Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
hinunter, dass sein warmer Atem auf ihrer Haut kitzelte. »Ich hatte recht. Das hier ist keine gute Idee, und es wird auch nicht wieder vorkommen.« Er bewegte sich lautlos zur Verbindungstür. »Gute Nacht, Hoheit«, sprachen seine stummen Lippen, bevor sich die Tür hinter ihm mit einem leisen Klicken schloss.
Bei den Gebeinen, dachte Raisa und fühlte, wie ihr die Enttäuschung wie ein mächtiger Felsbrocken im Magen lag. Niemand verhielt sich noch normal.
Sie stand auf, richtete ihren Morgenrock und wartete darauf, dass das Blut aufhörte, durch ihre Adern zu rasen. In den Schatten des Feuerscheins bewegten sich Silhouetten, und das Licht spiegelte sich in goldenen Augen und auf weißen Zähnen.
Natürlich, dachte sie unglücklich. Eine Gefahr für das Geschlecht. Alles, was ich tue oder möchte, ist eine Gefahr für das Geschlecht.
Sie ging zur Tür, die zum Korridor führte, entriegelte sie und trat einige Schritte zurück. »Also gut«, rief sie zu der Bediensteten draußen. Ihre Stimme klang jetzt fast wieder normal. »Du kannst es jetzt reinbringen.«
Die Tür schwang auf, und eine große, breitschultrige Frau in einer schlecht sitzenden blauen Uniform trat ein, in den Händen ein Tablett, das mit einer Serviette bedeckt war. Eine Frau, die Raisa nicht kannte. Der Blick der Soldatin wanderte rasch durch das Zimmer, dann machte sie einen Schritt nach vorn und zur Seite. Zwei Männer kamen hinter ihr zum Vorschein, beide mit Schwertern bewaffnet.
Sie stürzten auf Raisa zu, während die Frau das Tablett laut klappernd auf den Tisch stellte. Sie drehte sich um und verriegelte die Tür hinter sich, dann holte sie zwei Messer unter der Serviette hervor. Eines für jede Hand.
Plötzlich erschien Raisa alles verlangsamt wie in einem Traum, als wären ihre Füße auf dem Boden festgewurzelt. Sie wollte schreien, aber die Schreie blieben ihr im Hals stecken. Die beiden Schwertkämpfer kamen jetzt von links und rechts auf sie zu; sie lächelten, denn sie wussten, dass sie – nachdem die Frau die Tür verriegelt hatte – alle Zeit der Welt besaßen, um ihre Arbeit zu beenden. Selbst dann, wenn Raisa um Hilfe rufen sollte.
Sie würden bei ihr sein, noch bevor sie die Tür zu Han’s Gemächern aufreißen konnte, vorausgesetzt, dass sie nicht ohnehin verschlossen war. Raisa flüchtete schreiend in ihr Schlafzimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Nur mit Mühe schaffte sie es, den Riegel vorzuschieben, bevor sie einen Satz zurück machte, als Klingen durch das splitternde Holz drangen.
Dimitris Stock stand in einer Ecke ihres Zimmers, und Raisa packte ihn und hielt ihn waagerecht vor ihren Körper, als der Türriegel nachgab.
Dem ersten Mann, der durch die Tür kam, schlug sie das Ende des Stocks ins Gesicht. Ein befriedigendes nasses Knirschen verriet, dass der Stock sein Ziel gefunden hatte; der Mann ließ sein Schwert fallen und sackte wie ein Stein zu Boden, während er sich mit beiden Händen das Gesicht hielt. Doch bevor Raisa ihren Stock wieder in Position bringen konnte, waren die anderen beiden schon im Zimmer.
Die Frau ließ ihre Messer fallen und nahm das Schwert ihres gefallenen Kameraden auf. Wieder kamen sie von beiden Seiten auf sie zu. Obwohl der Stock lang und Raisa kampfgeübt war, würde sie sich nicht gegen zwei Feinde auf einmal verteidigen können.
Raisa schrie weiter um Hilfe, stieß erst in Richtung des ersten Attentäters und dann in die des zweiten, um sie auf Abstand zu halten und so außerhalb der Reichweite ihrer Klingen zu bleiben. Wo war ihre Wache? Wo waren Talia und Trey? Sie sollten doch gleich draußen im Korridor sein. Wieso reagierten sie nicht?
Und dann tauchte Han hinter den Angreifern in der Tür auf; von Licht umrahmt hielt er die eine Hand am Amulett, die andere ausgestreckt, als wäre er der Dämonenkönig persönlich. Mit kalter, tödlicher Stimme sprach er einen Zauberspruch.
Bei dem Geräusch zuckten die Attentäter zusammen und drehten sich um.
Ein Flammenstoß zischte vorwärts und umhüllte den vorderen Soldaten. Der Mann schrie und hüpfte in einem makaberen Tanz umher, während er auf seine brennende Kleidung einschlug.
Abgelenkt von dem, was ihrem Kameraden gerade zustieß, drehte sich die Frau halb um, und Raisa nutzte die Gelegenheit, um ihr den Stock in die Kehle zu rammen – ein tödlicher Stoß, den sie von Amon gelernt hatte. Die Attentäterin sackte in sich zusammen. Als sie auf dem Boden lag, war ihr Kopf auf seltsame Weise
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