Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
nach allem, was passiert ist, in keiner sehr vertrauensseligen Stimmung. Ich habe ihm versprochen, nicht von ihrer Seite zu weichen.«
Und dir vertraut er?, dachte Raisa. Das ist ja was ganz Neues.
Magret stand da, stemmte die Hände in die Hüften und warf Han einen Blick unverhüllter Feindseligkeit zu.
»Eure Hoheit, bitte«, sagte Lord Vega. »Sicherlich möchtet Ihr doch nicht, dass dieser junge Mann zusieht, während wir …«
»Er bleibt«, bestimmte Raisa mit einem Seufzer und fügte im Stillen hinzu: Ich kann mich ruhig jetzt schon daran gewöhnen, dass ich keine Privatsphäre mehr habe.
Trotzdem brannten ihre Wangen, als Lord Vega das Band um ihren Nacken löste und das Mieder herunterzog. Der Magierheiler versuchte, dafür zu sorgen, dass sich sein Körper stets zwischen Han und Raisa befand, aber Han bewegte sich so geschickt, dass er die Hände des Heilers sehen konnte und dessen Zaubersprüche hörte. Sein Gesicht war wieder so ausdruckslos wie das einer Skulptur.
Vega und seine Gehilfen warfen alle einen Blick auf die Verletzung.
»Wie zu sehen ist«, sagte der Magier zu ihnen, während er nach wie vor versuchte, Han die Sicht zu nehmen, »hat das Geschoss die Haut nicht verletzt, also besteht selbst dann keine Gefahr für das Leben der Königin, wenn seine Spitze vergiftet gewesen sein sollte. Die Rüstung hat das Geschoss offenbar aufgehalten, allerdings hat die Wucht des Treffers eine beträchtliche Prellung verursacht.« Er sah Raisa an. »Ist das Geschoss aus nächster Nähe gekommen?«
Sie nickte. »Ich schätze, es waren nicht mehr als zwanzig Fuß Entfernung.«
»Dann hattet Ihr großes Glück, dass Ihr diese Rüstung getragen habt, Eure Hoheit«, sagte Vega. Er nahm Raisas Brustharnisch, wog ihn in den Händen und musterte dabei die Delle, die von dem Geschoss stammte. »Erstaunlich leicht, aber mit Magie versehen, um alles außer den stärksten Geschossen und Schlägen abwehren zu können. Ich vermute, die Kupferköpfe haben die Rüstung hergestellt.«
»Er ist clangefertigt«, bestätigte Raisa. »Ich muss mich bei Fire Dancer dafür bedanken, dass er mir das Leben gerettet hat.«
»Passt gut auf«, wandte sich Lord Vega wieder an seine Gehilfen. Er legte seine Hände auf die Prellung und sprach eine magische Formel. Han beugte sich etwas näher heran und neigte leicht den Kopf, damit er besser hören konnte. Er ignorierte Vegas finsteren Blick.
Innerhalb weniger Augenblicke ließ der Schmerz in Raisas Brust nach, und die violette Schwellung wurde kleiner.
»Danke, Lord Vega«, sagte sie und ließ die Schultern kreisen, um ihre Bewegungsfähigkeit zu prüfen. »Das ist beachtlich. Ich hoffe, Ihr müsst dadurch keine allzu schlimmen Nachwirkungen ertragen.«
»Das ist meine Berufung, Eure Hoheit«, erwiderte Vega bescheiden. »Natürlich muss ich dafür einen persönlichen Preis zahlen, aber für Euch opfere ich gern meine Gesundheit.«
Unwillkürlich sah Raisa Han an, der ihretwegen beinahe sein Leben geopfert hätte. Und es vielleicht inzwischen bereute.
Lord Vega und seine Gehilfen untersuchten auch die Verletzung am Rücken, die von dem Überfall im Marisa-Pines-Pass stammte. Wenn sie so weitermachte, würde sie schon bald genauso viele Narben haben wie Han Alister.
»Darf ich fragen, wie diese Wunde behandelt worden ist, Eure Hoheit?«, fragte Lord Vega und tastete mit seinen kühlen Fingern über den oberen Teil ihres Rückens. Der Magier war bemerkenswert gut darin, irgendwelche eingesickerte Macht aufzuspüren.
Aber vielleicht versuchte er auch nur, sich von seiner besten Seite zu zeigen, weil Han anwesend war.
»Ich bin im Marisa-Pines-Camp behandelt worden«, sagte Raisa. »Von Willo Song, einer Clan-Heilerin.«
»Es verheilt gut«, gestand Vega widerwillig zu und drückte auf die Wunde. »Auch wenn ich nicht dafür bin, sich in den Camps behandeln zu lassen, abgesehen von einem Notfall. Es ist schwer vorherzusehen, welche Wirkung die Kräuter haben, die sie dort benutzen. Und nicht nur das – wenn die Kupferköpfe sich erst einmal in eine Krankheit oder Verletzung eingemischt haben, kann es möglicherweise für einen an der Akademie ausgebildeten Magier schwieriger werden, eine treffende Diagnose zu stellen und das Problem zu behandeln.«
»Ich werde es mir merken«, erwiderte Raisa, zog ihr Mieder wieder hoch und band es im Nacken zu. Magret legte ihr einen dicken Schal um die Schultern, um sie noch etwas mehr zu bedecken.
»Gibt es sonst noch etwas? Ich
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