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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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Konnte gar nicht schnell genug weg von mir.«
    »Und Sie haben nie wieder etwas von ihr gehört?«, hakte Hoogens nach. »Wollte Sie keinen Unterhalt von Ihnen?«
    »Nein.« Fehrs zog hastig an seiner Zigarette. »Sie hatte ja ihre Kreditkarten. Auf den Konten war genug drauf, um sich woanders einen schönen Lenz zu machen.«
    »Hm … Haben Sie je nach ihr gesucht? Das wäre anhand der Karten sehr einfach gewesen.«
    »Wozu?« Fehrs hustete und spuckte noch mehr Schleim ins Gras. »Mir geht’s viel besser, seit sie weg ist. Weniger unnötiges Gemecker, verstehen Sie?«
    »Ich bin ledig«, sagte Hoogens.
    »Gut für Sie.« Fehrs grinste dreckig. »Und zwei gesunde Hände haben Sie ja anscheinend auch.«
    Fehrs konnte es nicht wissen, aber das war noch so eine Säuferangewohnheit, die Hoogens nicht ausstehen konnte: frivole Kumpelhaftigkeit. Es war Zeit, zur Sache zu kommen. »Kennen Sie eine Kirsten Küver?«
    »Klar. Die kenne ich, seit sie so groß war.« Fehrs hielt sich die flache Hand neben die Hüfte. »Die hat immer mit dem Nachbarsjungen drüben im Wald gespielt, und mit dem kleinen Bertram, diesem Schwallsack. Die sind immer zu dritt durch die Gegend gezogen. Wenn das meine Tochter gewesen wäre, hätte ich da aber mal zur richtigen Zeit einen Riegel vorgeschoben.« Er fasste sich mit beiden Händen an die Brust, um zu veranschaulichen, was er mit der richtigen Zeit meinte. »Wundert mich, dass die keiner der beiden Jungs dick gemacht hat. Bei uns hätte es so was nicht gegeben.« Er sah wieder versonnen zur Brombeerhecke hinüber. »Die war ein richtig heißer Feger.«
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«
    »Keine Ahnung.« Er winkte ab. »Das ist schon Jahre her. Da hat sie schon in Hamburg gewohnt. Ich hab mir sagen lassen, sie würde keinen Ton mehr mit ihren Eltern reden und wäre jetzt irgendwo bei den Schlitzaugen unterwegs.«
    Hoogens versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn Fehrs anwiderte. »Wann waren Sie eigentlich zum letzten Mal in Hamburg?«
    »Anfang Februar.« Fehrs’ dreckiges Grinsen kehrte zurück. »Da kann ich mich noch sehr gut dran erinnern. Ich war im Puff, wenn Sie’s genau wissen wollen. Ist doch heutzutage nicht mehr verboten, oder? Warum fragen Sie?«
    »Nur so.« Anfang Februar. Die Leiche der Hamburgerin, die Smolski ins Spiel gebracht hatte, war im März aus der Elbe geborgen worden – und sie war mindestens mehrere Wochen im Wasser gewesen. Hoogens sah zu, dass er sich von Fehrs abseilte. Er konnte es kaum erwarten, Smolski anzurufen. Das würde ein guter Tag werden: erst belastende Indizien gegen einen der Hauptverdächtigen sammeln, und dann noch jemandem einen richtigen Einlauf verpassen.

70
     
    Jule, wir müssen dringend über alles reden. Komm doch morgen Abend bei mir vorbei. Ich bin zu Hause. AJule rieb sich den Schlaf aus den Augen. Die SMS war von Andreas, und er hatte sie gegen halb vier Uhr morgens abgeschickt. Mit einer solchen Einladung hatte sie nicht gerechnet. Wenn sie nicht so müde gewesen wäre, hätte sie sich vermutlich darüber aufgeregt, dass Andreas es nicht für nötig befand, ihre Fragen direkt am Telefon zu klären. Abgesehen davon, war er nicht einmal schlau genug gewesen, ihr seine Adresse mitzuschicken. Noch unschlüssig darüber, ob sie auf sein Angebot eingehen würde, brachte sie eine eigene Kurzmitteilung auf den Weg:
     
    Lieber Klaus, könntest du mir bitte mal Andreas Bertrams Adresse schicken? Beste Grüße, Jule
     
    Sie war frisch geduscht und bei ihrem Ankleideritual erst beim Slip angelangt, als sie eine Antwort erhielt:
     
    Hallo, Jule. Hoffe, du hast gut geschlafen. Hier die Adresse: Andreas Bertram, Ernst-Henning-Str. 36, 21029 HH-Bergedorf. Ruf doch mal an. Klaus
     
    Ihr Entschluss, Andreas tatsächlich zu treffen, reifte, als sich Jule zu Ende anzog. Sie erhoffte sich von ihm unter anderem eine Antwort auf die Frage, welcher Dorfbewohner ausreichend kaltblütig war, um ihr die Puppe ins Auto zu legen. Vielleicht griff sie da nach einem Strohhalm, aber dazu war sie gern bereit.
    Sie stellte sich vor den Spiegel, hielt ihr Haar mit einer Hand im Nacken zusammen und schloss mit den Fingern der anderen die Haarspange, die ihren Pferdeschwanz an seinem Platz halten sollte. Es knackte. Die untere Hälfte der Haarspange fiel auf ihre Schulter und von dort vor ihre Füße. Sie bückte sich. Das Gelenk war glatt durchgebrochen. Sie fluchte und warf beide Teile in den Mülleimer unter dem

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