Der Winterschmied
werden dabei ein wenig nervös, verstehe gar nicht warum. Und außerdem haben wir diesen prächtigen Schinken, den uns Herr Armbinder letzte Woche gegeben hat, weil wir das mit dem Eigentum des Kastanienbaums für ihn geregelt haben, und ich würde gern davon probieren.«
Eine Stunde später brach Tiffany auf, die Taschen voller Zettel für Metzger, Bäcker und Bauern in den nahen Dörfern.
Der Empfang, den man ihr bereitete, erstaunte sie ein wenig. Die Leute schienen alles für einen Scherz zu halten. »In ihrem Alter stirbt Fräulein Verrat nicht mehr«, sagte ein Metzger, während er Würstchen abwog. »Ich habe gehört, dass der Tod schon mal zu ihr gekommen ist, und sie hat ihm einfach die Tür vor der Nase zugeknallt!« »Dreizehn Dutzend Würstchen, bitte«, sagte Tiffany. »Servierfertig geliefert.«
»Bist du sicher, dass sie stirbt?«, fragte der Metzger, und Zweifel umwölkten sein Gesicht.
»Nein, aber sie ist sicher«, antwortete Tiffany.
Und der Bäcker sagte: »Weißt du denn nichts von ihrer Uhr? Sie ließ sie anfertigen, als ihr Herz starb. Sie ist eine Art aufziehbares Herz, verstehst du?«
»Wirklich?«, erwiderte Tiffany. »Aber als ihr Herz starb und sie das Uhrenherz anfertigen ließ... wie ist sie denn am Leben geblieben, während der Uhrmacher die Uhr machte?«
»Oh, natürlich durch Magie«, sagte der Bäcker.
»Aber ein Herz pumpt Blut, und Fräulein Verrats Uhr befindet sich außerhalb des Körpers«, meinte Tiffany. »Es gibt keine... Schläuche...«
»Das Blut wird mit Magie gepumpt«, sagte der Bäcker ganz langsam. Er bedachte sie mit einem sonderbaren Blick. »Wie kannst du als Hexe nichts von diesen Dingen wissen?«
So war es überall. Die Vorstellung, dass es kein Fräulein Verrat mehr geben würde, schien niemandem in den Kopf zu wollen. Sie war 113 Jahre alt, und alle meinten, man habe noch nie davon gehört, dass jemand in diesem Alter starb. Das müsse ein Witz sein, oder sie habe irgendwo ein mit ihrem eigenen Blut unterschriebenes Dokument, in dem stand, dass sie ewig leben würde. Oder sie könne nur sterben, wenn man ihr die Uhr stahl. Oder sie nenne dem Sensenmann, immer wenn er zu ihr kam, einen falschen Namen oder schicke ihn zu jemand anderem. Oder vielleicht ginge es ihr einfach gerade nicht so gut...
Als Tiffany alles erledigt hatte, fragte sie sich, ob es wirklich passieren würde. Aber Fräulein Verrat war so sicher gewesen. Und mit 113 ist das Erstaunliche ja nicht, dass man morgen stirbt, sondern dass man heute noch lebt.
Den Kopf voller düsterer Gedanken machte sich Tiffany auf den Weg zum Hexensabbat.
Ein- oder zweimal glaubte sie sich von Größten beobachtet. Sie wusste nie, auf welche Weise sie das spürte; es war eine Fähigkeit, die man sich mit der Zeit zulegte. Und man lernte auch, sich damit abzufinden, die meiste Zeit jedenfalls.
Als sie eintraf, waren die anderen jungen Hexen schon da und hatten sogar ein Feuer angezündet.
Manche Leute glauben, dass »Hexensabbat« eine Zusammenkunft von Hexen bedeutet, und so steht es tatsächlich im Wörterbuch. Aber eine bessere Bezeichnung für eine Zusammenkunft von Hexen wäre »Streit«. Wie dem auch sei, die meisten Tiffany bekannten Hexen hatten dieses Wort nie benutzt. Frau Ohrwurm hingegen benutzte es andauernd. Sie war groß und dünn und ziemlich kühl, trug eine silberne Brille an einer langen Kette und verwendete Wörter wie »Avatar« und »Sigille«. Und Annagramma, die den Hexensabbat leitete, weil sie ihn erfunden hatte und außerdem den höchsten Hut und die schärfste Stimme besaß, war ihre beste Schülerin (und auch die einzige).
Oma Wetterwachs bezeichnete das, was Frau Ohrwurm machte, als Zauberermagie im Kleid, und Annagramma schleppte immer viele Bücher und Zauberstäbe zu den Zusammenkünften. Meistens machten die Mädchen, nur damit sie Ruhe gab, bei ein paar Zeremonien mit. Der eigentliche Sinn eines Hexensabbats bestand darin, Freundinnen zu treffen - auch wenn sie nur deshalb als Freundinnen galten, weil sie die Einzigen waren, mit denen man offen reden konnte, denn immerhin hatten sie die gleichen Probleme und verstanden, worüber man klagte.
Sie trafen sich immer im Wald, auch bei Schnee. Hier lag stets genug Holz für ein Feuer herum, und natürlich
zogen sie sich ohnehin alle warm an. Selbst im Sommer mussten sie mehr Schichten Unterwäsche tragen, als man sich vorstellen kann, damit es ihnen auf dem Besen in keiner Höhe zu ungemütlich wurde, und manchmal
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