Der Wolfsmann
dieser Insel des Schweigens.
Mythor wandte sich an Sadagar. »Du hast lange nicht mehr gezaubert, wie du das nennst. Kannst du die drei Caer mit einem Trick in den Hausflur locken?«
»Ich habe lange nicht mehr gezaubert, wie du das nennst«, flüsterte Sadagar, nicht gerade begeistert von Mythors Vorschlag.
»Nur ein paar plumpe Tricks, um sie fürs erste zu verwirren, so dass sie nicht gleich nach den anderen schreien. Wir verstecken uns hier und überwältigen sie, wenn du Hilfe brauchst.« Lächelnd fügte Mythor hinzu: »Wir passen schon auf, dass dir nichts passiert.«
Sadagar verstand. Und die Aussicht darauf, ein paar stolze Caer narren zu können, ließ ihn zaghaft nicken.
»Allerdings könnten sie mich erkennen.« Er blickte an seiner Kleidung hinab. »Nicht viele Männer laufen so herum wie ich.«
»Ich sagte doch, dass wir aufpassen. Beschwöre den Kleinen Nadomir, sage ihnen, dass du ihre Zukunft voraussagen kannst, was weiß ich. Die Caer sind empfänglich für Magie.«
Und können bestimmt besser als alle anderen zwischen echter und falscher Magie unterscheiden, las er in Sadagars Blick. Doch wieder nickte der Steinmann.
»Fahrna, wie sehr fehlst du mir«, seufzte er halblaut. Er grinste gequält. »Ich will's versuchen, aber versprechen kann ich nichts.«
»Das erwartet niemand«, sagte Mythor.
Der Steinmann holte tief Luft, rückte sich die Samtjacke zurecht und holte einen kleinen Beutel aus seiner Innentasche, den er im Ärmel verschwinden ließ. Dann trat er aus dem Schatten des Eingangs.
Die Caer sahen ihn sofort. Einen Augenblick standen sie wie erstarrt da, dann fuhren ihre Arme mit den Schwertern in die Höhe. Einer von ihnen drehte sich um und legte die Hände an den Mund, wie um etwas zu brüllen.
Sadagar rief schnell: »Haltet ein, stolze Krieger von Caer! Es ist eine Fügung der Götter, dass ich euch fand, bevor die Geister, die ihr heraufbeschworen habt, auch euch verschlingen konnten!«
Der mit den Händen am Mund drehte sich langsam um. Die beiden anderen waren mit schnellen Schritten bei Sadagar und bedrohten ihn mit den Schwertern.
Sadagar zwang sich dazu, sich nicht umzudrehen, um sich zu vergewissern, dass die Gefährten ihm Rückendeckung gaben. Er hätte sie nicht sehen können - allenfalls verraten. Er musste dies allein durchstehen.
Unmerklich bewegte er die Finger der linken Hand. Eine schwarze Rauchwolke schien ihn im nächsten Augenblick einzuhüllen. Die Caer wichen einen Schritt zurück.
Ihre Mienen waren unverändert finster, als der Spuk vorbei war. Andere wären bei dem kleinen Schauspiel in alle Winde davongerannt. Sie nicht.
Wieder sah Sadagar die Spitzen der Schwerter auf sich gerichtet. Zwei Caer standen neben, der dritte vor ihm. »Wer bist du?« fragte der Krieger. »Wie kommst du in die Geisterstadt? Du bist nicht von hier!«
»Wahrlich, das bin ich nicht«, antwortete Sadagar mit gekünstelt klingender Stimme. Seine Hände hoben sich wie von unsichtbaren Fäden gezogen, und mit ausgestreckten Fingern beschrieb er Kreise in der Luft, von denen er hoffte, dass sie magisch wirkten. »Der Kleine Nadomir führte mich in diese Stadt, und nun weiß ich, dass es richtig war, auf ihn zu hören. Ihr befindet euch in großer Gefahr. Ihr und eure Kameraden.«
Sadagar zwang sich dazu, die Schwerter zu missachten, und blickte in den klaren Himmel. Er zitterte leicht und hoffte inbrünstig, die Caer merkten ihm nichts an. Wenn sie nur nicht nach Verstärkung schrien!
»Der. was?« fragte der Mann vor ihm ungehalten. »Wenn du versuchst, uns zum Narren zu halten, dann.«
»Er sagte mir, dass ihr mit einem Schiff gekommen seid, um zu sehen, ob die magische Waffe des großen Drudin Erfolg hatte. Er sagte mir, dass Drudin euch schickte. Er sagte mir, dass...«
Sadagar zuckte zusammen und riss die Augen weit auf, als ob das, was nur er am Himmel sehen konnte, ihm gerade eine schreckliche Eröffnung gemacht habe.
Unwillkürlich blickten zwei der Krieger ebenfalls zum Himmel auf. Natürlich war da nichts zu entdecken.
»Hör zu!« begann der Caer wieder, doch erneut unterbrach Sadagar ihn. Er stieß einen unterdrückten Schrei des Entsetzens aus.
»Es ist näher, als ich glaubte! Ihr müsst eure Kameraden warnen! Euch bleibt nicht viel Zeit! Nadomir, zeige mir die Zukunft! Öffne das magische Tor!«
Bei diesen letzten Worten hatte Sadagar die Handflächen so gedreht, als wolle er irgend etwas auffangen, was im nächsten Augenblick vom Himmel fallen sollte.
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