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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gnä' Frau«, sagte Herr Petersilie und zog am Korken der Flasche. »Da hockt er und krümmt sich, und ich lache ihn aus.« Der Korken löste sich. Plötzlich roch es im Zimmer nach Äpfeln.
    »Er ist schon ziemlich groß«, sagte Nanny. »Heute Abend kommt Frau Wetterwachs und nimmt ihn mit.«
    »In Ordnung, gnä' Frau«, sagte der Alte und füllte einen Becher bis zum Rand.
    »Bitte schieß nicht auf sie, ja? Das macht sie wütend.«
    Als sie aus die Hütte traten, schneite es wieder. Große, fedrige Flocken fielen - kein gutes Zeichen.
    »Ich schätze, das war's für heute«, verkündete Nanny. »Ich muss mich drüben in Schnitte um einige Dinge kümmern, aber wir machen uns morgen mit dem Besen auf den Weg.«
    »Der Pfeil, den er auf uns abgeschossen hat...«, sagte Tiffany.
    »Einbildung.« Nanny lächelte.
    »Für einen Moment sah er echt aus.«
    Nanny Ogg lachte leise. »Esme Wetterwachs kann die Leute dazu bringen, sich die erstaunlichsten Dinge einzubilden!«
    »Wie Fallen für den Tod?«
    »Ja. So verliert der alte Bursche seinen Lebenswillen nicht ganz. Er ist auf dem Weg zur Dunklen Tür. Aber wenigstens hat Esme dafür gesorgt, dass er keine Schmerzen hat.«
    »Indem sie auf seiner Schulter sitzen?«, fragte Tiffany.
    »Ja«, sagte Nanny. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln. »Esme hat den Schmerz aus seinem Körper geholt, damit er nicht leidet.«
    »Ich wusste gar nicht, dass so etwas möglich ist!«
    »Mir gelingt das nur bei Kleinigkeiten, zum Beispiel bei Zahnschmerzen und dergleichen. Esme ist darin eine wahre Meisterin. Niemand von uns ist zu stolz, sie um Hilfe zu bitten. Weißt du, sie kommt sehr gut mit Menschen zurecht. Eigentlich komisch, denn sie mag sie nicht besonders.«
    Tiffany sah zum Himmel hoch, und Nanny gehörte zu den unbequemen Personen, denen nichts entgeht.
    »Fragst du dich, ob dein Liebster vorbeikommt?«, sagte Nanny mit einem breiten Grinsen.
    »Ich bitte dich, Nanny!«, erwiderte Tiffany schockiert.
    »Aber das tust du, nicht wahr?«, beharrte Nanny, der jede Peinlichkeit fremd war. »Natürlich ist er immer da, wenn man's recht bedenkt. Du gehst durch ihn hindurch, du fühlst ihn auf der Haut, du trampelst ihn dir von den Stiefeln, bevor du ein Haus betrittst...«
    »Bitte, red nicht so«, sagte Tiffany.
    »Außerdem, was bedeutet Zeit schon für eine elementare Kraft?«, plauderte Nanny weiter. »Und ich schätze, Schneeflocken machen sich nicht selbst, erst recht nicht, wenn man die Beine und Arme richtig hinkriegen muss...«
    Sie beobachtet mich aus dem Augenwinkel, um festzustellen, ob ich rot werde, dachte Tiffany. Das weiß ich genau.
    Dann gab ihr Nanny einen Stoß in die Rippen und lachte eins ihrer Lachen, das sogar einen Felsen hätte erröten lassen.
    »Sei doch froh!«, sagte sie. »Ich hatte selbst einige Freunde, die ich mir nur zu gern von den Stiefeln getrampelt hätte!«
    Als Tiffany zu Bett ging, fand sie ein Buch unter dem Kopfkissen.
    Der Titel in feurig roten Buchstaben lautete SPIELZEUG DER LEIDENSCHAFT von Marjorie J. Leibchen. In kleinerer Schrift stand darunter: Götter und Menschen verwehrten ihnen ihre Liebe, aber sie hörten nicht darauf!!! Die qualvolle Geschichte einer stürmischen Romanze, aus der Feder der Autorin von ENTZWEITE HERZEN !!!
    Das Titelbild zeigte eine junge Frau mit dunklem Haar und recht knapper Bekleidung, wie Tiffany fand. Haare und Kleid flatterten im Wind. Die Frau wirkte wild entschlossen, aber auch ein bisschen kühl. Ein junger Mann auf einem Pferd beobachtete sie aus einiger Entfernung. Am Himmel zeigten sich die dunklen Wolken eines heranziehenden Gewitters.
    Seltsam. Im Buch klebte eine Bibliotheksmarke, und Nanny lieh sich nichts aus der Bibliothek aus. Nun, es konnte nicht schaden, noch ein wenig zu lesen, bevor sie die Kerze auspustete.
    Tiffany blätterte zur ersten Seite. Dann zur zweiten. Als sie bei Seite neunzehn anlangte, stand sie auf und holte das Ungekürzte Wörterbuch.
    Ich habe ältere Schwestern, und einiges davon weiß ich schon, dachte sie. Aber bei einigen Dingen lag Marjorie J. Leibchen auf geradezu lächerliche Weise falsch. Die Mädchen des Kreidelands liefen nicht oft vor jungen Männern weg, die reich genug waren, um ein eigenes Pferd zu besitzen - zumindest nicht für lange und nicht, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, sie einzuholen. Und Megs, die Heldin des Buches, hatte offenbar keine Ahnung von Landwirtschaft. Kein junger Mann würde sich für eine Frau interessieren, die weder

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