Der Wolfsmann
und wollte Sadagar herbeirufen, damit er seine Messer holen konnte, als ihn das Geheul herumfahren ließ.
Der Wolf war tot! Es gab keinen Zweifel daran. Und doch stieß er noch im Tod ein Heulen aus, das durch Mark und Bein ging.
Mythor trennte seinen Kopf mit einem Schlag vom Leib. Immer noch hallte das Heulen in der Straße nach.
»Er ruft die anderen!« schrie Nottr. Wie ein Sturmwind brach er aus dem Hauseingang und sah sich nach allen Richtungen um. »Wir müssen fort! Hier sind wir keinen Augenblick länger sicher!«
Mythor zögerte nicht. Sadagar erschien mit Kalathee an der Hand und riss seine drei Messer aus dem Hals des Wolfes. Die Gefährten begannen zu rennen. Die Richtung spielte keine Rolle, nur zum Marktplatz durften sie nicht.
Noch bevor sie die nächste Seitenstraße erreicht hatten, sahen sie drei Schatten.
»Es hat keinen Sinn!« brüllte Nottr. »Wir werden mit ihnen nicht fertig! Hier hinein!«
Er rannte auf die nächste offene Tür zu und wartete, bis die anderen an ihm vorbei waren, dicht gefolgt von den schwarzen Wölfen. Er schlug die schwere Holztür zu und verriegelte sie von innen. Wütendes Geheul drang von außen ins Haus. Krallen scharrten an der Tür, und schwere Körper warfen sich dagegen.
»Sie werden durch die Fenster kommen!« rief Mythor. »Wir haben keine Zeit, sie zu verbarrikadieren. Lauft die Treppen hinauf! Wir müssen bis nach ganz oben!«
»Da sitzen wir ebenso in der Falle wie vorhin!« kam es von Nottr.
»Wir müssen aufs Dach und irgendwie in andere Häuser kommen!«
Sie rannten die Stufen hinauf. Im zweiten Stockwerk angelangt, blieb Mythor an einem Fenster stehen und sah auf die Straße hinab.
Mindestens ein Dutzend der schwarzen Schatten wüteten dort unten. Und immer weitere kamen heran, aus allen Richtungen.
Unten zersplitterten die dünnen Fensterläden. Mythor hastete den Freunden hinterher. Die Jäger waren ihnen dicht auf den Fersen. Das oberste Geschoß!
Am Treppendurchgang befand sich eine massive Klappe. Mythor warf sie zu, nachdem er als letzter oben angelangt war - fast schon auf die Köpfe der Wölfe. Er stellte sich darauf und spürte, wie etwas mit ungestümer Kraft von unten dagegen drückte. Allein konnte er die Wölfe nicht zurückhalten.
»Sadagar!« rief er. »Komm her und stell dich neben mich. Kalathee, du auch. Zusammen werden wir schwer genug sein. Nottr, hol einen Schrank oder was du gerade findest. Nur muss es schwer sein!«
»Ich sehe kaum meine Hände vor den Augen!« brüllte Nottr. Er entdeckte dennoch eine Truhe und schob sie mit Hilfe der zupackenden Männer auf die Klappe. Eine Öffnung entstand genau zwischen Mythors und Kalathees Füßen. Holzspäne flogen aus der Platte. Eine schwarze Pranke schob sich hindurch.
Mythor schlug mit der flachen Klinge zu. Das Heulen und Bellen wurde nur noch wütender. Kalathee hielt sich die Ohren zu. Sie zitterte am ganzen Körper.
»Das Holz ist morsch! Wir brauchen noch etwas, Nottr!« Mythor schob die schwere Truhe über die in die Platte gerissene Öffnung. »Sadagar, geh mit ihm!«
Nur zögernd setzte sich der Steinmann in Bewegung. Er und Nottr verschwanden in einem der angrenzenden Räume und kamen kurz darauf ächzend mit einem Schrank zurück. Sie schoben ihn neben die Truhe.
»Das müsste reichen«, sagte Mythor. Er zog Kalathee mit sich. Die beiden Möbelstücke bedeckten die Platte, die sich nun nur noch um ein kleines Stückchen hob und senkte. »Es hält sie auf, bis wir einen Weg aufs Dach gefunden haben.«
Kalathees Augen schimmerten in der Dunkelheit, aber sie hielt die Tränen zurück. Ihre Handflächen waren nassgeschwitzt. Mythor fragte sich, wie lange das tapfere Mädchen diese Nervenbelastung noch ertragen konnte. Auch wenn er ihre Liebe nicht erwiderte, war sie für ihn wie eine Schwester geworden, eine kleine, zarte Schwester, und er gäbe vieles dafür, ihr das, was noch auf sie zukommen würde, ersparen zu können.
Es gab keinen Weg aus der besetzten Stadt heraus. Weder für Kalathee noch für Mythor, Nottr und Sadagar.
Mythor schätzte, dass seit dem Erscheinen Corchwlls acht Stunden vergangen waren. Die Hälfte dieser Zeit hatten sie mit Warten auf einen einsam daherkommenden Wolf verbracht und sich die Köpfe über ihre Situation zerbrochen.
»Wir müssen uns einen Unterschlupf für den Tag suchen«, sagte er.
»Warum?« wollte Nottr wissen. »Wir können die Wölfe am Tag genauso gut jagen wie bei Nacht, wenn nicht besser! Sie sind
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