Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
im Sommer aussehen, nicht geschniegelt, aber gepflegt, ordentlich. Da haben Sie noch viel Arbeit vor sich, sagt Maria. Meinen Sie, antwortet Herr Popovic und schaut auf die Wiese, wo die Abdeckung neben der Sandkiste liegt. Ja, es gibt immer etwas zu tun. Ich möchte einen Weg von hier zur Sandkiste legen, damit die Kinder nicht immer in das Gras treten, sehen Sie, hier wird die Wiese schon braun. Das ist eine gute Idee, Herr Popovic, aber die älteren Kinder werden sich nicht an die Wege halten. Meinen Sie, antwortet Herr Popovic und stellt den Eimer bei den Mülltonnen ab. Er flucht, als er bemerkt, dass jemand einen Karton in den Restmüll geworfen hat. Herr Popovic sagt: Nichts wird besser. Er greift an seinen Bart, dann holt er den Karton aus dem Müll. Haben Sie gesehen, wer das war, fragt Herr Popovic, die Tonne für das Altpapier steht doch gleich hier drüben. Nein, leider, sagt Maria, aber Sie sollten jetzt ohnehin zu Ihrer Frau gehen, es ist Sonntag, der Tag des Herrn, am siebten Tag sollst du ruhen, Sie wissen doch. Ich glaube nicht an die heilige katholische Kirche, sagt Herr Popovic und nimmt den Karton aus dem Müll.
18 Das blühende Leben
Maria erschrickt, weil die Lautsprecher krachen und die Musik anders klingt als sonst. In der ersten Reihe sitzen die Verwandten, dahinter die Bekannten. Walters Mutter hat neben Maria Platz genommen, sie sagt: Dass ich ihn überlebe, und stützt das Kinn auf ihren Gehstock. Maria möchte über ihren Rücken streichen, aber sie hält ihre Hand zurück, sie mag das nicht, denkt Maria und schaut auf den Sarg, ein Nagel liegt auf dem Boden davor. Im Saal riecht es nach Blumen, die schon eine Weile im Wasser stehen. Die Wände sind aus hellem Marmor, der Boden ist dunkler.
Das blühende Leben
steht auf dem Papier, das um die Rose gewickelt ist, die Marias Schwester auf ihrem Schoß liegen hat. Maria möchte lachen, sie denkt, was abgeschnitten ist, lebt nicht mehr. Walter mochte keine Schnittblumen. Walter mochte Löwenzahn, und ein gepflückter Löwenzahn bleibt nicht lange frisch. Schneidet man seinen Stängel ein, kringelt er sich zusammen, das freute Walter jedes Jahr im Frühling, und Maria sagte: Walter, du bist ein Kind, du bist ein Kind geblieben.
Walters Verwandte tragen Tracht. Spielt wirklich keine Blasmusik, haben sie zuvor gefragt. Nein, das ist hier nicht üblich, hat Maria geantwortet. Warum nicht, hat Walters Bruder gefragt und Maria auf die Schulter geklopft, es tut mir leid. Warum muss sie ihn in der Stadt eingraben, das werden sie denken, denkt Maria. Die Tracht ist nichts Schlechtes, sagte Walter manchmal, eine Tracht ist keine politische Einstellung. Maria schaute ihn dann lange an, sie sagte, du bekommst mich in keine Tracht, mein Leben lang nicht.
Das Leben ist ein Hund, es beißt und hat Flöhe, hat ganz kurze Dackelfüße und rennt viel zu schnell
. Walter mochte dieses Lied, wird sie später zu den Verwandten sagen, wenn sie fragen, was das für eine Musik war. Maria sucht nach einem frischen Taschentuch, der Pfarrer steht auf und geht zum Rednerpult. Er liest den Lebenslauf, den Maria mit der Schwester erstellt hat. Er liest: Arbeit war sein Leben, und Maria schnäuzt sich beim Wort
Leben
. Immer an seiner Seite Maria, die er vor zwanzig Jahren an einem Frühlingstag kennengelernt hat. Der Pfarrer hebt jedes Mal seinen Arm, wenn er Walters Namen nennt. Unser lieber Verstorbener Walter Beerenberger. Und als der Pfarrer zum fünften Mal den Arm hebt, fällt Maria ein, woher sie ihn kennt. Walter und Maria haben ihn vor zwei Wochen im Fernsehen gesehen, wie er Tiere segnete. Hunde, Katzen, ein Pferd, ein Lama, eine Schlange, einen Waldkauz. Willi, sagte der Pfarrer, als er dem Pferd über seine Blesse strich, hallo Willi. Du, auf die Fürbitte des Heiligen Franziskus segne und behüte dich der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist.
17 Einsargen
Pflegehemden werden im Nacken gebunden, sie lassen sich im Liegen überstreifen, sie können blauweiß gemustert sein und enden bei den Knien. Walter trug kein Pflegehemd, er legte sich nach dem Essen in Pullover und Jogginghose auf das Sofa, während Maria zum Duschen ins Badezimmer ging. War schon jemand zum Einsargen da, fragt die Schwester am Telefon. Maria nickt. Maria, sag etwas, ich höre dich nicht. Ja, es ist alles erledigt, es sind schon alle weg. Ich fahre sofort los, sagt die Schwester, ich bin in einer Stunde bei dir, ist Isolde zu Hause, geh hinüber zu ihr, ich
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