptkommissar. Und seit heute Morgen Teil der SOKO Juni.«
    »Juni?«
    »Wir haben in dieser Ecke von Schleswig-Holstein so gut wie keine Morde«, sagte er. »Wir können es uns leisten, unsere Sonderkommissionen nach Monaten zu benennen.«
    »Ach so.« Jule hatte noch nie mit einem leibhaftigen Kommissar geplaudert, und sie stellte fest, dass es ihr Spaß machte. Sie hätte trotzdem gern lieber über die Lebenden als über die Toten geredet. »Haben Sie eigentlich keinen Partner?«
    Er hob eine Augenbraue. »Ich hoffe sehr, diese Frage bezieht sich nicht auf mein Privatleben.«
    »Ich dachte nur, dass man bei der Kripo immer zu zweit im Einsatz ist. Und Sie sind allein hier.«
    »Mein Partner hat bei seiner Cousine geschlafen, ein paar Ortschaften weiter.« Smolski verdrückte den letzten Bissen seines Brötchens. »Man kann vielleicht darüber streiten, ob die Welt ein Dorf ist. Bei Nordfriesland lohnt sich das nicht. Na ja, es senkt die Ermittlungskosten um sensationelle zwanzig Euro pro Nacht, wenn er bei Verwandten unterkommt.«
    Jule erinnerte sich daran, dass sie Smolski dringend noch etwas anderes als nur ihren Namen mitteilen wollte. »Ich musste gestern Abend eine Umleitung wegen der Straßensperre nehmen«, begann sie ernst, und obwohl Smolski keinen Meter von ihr entfernt saß, wurde ihr trotzdem der Mund trocken, als sie an die Gestalt dachte, die sie in dem kleinen Waldstück gesehen hatte. Sie nippte an ihrem Kaffee und fuhr fort: »Ich habe da gerade noch rechtzeitig bemerkt, wie jemand zwischen den Bäumen auf den Weg gelaufen ist.« Von ihren tiefsitzenden Ängsten musste Smolski nichts wissen. »Ich hätte den Mann beinahe überfahren. Danach ist er zurück in den Wald gestürzt.«
    Smolski schürzte die Lippen. »Und?«
    »Wie und?« Sie stellte ihre Tasse zu heftig ab, und ein Schwall Kaffee schwappte auf den Tisch. »Meinen Sie nicht, das könnte der Mörder gewesen sein?«
    Er schüttelte den Kopf, und die sichtbare Belustigung in seiner Miene versetzte Jule einen kleinen Stich. »Nein, da muss ich Sie leider enttäuschen. Wenn Sie mich fragen, denke ich eher, dass das einer von unseren Jungs war, der eben mal pinkeln oder eine in Ruhe rauchen wollte.«
    »Wie können Sie da so sicher sein?« Sie sah sich gezwungen, den langen Schatten des Todes doch wieder über dieses Gespräch fallen zu lassen. »Ich meine, da war dieser Mord, und wenn der Fundort vielleicht doch auch der Tatort war, kann es dann nicht sein, dass der Mörder noch in der Nähe des Tatorts war?«
    »Nur dann, wenn er sich sehr, sehr langsam vom Tatort entfernt hat«, erwiderte Smolski. »Sie

Weitere Kostenlose Bücher