Der Wolfsthron: Roman
Sie seufzte. »Ich wünschte, die Dinge lägen anders, Willo«, sagte sie leise, was für ihre Verhältnisse einer Entschuldigung überraschend nahe kam. »Ich wünschte, wir müssten in einer Zeit, in der wir Verluste zu betrauern haben, nicht gegen Magier kämpfen.«
Averill und Elena verließen gemeinsam den Raum. Willo drehte sich um und sah die anderen bedeutungsvoll an, während sie auffordernd mit einem Fuß auf den Boden trommelte.
Dancer hob den Kopf. »Mutter. Lass mich nur einen Augenblick allein mit Hunts Alone reden«, sagte er. »Danach gehe ich.« Er setzte sich auf den Stuhl neben Han’s Pritsche, den Amon freigemacht hatte.
»Ich werde auch bleiben«, sagte Cat Tyburn und ließ sich beim Feuer nieder. Raisa hatte ihre Anwesenheit fast vergessen.
»Han«, sagte Raisa leise. Er sah nicht auf. »Ich möchte nur, dass du weißt …«
Aber er schüttelte den Kopf und streckte ihr beide Handflächen abwehrend entgegen, als würde er sie aus der Tür schieben wollen.
Aber Raisa wollte nicht gehen. Sie wollte Han nicht mit diesem schrecklichen, leeren, einsamen Gesichtsausdruck allein lassen. Auch wenn sie selbst die Verantwortung für diesen Gesichtsausdruck trug.
Draußen im Vorraum schlüpfte sie in ihren Umhang und trat mit Amon ins glitzernde Sonnenlicht. Im Laufe der Nacht hatte es wieder geschneit, und sie musste die Röcke anheben, damit sie nicht über den frischen Schnee schleiften.
»Alister tut mir leid«, sagte Amon. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber es ist tatsächlich so. Er steht ziemlich unter Druck, weil er sich etwas einfallen lassen muss. Und wenn irgendetwas schiefgeht, wird es so aussehen, als wäre es sein Fehler.«
Amon nahm Raisa beim Arm und führte sie in Richtung des Hauptgebäudes, der Gemeinschafts-Lodge. »Sobald ich aus der Stadt zurück bin, werde ich mich mit ihm zusammensetzen und versuchen, gemeinsam einen Plan zu deinem Schutz zu erarbeiten.« Sie gingen ein halbes Dutzend Schritte weiter, ehe er sagte: »Es wäre leichter, wenn du an der Gedenkfeier deiner Mutter nicht teilnehmen würdest.«
»Ich weiß. Aber ich muss es tun.« Sie machte eine Pause. »Ich wünschte, du müsstest nicht nach Fellsmarch reiten. Nach allem, was passiert ist, möchte ich am liebsten niemanden von denen, die ich liebe, aus den Augen lassen.«
Amons Schritt wurde verhaltener. »Das geht mir genauso, Rai«, sagte er. »Ich bin verantwortlich für deine Sicherheit. Aber ich kann meine Arbeit nicht machen, wenn ich die ganze Zeit an deiner Seite angekettet bin.«
Er sah nach vorn und zog ein Gesicht. Nun, eigentlich war es eher so, dass er die Stirn runzelte und die Lippen etwas anspannte, aber Raisa kannte Amon sehr gut.
»Sieh mal einer an, wer da kommt«, sagte er. »Du wirst zweifellos in guten Händen sein.«
Der Marktplatz in der Mitte des Camps war voller Menschen. Eine Gruppe von Reitern saß gerade vor dem Hauptgebäude ab, wie immer von einer Schar Kinder und Neugieriger umringt. Raisa erkannte die Pferde – die besten Bergponys, die die Clans zu bieten hatten – und auch die unverwechselbare Winterkleidung. Um den Hals der Männer und Frauen hing das flammende, lidlose Auge.
Demonai, dachte Raisa und machte die große Gestalt von Reid Nightwalker aus. Es musste sich um jene Krieger handeln, die in Fellsmarch einquartiert worden waren und ihrem Vater als Wache gedient hatten.
Reid kam zu ihnen, nachdem er die Zügel seines Pferdes einer Kriegerin übergeben hatte, einem Mädchen, das Raisa als Digging Bird kannte. Sie war unter den Demonai-Kriegern gewesen, die Raisa und Amon auf dem Weg nach Odenford vor Robbie Sloat und den anderen abtrünnigen Wachen gerettet hatten. Jetzt trug auch Digging Bird ein Demonai-Amulett.
»Eure Hoheit!«, rief Nightwalker, und sein erleichtertes Lächeln glättete die scharfen Linien seines Gesichtes. »Oder sollte ich sagen, Eure Majestät? Als ich Euch das letzte Mal gesehen habe, wart Ihr todkrank. Ich bin froh, dass Ihr wohlauf seid und wieder umhergehen könnt.«
Er sank vor Raisa auf ein Knie und führte seine Faust an die Stirn. »Die Demonai sind bereit, Euch zu dienen, Thorn Rose«, sagte er und hob den Kopf, um sie anzusehen. »Wir werden unbarmherzig gegen diejenigen kämpfen, die versucht haben, Euch zu töten, und weiterhin das Reich bedrohen.«
Anmutig wie ein Raubtier erhob sich Nightwalker wieder. Eulenfedern und Silberstücke glitzerten in seinen Zöpfen, und sein Umhang und seine
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