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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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Geist in seinen Körper gefahren. »Du machst mir Angst.«
    »Verstehst du denn nicht?«, tobte Lothar. »Verstehst du denn nicht? Er hat sie gefunden!«
    Caros Blick wanderte zum Messerblock auf der Anrichte. Wenn er nicht gleich wieder zu sich kam, würde sie sich eines der Messer greifen. Nur zur Sicherheit. »Hörst du, Lothar? Du machst mir Angst«, wiederholte sie und machte einen kleinen Schritt zur Anrichte hin.
    Er schien zu ahnen, warum sie das tat. Sein zornverzerrtes Gesicht gefror einen Augenblick, bevor es im nächsten Moment verblüfft aussah vor Erschütterung. »Caro … ich … ich … Caro«, stammelte er. »Ich bin doch … ich … ich würde dir doch nie im Leben etwas tun.« Er stand auf und streckte die Arme quer über den Tisch nach ihr aus. »Caro …«
    »Ich kann das nicht mehr«, sagte sie nur und rannte hinaus auf den Flur.
    »Caro! Bitte bleib doch da!«
    Sie warf sich ihre Jacke über und hob ihre Tasche vom Boden vor der Garderobe auf.
    »Caro! Bitte!«
    »Ich kann das nicht mehr«, flüsterte sie noch einmal zu sich selbst und zog die Wohnungstür auf.
    »Caro!«
    Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel und seine Stimme und seinen Wahnsinn einsperrte, begriff Caro, dass sie viel zu lange einen Fremden geliebt hatte.

67
     
    Um potenzielle Mithörer zu vermeiden und um ihre Tarnung eines romantischen Interesses an Smolski aufrechtzuerhalten, rief Jule den Hauptkommissar von ihrem Wagen aus an. Sie stieg auf der Beifahrerseite ein, weil sie nicht dort Platz nehmen wollte, wo keine halbe Stunde zuvor noch die Barbiepuppe ihre mit Nadeln durchstochenen Arme nach ihr ausgestreckt hatte.
    »Smolski.« Im Hintergrund hörte Jule ein knisterndes Rauschen, und er hatte sich deutlich lauter gemeldet, als er es in einer entspannten Atmosphäre getan hätte.
    »Jule Schwarz hier.«
    »Bitte?«
    »Jule Schwarz hier.« Jule konnte das Rauschen nun zuordnen. Smolski saß offenbar ebenfalls in einem Auto und hatte ihren Anruf über eine Freisprechanlage entgegengenommen.
    »Oh, Frau Schwarz. Was verschafft mir die Ehre?«
    Jule entschied sich für schonungslose Offenheit. »Ich wollte eben hier in Odisworth in meinen Wagen steigen, da sehe ich eine verstümmelte Barbiepuppe auf dem Fahrersitz liegen und darunter einen Drohbrief. Laut der Nachricht soll ich aus dem Dorf verschwinden, wenn ich nicht will, dass es mir genauso ergeht wie der Puppe.«
    Es folgte ein langes Schweigen. Wäre das Rauschen nicht gewesen, hätte Jule gedacht, die Verbindung sei unterbrochen worden. »Das ist wirklich unschön«, meinte Smolski schließlich. »Und eine fiese Nummer noch dazu. Geht es Ihnen gut?«
    »Den Umständen entsprechend.« Jule sank ein Stück tiefer in ihren Sitz. Sie wollte Gewissheit darüber, dass der Zusammenhang, den sie gerade eben erst als unwahrscheinlich verworfen hatte, auch wirklich unwahrscheinlich war. »Glauben Sie, das könnte etwas mit dem Mord zu tun haben?«
    »Ich will nichts ausschließen«, antwortete er sofort. »Aber Sie sollten sich auch nicht verrückt machen. Das Ganze könnte auch bloß ein makabrer Scherz sein. Ihr Windpark findet in Odisworth ja nicht nur Befürworter, richtig?«
    »Richtig«, gab Jule zu. »Schön wär’s.«
    »Sehen Sie.« Vor dem steten Rauschen klang sein Lachen abgehackt und zerstückelt. »Strafrechtlich relevant ist das natürlich trotzdem. Ich würde Ihnen empfehlen, sich an die nächste Dienststelle –«
    »Sind Sie denn schon ein paar Schritte weitergekommen?« Jule wollte unbedingt verhindern, dass er sie abwürgte. Seine Stimme verlieh ihr ein schwer zu leugnendes Gefühl von Sicherheit.
    »Was?«
    »Haben Sie schon Fortschritte in Ihren Ermittlungen gemacht?«
    Erneut drang nur das Rauschen an Jules Ohr, als würde er abwägen, wie viel er ihr verraten konnte. »Ist das reine Neugier, oder ist da noch mehr im Spiel?«
    Jule horchte einen Augenblick in sich hinein. Sie hatte keine Lust, schwach oder hilflos dazustehen. Sie konnte ihm nicht beichten, warum sie dieses Thema aufgebracht hatte. Zu ihrer eigenen Überraschung war da allerdings tatsächlich noch mehr. Bilder, die sie in die hintersten Winkel ihres Denkens verbannt hatte. Bilder von Frauenleichen im Wald und grausigen Verstümmelungen. »Sie haben mich erwischt, Herr Kommissar.« Einer Eingebung folgend klemmte sie sich das Smartphone fest unters Ohr, langte zur Fahrertür und drückte auf den Knopf, der den Wagen von innen verriegelte. Das Klacken der Schlösser machte ihr

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