Der Wolfsthron: Roman
entfernte sich.
Nightwalker sah ihm stirnrunzelnd nach, dann wandte er sich an Night Bird. Seine Miene wurde wieder weicher. »Night Bird, bitte kümmere dich darum, ob unsere Unterkünfte in der Gäste-Lodge vorbereitet sind, und sorge dafür, dass unsere Ponys heute Nacht versorgt sind. Und dann noch etwas.« Er beugte sich näher zu ihr hin und sprach so leise, dass Raisa es nicht verstehen konnte. Er lächelte Night Bird an, und sie lächelte zurück, und dann schritt sie mit neuem Schwung davon.
Nun, ein wenig ist sie wohl doch verzaubert, berichtigte Raisa sich im Stillen.
Nightwalker wartete, bis sie weit genug weg war, um nichts mehr hören zu können, dann sagte er zu Raisa: »Korporal Byrne scheint die Geschichte von Hunts Alone zu glauben.«
Es hatte Raisa selbst überrascht, dass Amon derart für Han eingetreten war, aber sie wollte sich nichts anmerken lassen. »Sein Vater ist von den Männern ermordet worden, die mich angegriffen haben. Wenn Korporal Byrne davon überzeugt ist, dass Han die Wahrheit sagt, sollte dir das vielleicht Beweis genug sein.« Nun, da sie allein waren, benutzte sie wieder die informelle Anrede, das vertraute Du.
»Bitte, nicht wütend werden, Hoheit«, sagte Nightwalker und lächelte reuevoll. »Du weißt, dass ich Magiern nicht gerade Liebe entgegenbringe. Ich bin dazu erzogen worden, ihnen zu misstrauen, und nichts, was sie während deiner Abwesenheit getan haben, hat dieses Misstrauen beschwichtigt. Die Situation hat sich von einer schlechten zu einer noch schlechteren entwickelt. Sicherlich hast du davon gehört, wie Königin Marianna die Nachfolge geändert und dich beiseitegeschoben hat.«
»Nun«, sagte Raisa, und ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, »nicht so genau.«
Nightwalker zögerte. »Schlecht von den Toten zu sprechen ist nicht angemessen, und man kann auch nicht genau wissen, was ihre Absicht war. Vielleicht konnte sie nicht anders – immerhin hat sie unter dem Einfluss von Bayar gestanden. Aber vielleicht hat sie auch nach einer Erbin gesucht, die mehr wie eine aus den Flatlands aussieht.«
Raisa stellte sich auf die Zehenspitzen und packte Nightwalker vorn an seinem Umhang, während sie sein Gesicht heftig zu sich herunterzog. »Du hast nicht das Recht, so etwas zu sagen!« Tränen brannten in ihren Augen. »Du hast keinen blassen Schimmer von den Absichten meiner Mutter!«
Nightwalker wich ein bisschen zurück; er starrte Raisa an, als würde er ihr Gesicht zum ersten Mal richtig sehen. Für einen Moment blickten sie einander nur schweigend an, der Demonai-Krieger und die Erbprinzessin.
»Thorn Rose«, sagte er schließlich. »Ich muss mich erneut entschuldigen. Es scheint, als hätte ich deine Gefühle bezüglich der Königin falsch eingeschätzt, besonders nach dem, was vor einem Jahr passiert ist. Ich muss besser zuhören, bevor ich spreche. Dies sind schwierige Zeiten für uns alle.«
»Darauf zumindest können wir uns einigen«, sagte Raisa und ließ Nightwalkers Umhang wieder los.
Nightwalker wollte sich nach wie vor unbedingt erklären. »In den letzten Monaten sind unsere Dörfer auf den unteren Hängen mehrmals von den Fluchbringern überfallen worden.«
»Wieso sollten Amulettschwinger die Dörfer angreifen?«, fragte Raisa.
»Die Clans haben den Handel mit magischen Gegenständen – Amuletten, Talismanen und so weiter – eingestellt«, erklärte Nightwalker mit grimmiger Befriedigung. »Unsere Demonai-Schmiede stellen sie nicht mehr her, sondern widmen ihre Kunstfertigkeiten jetzt anderen Waren. In Anbetracht ihrer sonstigen Handlungen kann man zweifellos davon ausgehen, dass die Magier sich auf einen Krieg gegen uns vorbereiten. Sie versuchen, die Dörfer zu zerstören und dabei so viele magische Waffen wie möglich zu bekommen, um ihre Waffenkammern füllen zu können.«
»Aber in den Dörfern werden doch keine Amulette aufbewahrt, oder?«, fragte Raisa. »Was sollten die Bewohner auch damit? Sie werden hauptsächlich in Marisa Pines gehandelt.«
»Das wissen die Fluchbringer aber nicht«, sagte Nightwalker. »Es hat mehr und mehr Übergriffe auf die Spirits gegeben, und sie haben mehr und mehr Druck ausgeübt. Lord Averill und ich, wir bemühen uns darum, den Dörfern besseren Schutz zu bieten, aber die Demonai sind weit zerstreut. Du kannst dir also vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als ich davon hörte, dass du angegriffen worden bist. Es tut mir leid, Thorn Rose, aber ich bin nicht in der Stimmung, schönen Worten
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