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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Howell
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seinem Gesicht zeigte. Außerdem war eine tiefe Verachtung in ihm, obwohl seine Stimme leise und höflich klang.
    Plötzlich rieb sich Master Lavengeance den Mund, als müsse er nachdenken, und sagte dann hastig etwas auf Französisch. Beinahe hätte sich Annora an ihrer Grütze verschluckt. Sie warf einen Blick auf Donnell, doch der hatte seiner leichten Verwirrung nach zu schließen keine Ahnung, wie übel er soeben beleidigt worden war. Es kostete Annora die größte Kraft, nicht über die groben Worte zu erröten, die Master Lavengeance mit seiner tiefen, ruhigen, höflichen Stimme geäußert hatte. Der Mann verabscheute Donnell so sehr, dass sie sich fragte, warum er sich überhaupt auf Dunncraig aufhielt. Wie konnte er für jemanden arbeiten, den er so abgrundtief hasste?
    »Verflixt und zugenäht«, murrte Donnell, dann warf er einen finsteren Blick auf Annora. »Was hat er gesagt? Übersteigen die Dinge, die ich von ihm verlange, seine Fähigkeiten? Na komm schon, du verstehst ihn doch, oder?«
    Annora nahm erst einmal einen großen Schluck Ziegenmilch, um nicht dem Drang nachzugeben, Master Lavengeance’ Beleidigungen Wort für Wort zu wiederholen. Wahrscheinlich hätte es Donnell dann nicht dabei belassen, den Mann grün und blau zu schlagen. Vielleicht liebte er seine Mutter ja nicht besonders, doch bestimmt wollte er nicht, dass jemand behauptete, sie habe sich mit Ziegenböcken eingelassen. Schließlich beschloss sie, Donnell ein paar der Dinge zu sagen, die ihr durch den Kopf gegangen waren, als sie von seinen großartigen Plänen gehört hatte.
    »Master Lavengeance hat sich nur gefragt, ob die Stühle durch das Muster, das Ihr auf der Rückenlehne haben wollt, nicht unbequem werden.« Aus dem Augenwinkel heraus sah sie eine leichte Belustigung in Master Lavengeance’ Blick. »Es könnte vielleicht ein klein bisschen uneben sein, oder?«
    Donnell runzelte die Stirn, offenbar vergeblich bemüht, sich vorzustellen, was genau er eigentlich haben wollte. »Hm, das wäre natürlich nicht gut. Ich überlasse Euch die Verzierung«, erklärte er schließlich, an Master Lavengeance gewandt. »Doch ich erwarte, dass Ihr mir zeigt, was Ihr plant. Und was hat er noch gesagt?«, fragte er Annora. »Das war doch bestimmt nicht alles, er hat ja ziemlich viel von sich gegeben.«
    Na ja, er hat noch gesagt, dass er glaubt, dass dein Vater die Hure des Königs gewesen sei, ging ihr durch den Kopf, doch sie meinte nur: »Er hat gesagt, dass Ihr entscheiden müsst, ob Ihr schweres Holz haben wollt oder leichtes.«
    »Schweres. Ich will stabile Stühle.« Donnells Miene verfinsterte sich, offenbar ging ihm gerade erst auf, dass er Annoras Hilfe erbitten musste, um einem schlichten Holzschnitzer seine Wünsche verständlich zu machen. »Woher kennst du überhaupt diese Sprache? Wozu braucht ein kleines Mädchen so etwas?«
    »Vermutlich brauchte ich es nicht wirklich«, erwiderte sie in dem Versuch, seine Verärgerung einzudämmen. »Aber als Kind lebte ich bei meinen Großeltern und hatte dort einen Freund namens Mungo. Seine Mutter war Französin.« Die Erinnerung an Lady Aimée stimmte Annora traurig, aber sie war auch tröstlich, denn die Frau war sehr freundlich zu ihr gewesen, und Freundlichkeit war ihr als Kind nicht oft zuteilgeworden. »Sie hat mir die Sprache beigebracht.«
    »Wahrscheinlich hat sie jemanden haben wollen, mit dem sie sich unterhalten konnte. In der Muttersprache lässt es sich leichter klatschen.«
    »Aye, wahrscheinlich war das so.«
    Froh, dass Donnells Grimm sich gelegt hatte und er sich nun wieder ganz Master Lavengeance widmete, beendete Annora ihre Mahlzeit. Sie zog sich auch von dem Handwerker zurück, dessen Groll gegen Donnell zwar verständlich war, aber es war ihr unangenehm, wenn sie ihn so deutlich zu spüren bekam. Sie hatte wahrhaftig genügend eigene Schwierigkeiten. Sobald sie mit dem Essen fertig war, entschuldigte sie sich und stand auf, um zu gehen. Doch Donnell packte sie am Arm. Annora verspannte sich, sie hatte Angst, dass sie jetzt gleich teuer dafür würde bezahlen müssen, etwas zu können, was ihr Cousin nicht konnte. Als sie merkte, wie sich Master Lavengeance ebenfalls verspannte, zwang sie sich, seinem Blick möglichst gleichgültig zu begegnen und ihm zu verstehen zu geben, dass es sinnlos, ja gefährlich wäre, Donnell an etwas zu hindern, was dieser vorhatte.
    »Am besten geht Ihr nicht zu weit weg, Cousine«, sagte Donnell. »Vielleicht brauche ich Euch bald

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