Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
gesetzt. Bunte Lampions geben stimmungsvolle Beleuchtung. Konfetti und Papierschlangen schmücken unsere Tische, und über allem herrscht – die frohe Laune
. Walters Eltern brauchen keinen Tischschmuck, denkt Maria und sucht im Kochbuch nach einem Rezept für Krautsalat. Sie öffnet den Ofen und übergießt den Braten, zwei Stunden noch, die Kruste muss gelingen, denkt Maria, sonst hören sie wieder nicht auf, vom Beerenbergerbraten zu reden. Ein Beerenbergerbraten hat eine Kruste, die man gut kauen kann, das Beste an einem Braten ist seine Kruste, und eine Beerenberger ist nur, wer einen Braten richtig zubereiten kann. Warum hast du diese Frau geheiratet, das sagen Walters Eltern nicht, aber sie lassen die Kruste übrig, wenn sie nicht knusprig ist. Zwei Stunden noch, denkt Maria, ich muss Walter wecken. Walter kam gestern spät nach Hause. Als er sich ins Bett legte, sagte er: Stell dir vor, der Musiker sagte, es freut uns, dass wir heute hier im Ort spielen dürfen. Im Ort, erzählte Walter, als ob wir in einem Dorf leben. Dieser Ort hat zwölftausend Einwohner, dieser Ort ist eine Stadt, habe ich ihm gesagt. Und dann, fragte Maria, sie drehte sich zur Seite, weg von Walters Atem, sie legte ihren Arm unter den Polster. Dann spielten sie
In the Ghetto
, aber eine schnelle Version.
13 Unter Nachbarn
Der Tisch ist gedeckt, als Maria und Walter das Wohnzimmer betreten. Isolde, das wäre nicht nötig gewesen, sagt Maria. Fünf Sorten Wurst liegen aufgeschnitten auf einem Teller, daneben steht eine Schüssel mit Eiaufstrich, ein Korb mit Brot, dahinter ein Glas Salzstangen, dahinter eine Flasche Rotwein, eine Flasche Weißwein, eine Flasche Mineralwasser. Den Kaffee werden wir überspringen, sagt Isolde, zum Kaffeetrinken kommt ihr nicht zu mir, dazu ist unsere Zeit zu kostbar. Ihr seid bestimmt durstig, ich bringe noch Gläser, setzt euch, meine Kinder, setzt euch, wohin ihr möchtet. Die Gläser, die Isolde aus dem Schrank nimmt, sind kalt, weil der Schrank an der Außenmauer steht. Greift, sagt Isolde jedes Mal, wenn Maria und Walter auf Besuch kommen, greift und fühlt, wie kalt die Gläser sind. Wenn der Schrank hier nicht an der Mauer stünde, stellt euch vor, wie kalt es in der Wohnung wäre. Maria schüttelt jedes Mal den Kopf, Walter hält ein Glas an seine Wange, er fragt: Darf ich im Sommer wiederkommen, und lacht. Auf dem Trockenen schwimmt man schlecht, sagt Isolde, auch heute, als Walter das Glas an seine Wange hält, pur oder gespritzt, fragt sie und schenkt Walter Weißwein ein. Wie immer, sagt Walter, und Isolde gießt den Wein mit Mineralwasser auf.
Ihr Gastgeber Frau Mayr Isolde begrüßt Sie herzlich
steht auf den Bierdeckeln, die Isolde danach aus der Küche holt und unter die Gläser schiebt. Ein schönes Abschiedsgeschenk, nicht, sagt sie. Es ist Herrn Willerts Idee gewesen, erzählt Maria. Bestimmt, sagt Isolde und lächelt, während Walter sein Glas auf den Tisch stellt und den Bierdeckel betrachtet. Franz macht sich über so etwas viele Gedanken, wie geht es ihm, isst er ausreichend, hat er wieder abgenommen.
Der Tisch steht an der Wand, Isolde hat ein Tischtuch über ihn gelegt, es ist kariert, und der Fleck ist immer noch da, wo er schon bei den Besuchen zuvor gewesen ist. Isolde stellt die Flaschen auf den Fleck, es kommen ohnehin neue dazu, sagt sie, wo getrunken wird, bleiben Spuren. Manchmal sagt sie auch: Das Leben geht nicht ohne Spuren an einem vorbei. Walter sagt dann: Das Leben geht nicht an einem vorbei, das Leben geht mit einem, woraufhin Isolde sagt: Hör mir mit dem Leben auf.
Danke, sagt Walter, als Isolde ihm das Glas hinschiebt. Er trinkt einen Schluck, er fährt durch seine Haare. Einen stillen Mann hast du, sagte Isolde zu Maria am Gang vor der Wohnung, nachdem Maria mit Walter zum ersten Mal auf Besuch gekommen war. Einen stillen Mann, der gut isst und viel trinkt. Danke, sagte Maria, und Isolde fragte: Warum bedankst du dich. Hast du Herrn Popovic gesehen, die Glühbirne in der Waschküche ist durchgebrannt. Vorhin war er im Hof bei den Mülltonnen, antwortete Maria, und Isolde machte sich auf die Suche.
Danke, sagt Walter, als Isolde ihm das Glas hinschiebt, er fährt durch seine Haare. Wie viele du noch hast, sagt Isolde, mein Mann hatte in deinem Alter schon alle verloren. Mein Mann, sagt Isolde, und dann: Ich habe neuen Schnaps geholt, möchtet ihr welchen, oder warten wir, bis es dunkel wird. Essen wir zuerst, esst, ich habe noch ausreichend in der
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