Der Winterschmied
konnte erkennen, dass es ein Nagel gewesen war...
Nein, ich nehme kein Geschenk an, nur damit sich der Schenkende besser fühlt, dachte sie. Warum sollte ich?
Ich suche mir meine Geschenke selbst. Sie fand mich... »unterhaltsam«, mehr nicht.
Aber er... Er machte mir Rosen und Eisberge und Eisblumen, ohne zu verstehen...
Tiffany drehte sich um, als sie plötzlich Stimmen hörte. Die kleinen blauen Männer kamen über die Hänge gelaufen, so schnell, dass ein Mensch gerade noch mit ihnen Schritt halten konnte. Und Roland hielt Schritt mit ihnen, auch wenn er ein wenig keuchte und in seinem übergroßen Kettenhemd wie eine Ente lief.
Tiffany lachte.
Zwei Wochen später kehrte Tiffany nach Lancre zurück. Roland brachte sie bis nach Zweihemden, und der spitze Hut beförderte sie den Rest des Weges. Sie hatte Glück. Der Kutscher erinnerte sich an Fräulein Tick, und da es auf dem Dach einen freien Platz gab, hatte er keine Lust, das ganze Theater noch einmal durchzumachen. Die Straßen waren überflutet, in den Gräben plätscherte es laut, und angeschwollene Flüsse saugten an den Brücken.
Zuerst besuchte sie Nanny Ogg, die unbedingt alles ge nau wissen wollte. Das sparte Zeit, denn wenn man mit Nanny Ogg gesprochen hatte, wussten wenig später alle davon. Als Nanny hörte, was genau Tiffany mit dem Winterschmied gemacht hatte, wollte sie gar nicht wieder aufhören zu lachen. Dann lieh sich Tiffany Nannys Besen und flog langsam über den Wald zu Fräulein Verrats Hütte.
Dort war ziemlich viel los. Auf der Lichtung gruben Männer im Gemüsegarten die Erde um, und massenhaft Leute warteten vor der Tür. Tiffany landete ein Stück entfernt im Wald, schob den Besen in einen Kaninchenbau und ihren Hut unter einen Busch und ging dann zu Fuß.
Dort, wo der Weg auf die Lichtung führte, steckte eine Art Puppe in einer Birke, bestehend aus vielen zusammengebundenen Zweigen. Sie war neu und machte einem irgendwie Angst, was sie vermutlich auch sollte. Tiffany ging durch den Wald zum Hintereingang.
Niemand sah, wie sie den Riegel der Spülküchentür hob und in die Hütte schlüpfte. Sie lehnte sich an die Küchenwand und stand ganz still.
Aus dem Nebenzimmer war die unverkennbare Stimme von Annagramma zu hören.
»...nur ein Baum, verstehst du? Fällt ihn und teilt das Holz. Einverstanden? Und jetzt gebt euch die Hand. Na los. Ich meine es ernst. Gebt euch richtig die Hand, oder ich werde echt sauer! Gut. Fühlt sich gleich besser an, nicht wahr? Schluss mit diesen Dummheiten...«
Nachdem sich Tiffany zehn Minuten lang angehört hatte, wie Leute ausgeschimpft, angemeckert und auf Trab gebracht wurden, verließ sie die Hütte wieder, huschte durch den Wald und kehrte auf dem Weg zur Lichtung zurück. Eine Frau eilte ihr entgegen, blieb aber stehen, als Tiffany sagte: »Entschuldigung, wohnt hier eine Hexe?«
»Ooooh, ja«, antwortete die Frau und musterte Tiffany neugierig. »Du bist nicht von hier, was?«
»Nein«, sagte Tiffany und dachte: Ich habe hier monatelang gelebt, Frau Fuhrmann, und wir sind uns fast jeden Tag begegnet. Aber ich habe immer den Hut getragen. Die Leute sprechen immer mit dem Hut. Ohne den Hut bin ich verkleidet.
»Nun, hier wohnt Fräulein Falkin«, sagte Frau Fuhrmann so, als widerstrebte es ihr, ein Geheimnis preiszugeben. »Sie verwandelt sich in ein schreckliches Ungeheuer, wenn sie zornig wird! Ich habe es selbst
gesehen! Uns tut sie natürlich nichts«, fügte sie hinzu. »Viele junge Hexen sind hierher gekommen, um von ihr zu lernen!«
»Meine Güte, sie muss wirklich gut sein!«, sagte Tiffany.
»Sie ist erstaunlich«, fuhr Frau Fuhrmann fort. »Nur fünf Minuten war sie hier und schien bereits alles über uns zu wissen!«
»Na so was«, sagte Tiffany. Als hätte es jemand aufgeschrieben. Zweimal. Aber das wäre nicht annähernd so interessant, nicht wahr? Und wer würde glauben, dass eine echte Hexe ihr Gesicht bei Boffo gekauft hat?
»Und sie hat einen Kessel, in dem es grün blubbert«, sagte Frau Fuhrmann mit großem Stolz. »Das Zeug quillt andauernd über den Rand. Das ist richtige Hexerei, jawohl.«
»Klingt ganz danach«, entgegnete Tiffany. Keine ihr bekannte Hexe hatte mit einem Kessel jemals etwas anderes gemacht als Eintopf gekocht, aber aus irgendeinem Grund glaubten die Leute tief in ihrem Herzen, dass es in einem Hexenkessel grün blubbern sollte. Das war vermutlich der Grund dafür, warum Herr Boffo Artikel Nr. 61 im Angebot hatte: »Blubbernder grüner
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