Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
getötet und verbrannt worden«, sagte Magret und starrte Han immer noch finster an. »Du bist ein Fluchbringer. Versuch nicht, mir einzureden, du würdest nicht wissen, was mit ihm passiert ist.«
»Das will ich auch gar nicht«, erwiderte Han. Der Blick seiner blauen Augen war geradewegs auf Magrets Gesicht gerichtet. »Ich weiß, was mit ihm passiert ist. Er ist von Magiern getötet worden, die nach mir gesucht haben. Daher war es tatsächlich mein Fehler, auch wenn es nie meine Absicht gewesen ist.« Er gab keine Entschuldigungen von sich, ja, machte nicht einmal den Versuch, sich zu verteidigen.
Magret stand wie versteinert da. Ihr Mund war so fest zusammengepresst, als müsste sie sich Mühe geben, Worte zurückzuhalten.
»Wenn Ihr mehr wissen wollt – ich kenne da ein Mädchen … sie war damals sein Streetlord«, sagte Han. »Ich kann sie bitten, mit Euch zu sprechen.«
»Ich will deine Hilfe nicht«, antwortete Magret heftig. »Ich will mit überhaupt keiner Straßenratte sprechen. Ich will, dass du verschwindest, damit ich mich in Ruhe um Prinzessin Raisa kümmern kann.«
Sie alle zuckten zusammen und drehten sich um, als Amon Byrne am Türrahmen klopfte. »Eure Hoheit«, sagte er entschuldigend. »Tut mir leid, dass ich Euch stören muss, aber die Tür war offen, daher …«
»Komm rein, Amon.« Raisa war erleichtert, dass sich die Spannung im Raum etwas auflöste. »Es geht mir gut. Dancers Rüstung hat mir das Leben gerettet. Habt ihr irgendetwas gefunden?«
Amon warf einen prüfenden Blick in den Flur, dann schloss er sorgfältig die Tür hinter sich und trat zu ihr. Er hielt einen Armbrustbolzen zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Spitze war sorgfältig mit Musselin umwickelt. »Nightwalker hat das hier gefunden. Dieser Bolzen hat eine panzerbrechende Spitze, die speziell dafür gedacht ist, eine Rüstung tödlich zu durchbohren. Ist in etwa so gewöhnlich wie Unkraut auf der Straße, ganz abgesehen davon, dass –« er drehte den Bolzen in der Hand herum – »die Spitze vergiftet ist. Ich möchte, dass Willo sich den Bolzen ansieht und herausfindet, ob es das gleiche Gift ist wie beim ersten Mal.«
»Gute Idee«, sagte Raisa trocken. »Es wäre interessant zu wissen, ob die gleichen Leute schon wieder versucht haben, mich zu töten, oder ob es diesmal eine ganz andere Gruppe war.«
»Um wen auch immer es sich handelt, es scheint, als habe er nur diesen einen Schuss abgegeben und ist dann weggerannt«, berichtete Amon. »Die Wachen und die Demonai sind immer noch auf der Suche, aber ich mache mir keine allzu großen Hoffnungen.«
Raisa sah Magret an. Ihre Zofe warf Han erneut einen scharfen Blick zu, schüttelte dann den Kopf und legte den Finger an die Lippen.
»Magret«, sagte Raisa erschöpft. »Ob es dir gefällt oder nicht, Han ist zu meinem Schutz hier. Er hat mir bereits einmal das Leben gerettet, vielleicht sogar zweimal. Wir müssen ihm vertrauen. Angesichts dessen, was bei Lord Bayar und dem Magierrat vorgeht, brauchen wir jemanden mit der Gabe.«
»Da wir gerade von den Bayars sprechen – Micah ist draußen«, warf Amon ein. »Er wartet seit mehr als einer Stunde und akzeptiert auch kein Nein. Er besteht darauf, dich zu sehen und sich davon überzeugen zu können, dass du gesund und wohlauf bist. Hayden Fire Dancer leistet ihm Gesellschaft.« Er lächelte schwach – das erste Lächeln, das Raisa bei ihm seit einer ganzen Weile sah.
»Ich werde ihm ein Nein geben, das er versteht«, knurrte Magret und drehte sich zur Tür um. »Dieser hinterhältige, intrigante Abschaum.« Es schien ihr zu gefallen, einen neuen Magier zu haben, auf den sie ihren Zorn richten konnte.
»Nein.« Raisa hielt eine Hand hoch, um sie davon abzuhalten. »Lass ihn rein. Vielleicht verrät er uns durch seine Reaktion etwas. Finden wir heraus, was er weiß.«
Han straffte die Schultern und wechselte einen Blick mit Amon. Raisa musterte die beiden stirnrunzelnd. Irgendetwas hatte sich zwischen ihnen verändert, irgendeine Barriere war verschwunden. Sie kamen ihr fast verschwörerisch vor. Und sie war sich nicht sicher, ob ihr das gefiel.
»Ihr habt aber doch wohl nicht vor, ihn in diesem Aufzug zu empfangen, Eure Hoheit!«, rief Magret entsetzt.
»Oh, bringen wir es einfach hinter uns«, erwiderte Raisa mürrisch.
»In Ordnung. Ich hole ihn, Hoheit.« Amon ging wieder hinaus.
»Allerdings werde ich ihn nicht im Liegen wie eine Kranke empfangen«, sagte Raisa. Sie setzte sich auf und stellte ihre
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