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Der Wolfsthron: Roman

Der Wolfsthron: Roman

Titel: Der Wolfsthron: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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Frage gerechnet. »Ich habe Marianna bereits nach Art der Alten Bräuche betrauert. Ich habe mit Averill gesprochen. Er versteht das – und ich hoffe, Ihr tut das auch.«
    »Natürlich«, sagte Raisa verwirrt. »Aber …«
    »Hoheit?« Han’s Stimme unterbrach ihr Gespräch. Raisa sah auf und stellte fest, dass Han und Dancer bereits auf ihren Pferden saßen.
    Dancer winkte kurz und galoppierte über die Hügelkuppe davon. Er würde vorausreiten und eine Stelle finden, von der aus er sowohl die Bayars als auch die anderen anwesenden Magier im Blick haben würde, um mögliche magische Angriffe zu vereiteln.
    Han saß aufrecht auf seinem Pferd; sein Gesicht wirkte so kalt und reglos und bleich, als wäre es aus Marmor. Lediglich seine lebhaften blauen Augen sorgten für etwas Farbe. Er trug den schwarz-silbernen, bemalten und bestickten Umhang, den Willo für ihn angefertigt hatte. Metallfarbene Schlangen wanden sich an den Ärmeln entlang bis zur Schulter, und auf den Stolen standen sich ein grauer Wolf und ein Rabe gegenüber. Den Rücken zierte eine Grauwolfkrone, durch die ein von einer Schlange umschlungener Magierstab ragte.
    Was hat denn das zu bedeuten?, fragte Raisa sich. Han war ein Gewöhnlicher, er konnte kein Familienwappen besitzen. Allerdings kam es vor, dass sich Gewöhnliche selbst ein Wappen erschufen, wenn sie in der Gesellschaft aufstiegen.
    Nur hatte Han bisher nicht den Eindruck erweckt, als wäre er einer von denen, die sich aus solchen Dingen etwas machten.
    Der graue Wolf war wohl das Symbol dafür, dass er in ihrem Dienst stand. Aber wieso sollte er ausgerechnet jene Verpflichtung verkünden, die er doch als so lästig empfand? Außerdem musste er über all das mit Willo gesprochen haben, und zwar schon vor einiger Zeit. Erneut überkam sie das Gefühl, wie eine Marionette an Fäden zu hängen, die jemand anderes in der Hand hielt.
    »Hoheit?«, fragte Han noch einmal. Es klang immer noch eigenartig, wenn er das sagte. Er wies mit dem Kopf zur Hügelkuppe. »Seid Ihr so weit?«
    Raisa schaffte es, sich trotz des zusätzlichen Gewichts der Rüstung in den Sattel zu hieven. Das Pferd hüpfte ein bisschen, als es die unerwartete Last spürte.
    »Ja«, sagte Raisa und wappnete sich. »Gehen wir.«

KAPITEL VIERUNDZWANZIG
    Abschied
    H an starrte vom gerade erst umbenannten Marianna-Gipfel hinunter auf die Begräbnisstätte und die Vorbereitungen, die dort im Gange waren. Er konnte einige bunte Flecken ausmachen. Das leuchtende Blau der Blaujacken tüpfelte sich um etwas herum, das vermutlich das bescheidene Grab von Hauptmann Edon Byrne war.
    Han hätte seine Pläne gern vorab mit Korporal Byrne abgesprochen. Er war eine Blaujacke, die er gern hinter sich wusste.
    Er hätte auch gern die Möglichkeit gehabt, Crows Gehirn vorab anzuzapfen – um seinen Rat einzuholen. Es war ein Fehler gewesen, ihn gerade in dem Moment so zu überraschen, in dem er seine Hilfe am dringendsten brauchte. Er war sich nicht sicher, ob er ihn jemals wiedersehen würde.
    Han dachte daran, was seine Mam immer gesagt hatte: Wenn Wünsche Pferde wären, würden Bettler reiten.
    Vom Pavillon der Demonai wehte das Banner mit dem lidlosen Auge, aber die Demonai selbst hatten sich oberhalb des Podests versammelt, wo sie wie das Braun und Hellgrün des frühlingshaften Waldes wirkten. Auch Bird war irgendwo da unten.
    Sie hatte ihn überrascht, als sie sich Reid Demonai entgegengestellt hatte. Sie war schon immer willensstark und eigensinnig gewesen, und er vermutete, dass diese Eigenschaften leicht zu einem Bruch mit Nightwalker führen konnten. Es würde interessant sein zu beobachten, wie es mit den beiden wohl weiterging.
    Na ja. Ganz so interessant nun auch wieder nicht. Was zwischen Bird und Nightwalker lief, ging ihn nichts an.
    Über dem Pavillon, in dem sich vermutlich Prinzessin Mellony aufhielt, flatterte das Grauwolf-Banner im Wind. Der Magierrat hatte seinen eigenen Pavillon, auf dem sich das Emblem des Hohemagiers befand – Flamme und Schwert.
    Der Anblick dieser Zelte erinnerte Han an feindliche Lager, die einander gegenüberstanden, fast wie jene, die er im vom Krieg gezeichneten Arden gesehen hatte. Er erinnerte sich auch an das, was Crow ihm über Wirkungen gesagt hatte: Wenn man an der Stelle, an welcher der größte Effekt eintreten wird, ein bisschen mehr Druck ausübt, war viel zu erreichen. Die tausend Jahre alten Fehler zogen bis heute ihre Risse durch die Bevölkerungsgruppen der Fells – aber sie

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