Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Howell
Vom Netzwerk:
dem Augenwinkel wahrnahm, zusammenzucken und an jeder dunklen Stelle nach diesem Menschen Ausschau halten.
    »Könnt Ihr die Tür zu Eurer Schlafkammer verriegeln?«, fragte James.
    »Aye, das tue ich meistens.«
    »Gut. Macht es Euch zur Regel.«
    Obwohl Französisch eine weiche Sprache war, klang Master Lavengeance hart und kalt. In ihm tobte noch immer der Zorn, und zwar nicht nur der, den sie normalerweise bei ihm spürte. Dieser Zorn war neu, und er war direkt gegen Egan gerichtet. Der Kerl verdiente es zwar, doch in Annora regte sich Angst um den Holzschnitzer. Egan war Donnells Stellvertreter und wahrscheinlich sein Treuester, sein Freund und Günstling. Es war nicht klug, sich die beiden zu Feinden zu machen.
    »Ihr solltet gut auf Euch aufpassen, Master Lavengeance«, sagte sie. Sie nahm ihn am Arm und zog ihn von der Stelle fort, auf der Egan bäuchlings im Gras lag.
    »Und du sollst mich Rolf nennen.« Zu gern hätte James sie seinen wahren Namen sagen hören, und zwar mit leiser, von Leidenschaft rauchiger Stimme.
    Annora errötete, doch sie nickte. »Dann nenn mich bitte auch Annora.« Sie warf einen Blick zurück auf Egan, während sie Rolf weiter zum Hintereingang des Wohn- und Wehrturms zog. »Aber nicht vor ihm oder vor Donnell, aye?«
    James blieb kurz stehen, um sich aus ihrem Griff zu befreien und sie am Arm zu nehmen, sodass er derjenige war, der sie von der Stelle wegführte, wo Egan versucht hatte, sie zu vergewaltigen. »Der hat mir bereits erklärt, dass du zu hochstehend für mich bist und Egan dich haben will.«
    Annora war von seinen Worten so verblüfft, dass sie stolperte. Sie starrte ihn ungläubig an, während er sie in den Keep führte. »Das hat Donnell gesagt? Meine Güte, ich bin wahrhaftig nicht zu hochstehend. Ich bin ein Bastard, und meine Mutter war nicht zu hochstehend, auch nicht bevor sie in Ungnade fiel. Und was Egan angeht – nun, da hat er wohl Pech.«
    Am liebsten hätte James ihr gesagt, sie solle sich bloß nichts vormachen, doch er verkniff sich diese Bemerkung. Sie zitterte nach wie vor am ganzen Körper, auch wenn ihre Stimme die Unsicherheit einer Frau am Rande der Tränen verloren hatte. Er vermutete, dass Annora entweder Egans Pläne nicht zur Gänze kannte – die ja noch weit darüber hinausgingen, als sie nur ins Bett zu zerren –, oder aber dass sie versuchte, die Wahrheit zu ignorieren, weil sie ihr zu grausam vorkam.
    Vor der Großen Halle schob er sie sanft Richtung Treppe. »Geh hinauf. Ich werde MacKay berichten, was vorgefallen ist.«
    »Hältst du das für klug?«, fragte sie und blieb auf der ersten Stufe stehen, um ihn anzusehen.
    »Es ist klug, der Erste zu sein, der es ihm erzählt. Dann hat er diese Geschichte im Kopf, wenn Egan ankommt und Gerechtigkeit oder Rache fordert. Geh nur, es wird schon gutgehen. Du hattest recht, mich daran zu hindern, ihm eine ordentliche Tracht Prügel zu verabreichen, obwohl er es wahrhaftig verdient hätte. Aber ich habe ihn aufgehalten, und dein Herr kann mir das Recht dazu nicht absprechen. Du bist Margarets Kindermädchen und keine herumhurende Magd wie Mab.«
    Selbst auf dem Weg nach oben blickte Annora immer wieder zu ihm, bis er in der Großen Halle verschwunden war. Sie wollte ihm nacheilen, sie wollte neben ihm stehen und versuchen, Donnell davon abzuhalten, zornig zu werden. Aber sie wusste, es war sinnlos. Sie hatte Donnells Zorn noch nie besonders gut beschwichtigen können. Und Rolf hatte recht – ihm die Geschichte als Erster zu erzählen, war das Beste. Das würde Egan in die Defensive drängen.
    Als sie in ihr Zimmer eintrat, um sich zu säubern und zum Abendessen umzukleiden, dachte Annora über das nach, was Donnell Rolf zufolge über sie gesagt hatte. Dass Donnell Rolf zu verstehen gegeben hatte, sie sei zu hochstehend für ihn, war schlichtweg lächerlich. Donnell betrachtete sie nicht als ein Mädchen aus vornehmem Haus stammend. Dass sie für Egan bestimmt sein sollte, beunruhigte sie zwar zutiefst, aber vielleicht war es auch nur eine List, um Rolf davon abzuhalten, um sie zu werben. Schließlich fand Donnell sie als Meggies Kindermädchen recht nützlich.
    Aber wenn Egan sie beanpruchte, würde sie auf Dunncraig bleiben, dachte sie und begann zu frieren. Bei diesem Gedanken wurde ihr so kalt, dass sie zu zittern begann. Je mehr sie darüber nachdachte, desto größer wurde ihre Angst, dass Donnell und Egan Pläne für sie hatten.
    Plötzlich vertrieb Wut die Angst, die noch immer von Egans

Weitere Kostenlose Bücher