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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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mir Befehle erteilt – im öffentlichen Teil des Museums zu bleiben –, und sie gefielen mir nicht. Ich war es nicht gewohnt, wie ein kleiner Junge behandelt zu werden, den seine Mutter in einer der Kinderkrippen der Gesellschaft zurückließ, während sie sich mit den wichtigen und unbegreiflichen Angelegenheiten der Erwachsenen beschäftigte.
    Trotzdem war das Museum in gewisser Weise ziemlich interessant. Wie es aussah, war es von der Gesellschaft übernommen worden. Und obwohl die Fresken, die die Hauptgalerie bildeten, darauf hindeuteten, daß es ein historisches Museum des Fürstentums Neapel sein sollte, stellte sich bei genauem Betrachten der Ausstellungsstücke heraus, daß es hauptsächlich um die »Historie« Neapels gegenüber der Gesellschaft ging.
    Es ist natürlich nicht so, daß diese Herangehensweise an die Geschichte absolut unfair war. Falls es nach dem Kurzen Krieg nicht zur Intervention der Gesellschaft gekommen wäre, ist es mehr als nur denkbar, daß Neapel niemals als selbständiger Staat existiert hätte. Es war das beständige, unnachgiebige Drängen der Gesellschaft auf Demontage der Machtzentren (wie Millen Carmody selbst es gekennzeichnet hatte), das zum Entstehen von Neapel und Sizilien und Quebec und Baja California und den anderen Kleinstaaten geführt hatte. Nur die Vereinigten Staaten waren übriggeblieben, und das lag, wie ich glaube, nur daran, daß niemand den Versuch wagen wollte, einen verwundeten Tiger zu operieren. In der gereizten Stimmung, in der sich diese Nation nach dem Kurzen Krieg befand, hätte die Gesellschaft einen Vorschlag zur Abtrennung von irgendeinem der fünfzig Staaten nicht eine Minute überlebt …
    Wie gesagt, das Museum war ziemlich interessant – für jeden, der Geschmack am Schrecken findet. Es zeigte die Veränderungen des neapolitanischen Lebens während des vergangenen Jahrhunderts. Eine Rekonstruktion zeigte eine typische neapolitanische Wohnung der frühen vierziger Jahre: ein verwahrlostes Loch, vollgestopft mit zehn Menschen und einem amerikanischen GI, ein Vorbote der Expedienten, der DDT ins Bettzeug sprühte. Zum Vergleich gab es eine typische moderne Blauer-Himmel-Zuweisung der B-Kategorie – mit gewissen poetischen Freiheiten: nur die wenigsten B-Wohnungen hatten wirklich Duschen mit Duftwahl oder Autoküchen.
    Die Abteilung über Kriegsführung war jedoch die interessanteste. Sie lag weit hinten in einer großen Kammer, die im Fundament verankert war. Sie stellte eine erschreckende Auswahl von Waffen zur Schau, von einem »Tiger«, dem Panzer der Nazis, bis zum Gasgewehr der Expedienten. Alles andere, selbst der Panzer, wurden überragt von einer neun Meter hohen Höllenbombe in einem viergeschossigen Schaukasten. Ich sah sie ein zweites Mal an, irgendwie irritiert durch etwas, das ich noch nicht richtig eingeordnet hatte … ein kobaltblaues Schimmern auf dem Metall des Sprengkopfes, mit einer Andeutung des Bösen unter dem lackierten Glanz …
    Es war Kobalt. Ich beugte mich nach unten, um die Tafel mit der Erläuterung zu lesen. »Dies ist die echte Hülle der Kobaltbombe, die auf Washington geworfen worden wäre«, so las ich, »wenn der Kurze Krieg nur einen Tag länger gedauert hätte. Entsprechenden Berechnungen zufolge wäre bei einer Ladung mit einer Mark-XII-Wasserstoff-Lithium-Bombe genügend radioaktives Kobalt-60 transmutiert worden, um innerhalb von dreißig Tagen alles Leben auf der Erde auszulöschen.«
    Ich sah sie noch einmal an und erschauderte.
    Oh, sie war jetzt völlig ungefährlich. Solange die Kernverschmelzungsreaktion des Wasserstoffs das gewöhnliche Kobalt nicht in das tödliche Isotop-60 verwandelte, war es einfach nur der Stoff, der zur Legierung von Magneten und zur Herstellung von Kobaltgas verwendet wurde. Es war als Museumsstück sogar noch wertvoller denn als hochreines Metall.
    Das war ein Punkt für die Gesellschaft. Diese Gefahr hatte sie beseitigt. Niemand würde jetzt mehr die Möglichkeit haben, sie funktionsfähig zu machen und abzuschicken.
    Und wenn die Verschwörung auch über Flugzeuge und Helikopter verfügen mochte, so hatte die Gesellschaft das spaltbare Material doch viel zu streng unter Kontrolle, als daß die Rebellen eine Chance gehabt hätten. Die Superhöllenbombe würde niemals explodieren. Und das war etwas, das vielleicht mehr für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Gesellschaft bedeutete als alles andere.
    Vielleicht hatten in dieser Kontroverse beide Seiten recht. Und da

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