Der Winterschmied
miteinander verwobenen Zweigen umgab sie.
»Wächst schnell, für eine Eiche«, sagte Oma. »Ich behalte sie im Auge. Aber komm jetzt, ich möchte es nicht verpassen.« Mit schnellen Schritten setzte sie sich wieder in Bewegung. Tiffany lief ihr verwundert nach.
»Was willst du nicht verpassen?«, schnaufte sie.
»Den Tanz natürlich!«
»Ist es dafür nicht zu früh?«
»Nicht hier oben. Die Tänze beginnen hier!«
Oma Wetterwachs eilte über schmale Pfade und an Gärten hinter Häusern vorbei, bis sie schließlich den Dorfplatz erreichte, der voller Leute war. Kleine Buden waren errichtet worden, und viele Menschen standen mit irgendwie hoffnungslosem und leicht verlegenem Gesicht herum, wie sie es immer tun, wenn sie ihrem Herzen folgen und etwas tun, was ihrem Verstand peinlich ist. Aber wenigstens gab es heiße Dinge an Spießen zu essen. Außerdem gab es viele weiße Hühner. Die Eier waren sehr gut, hatte Nanny Ogg gesagt, es wäre eine Schande gewesen, sie zu schlachten.
Oma ging nach vorn durch. Sie musste sich keinen Weg durch die Menge bahnen - die Leute machten ihr Platz, ohne es zu merken.
Sie waren gerade rechtzeitig eingetroffen. Ein Haufen Kinder lief die Straße entlang zur Brücke, dicht vor den Tänzern, die - vom Narren mit dem Zylinder angeführt - wie ganz einfache, normale Männer wirkten - Männer, wie Tiffany sie oft gesehen hatte, bei der Arbeit in einer Schmiede oder beim Lenken eines Karrens. Sie alle trugen weiße Kleidung, oder zumindest Sachen, die einmal weiß gewesen waren, und wie das Publikum wirkten sie ein wenig verlegen. Ihre Mienen drückten aus, dass dies eigentlich alles nur ein Spaß war und nicht zu ernst genommen werden sollte. Sie winkten sogar Leuten in der Menge zu. Tiffany sah sich um und bemerkte Fräulein Tick, Nanny und sogar Frau Ohrwurm. Es waren fast alle Hexen da, die sie kannte. Auch Annagramma, ohne ihre kleine Boffo-Ausrüstung und mit einem sehr stolzen Gesichtsausdruck.
Im vergangenen Herbst war es ganz anders, dachte Tiffany. Es war dunkel, still, ernst und geheim, das genaue Gegenteil von dem hier. Wer beobachtete den Tanz aus dem Schatten heraus?
Wer beobachtet ihn jetzt im Licht? Wer muss sich hier verstecken?
In diesem Moment nahm Oma Wetterwachs den Hut ab und setzte das Kätzchen Du auf den Boden.
Ein Trommler und ein Mann mit einem Akkordeon schoben sich durch die Menge, begleitet vom Wirt der Dorfkneipe, der acht große Krüge Bier auf einem Servierbrett trug (denn kein erwachsener Mann tanzt mit bunten Bändern am Hut und Glöckchen an der Hose vor seinen Freunden, wenn nicht die reelle Aussicht auf ein großes Bier besteht).
Als es etwas ruhiger geworden war, schlug der Trommler einige Male auf die Trommel, und der Akkordeonspieler spielte einen lang gezogenen Akkord, das offizielle Signal dafür, dass der Moriskentanz beginnt. Wer sich dann immer noch nicht aus dem Staub macht, ist selbst schuld.
Die Zwei-Mann-Kapelle legte los. Die Männer bezogen Aufstellung, jeweils zu dritt und in zwei Reihen einander gegenüber, zählten den Takt und sprangen dann in die Luft...
Tiffany drehte sich zu Oma um, während zwölf genagelte Stiefel Funken sprühend auf den Boden knallten. »Erklär mir, wie man jemandem den Schmerz nimmt«, brüllte sie gegen den Lärm des Tanzes an.
Wumm!
»Das ist schwer«, antwortete Oma, ohne den Blick von den Tänzern abzuwenden. Wumm machten die Stiefel erneut.
»Kann man ihn aus dem Körper holen?«
Wumm!
»Manchmal. Oder ihn verstecken. Oder einen Käfig dafür basteln und ihn forttragen. Aber all das ist gefährlich, und er wird dich töten, wenn du ihn nicht respektierst, junge Dame. Das ist ein undankbares Unterfangen. Du bittest mich darum, dir zu zeigen, wie man die Hand ins Maul des Löwen legt.«
Wumm!
»Ich muss es wissen, um dem Baron zu helfen. Es geht ihm sehr schlecht. Es gibt viel für mich zu tun.«
»Ist es deine Entscheidung?«, fragte Oma, während sie weiter den Tanz beobachtete.
»Ja!«
Wumm!
»Meinst du den Baron, der keine Hexen mag?«, fragte Oma. Ihr Blick wanderte über die Gesichter in der Menge. »Wer mag Hexen schon, wenn er ihre Hilfe noch nie gebraucht hat, Frau Wetterwachs?«, erwiderte Tiffany liebenswürdig.
Wumm!
»Dann wären wir quitt, Frau Wetterwachs«, fügte Tiffany hinzu. Wenn man den Winterschmied geküsst hat, dann traut man sich so einiges. Und Oma Wetterwachs lächelte, als hätte Tiffany all das getan, was sie von ihr erwartete.
»Ha!
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