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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Howell
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Auftauchen sie erschreckt hatte. Sie hielt den Blick fest auf den Boden gerichtet, während sie sich aufsetzte. Erst als sie sicher war, dass sie sich ausreichend gefasst hatte, sah sie Egan an. Zu seinen Füßen zu knien und zu ihm aufzublicken, kam zwar einer Unterwerfung gleich, doch sie widerstand dem Drang, aufzustehen und ihm direkt in die Augen zu sehen. Selbst dann hätte sie zwar noch hochblicken müssen, aber es hätte wahrscheinlich zu streitlustig gewirkt. Und Egan reagierte auf jede Art von Kampfansage auf dieselbe Weise – mit seinen Fäusten.
    »Ich arbeite gern im Garten«, sagte sie. »Es beruhigt, und man schafft dabei etwas Nützliches.«
    »Diese Arbeit ist die Arbeit anderer Mädchen, solcher, die nicht von edlem Geblüt sind wie Ihr.«
    »Sie würden es gerne tun, wenn ich sie darum bitten würde, aber ich mache es wirklich sehr gern selbst. Und außerdem ist es gut, hin und wieder an die frische Luft zu kommen.«
    Sie bemühte sich, möglichst leise und ruhig zu sprechen und den Blick auf sein pockennarbiges Gesicht gerichtet zu halten. Rasch hatte sie gelernt, dass es ebenso unklug war, Egan zu verärgern wie Donnell.
    Er hatte zwar nur selten die Hand gegen sie erhoben, doch andere Frauen auf Dunncraig hatte er aus dem geringfügigsten Anlass beinahe totgeprügelt.
    Annora fragte sich, warum der Mann so brutal war. Trotz seiner Pockennarben war er nicht hässlich. Seine haselnussbraunen Augen hätten sogar schön sein können, doch sie waren so kalt, wie Annora es noch bei niemandem gesehen hatte. Egans Züge waren zwar etwas grob, aber ebenmäßig. Doch wenn er zornig war, sah er so grausam aus, dass er jeden in Angst und Schrecken versetzte, der ihm über den Weg lief. Annora bemühte sich stets nach Kräften, ihn nicht zornig zu machen.
    Wenn er nur nicht ein derart starkes Interesse an ihr gehabt hätte! Bislang hatte sie Glück gehabt, denn er hatte ihr seine Aufmerksamkeit nicht allzu intensiv aufgedrängt. Doch leider wusste sie von einigen Frauen, die auf die harte Art herausgefunden hatten, dass Egan nicht gern abgelehnt wurde und es ihm durchaus zuzutrauen war, eine Frau einfach zu überwältigen und sich zu nehmen, was er wollte. Annora fürchtete, dass ihr eines Tages dasselbe widerfahren könnte. Sie bezweifelte, dass Donnell dem Mann Einhalt gebieten oder ihn bestrafen würde, wenn er sie vergewaltigt hatte. Wenn Meggie nicht gewesen wäre, wäre sie nur wenige Wochen nach ihrer Ankunft auf Dunncraig und nur Minuten, nachdem Egan sie zum ersten Mal lüstern angegafft hatte, geflohen.
    »Das sollten sie auch; bis der Laird eine Gemahlin gefunden hat, seid Ihr hier die Lady von vornehmster Geburt.«
    »Viele Frauen von vornehmer Geburt arbeiten im Garten. Ich pflüge ja keinen Acker.«
    An der Art, wie sich seine Augen verengten, merkte Annora, dass in ihren Worten wohl mehr Schärfe gelegen hatte als beabsichtigt.
    Als Egan die dicken Arme vor der Brust verschränkte, atmete sie erleichtert auf. Diese Haltung zeigte zwar seinen Dünkel, enthielt aber keine richtige Drohung.
    »Ihr haltet Euch besser nicht zu lange in der Sonne auf, sonst werdet Ihr noch so braun und runzelig wie diese Frauen. Im Übrigen sucht Donnell nach Euch.«
    »Oh, verstehe.« Sie stand auf und wischte den Staub von den Röcken. »Soll ich für ihn wieder etwas im Dorf erledigen?«
    »Nay. Offenbar erwartet er Besuch, und Ihr sollt Euch davon überzeugen, dass alles hergerichtet ist, wie es sich für Gäste gehört.«
    »Kenne ich die Gäste? Wenn ja, würde mir das helfen bei der Entscheidung, was aufgetischt werden soll.«
    »Es sind Laird Chisholm und seine Söhne.«
    Annora schaffte es nur mit Mühe, einen abfälligen Schauder zu unterdrücken. Ian Chisholm, Laird von Dubhuisge, war ein großer, haariger, übel riechender Mann, und seine zwei grobschlächtigen Söhne waren keinen Deut besser. Er war erpicht darauf, sich mit Donnell zusammenzutun, um ihren Besitz zu vergrößern.
    Annora hatte Angst um die Clans in der Nähe, die nicht so stark und so gewalttätig waren. Sie waren bereits mehrmals von Donnell und den Chisholms überfallen worden und konnten wahrhaftig darauf verzichten, dass der Verwüstungen noch mehr wurden. Darüber hinaus fanden die drei Chisholms, dass Annora zu den Höflichkeiten gehören sollte, die Donnell seinen Gästen zuteil werden ließ. Bislang war es allerdings noch nicht dazu gekommen, und Annora hatte das Gefühl, dass sie das Egan zu verdanken hatte. Doch wahre

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