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Der Wolfstrank

Der Wolfstrank

Titel: Der Wolfstrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht mehr in der Lage, eine Antwort zu geben. Was sie gehört hatte, kam ihr unfassbar vor. Ein Wolf war ein Wolf, und ein Mensch war ein Mensch.
    »Warum sagst du nichts, Großmutter?«
    Marlene schluckte. »Was ist nur los mit dir, Kind? Himmel, ich kann es nicht begreifen.«
    »Nichts ist los. Ich bin normal.«
    »Nein, das bist du nicht. Du bist nicht mehr die Lucy, die ich kenne. Es muss etwas anderes sein. Bisher habe ich dich immer verstanden. Deine Eltern sind für zwei Jahre ins Ausland gegangen, und ich habe dich gern aufgenommen. Du bist in meinem etwas langweiligen Leben so etwas wie der Sonnenschein gewesen. Oder bist es noch. Aber nun begreife ich dich nicht, Kind.«
    »Das ist doch so einfach, Großmutter. Der Wolf ist mein Freund. Ich kann ihn verstehen. Er mag mich...«
    »Und du magst ihn?«
    »Ja.« Lucy griff wieder zum Glas und trank. Sie lächelte dabei und stellte das Glas weg, als es leer war. »Es ist Mitternacht, Großmutter.«
    »Das weiß ich. Deshalb wird es auch Zeit für dich.«
    »Stimmt genau.«
    »Dann geh ins Bett und...«
    Marlene sprach nicht weiter, weil ihre Enkelin den Kopf schüttelte. »Nein, Großmutter, ich werde nicht ins Bett gehen. Auf keinen Fall tue ich das. Ich weiß, dass ich erwartet werde. Jemand wird noch zu mir kommen.«
    »Wer denn?«, fragte Marlene King, obwohl sie sich die Antwort denken konnte.
    »Nicht der Wolf!«
    »Doch!«
    Ein Wort hatte gereicht. Es wirkte wie eine Initialzündung, denn plötzlich hörten beide das Heulen vor der Haustür...
    ***
    Keiner der beiden bildete sich das Heulen ein. Es war ein schrecklicher und in die Länge gezogener Laut, der auch von der Tür und von den Wänden nicht aufgehalten werden konnte. Er drang an die Ohren der beiden Menschen, die in der Küche standen und sich nicht vom Fleck bewegten. Sie schienen beide zu Stein geworden zu sein, aber nur eine lächelte, Lucy.
    »Er ist da, Großmutter!«
    Marlene sagte nichts.
    »Hörst du ihn?«
    »Ja!« Die Antwort klang gepresst. »Er ist ja nicht zu überhören, Kind.
    »Ich will, dass du... das du...«
    »Er ist gekommen, um mich zu holen. Ich freue mich auf ihn.«
    Marlene King wollte nicht, dass Lucy ging. Deshalb schritt sie bis zur Küchentür zurück und baute sich dort breitarmig auf. »Ich lasse dich nicht gehen, Kind. Ich schaue nicht zu, wie du mit offenen Augen in dein Verderben läufst. Nein, das kannst du von mir nicht verlangen, tut mir Leid.«
    »Ich laufe nicht in mein Verderben, Großmutter. Ich gehe in die Zukunft.«
    »Auf keinen Fall!«
    »Doch, Großmutter. Und du kannst mich nicht daran hindern!«
    Bei den letzten Worten hatte sich der Ton verschärft.
    Das kannte Marlene nicht. So hatte Lucy noch nie mit ihr gesprochen. Sie standen sich plötzlich gegenüber wie zwei Fremde, und Marlene spürte, wie es eiskalt ihren Rücken hinabrann. Mit so einer Veränderung hatte sie nicht rechnen können, und sie merkte, wie ihr Herz wesentlich schneller schlug als normal. Ein leichter Schwindel überfiel sie, der sie zur Seite taumeln ließ. Sie musste sich an der Kante des Schranks festhalten, um das Gleichgewicht halten zu können. Lucy stand noch vor ihr. Sie drehte sich, und die Küche drehte sich mit. Das Gesicht ihrer Enkelin hatte sich verändert und dabei jeglichen Liebreiz verloren. Es wirkte plötzlich hart und kantig und zugleich entschlossen. Lucy hatte sich vorgenommen, den Weg zu gehen, und niemand würde sie davon abhalten können.
    Vor der Tür erklang wieder das Heulen. Ein klagender Laut wehte gegen den Himmel und verklang im Dunkel der Nacht. Für Lucy war es eine Aufforderung, endlich zu gehen, und die befolgte sie auch.
    Marlene tat nichts. Das Heulen war so nah, und trotzdem kam es ihr weit entfernt vor. Es hüllte sie ein, füllte all ihr Denken aus, und sie wollte etwas hm, aber sie konnte es nicht.
    Es war nicht genügend Platz für Lucy, die sich dann Platz schaffte und ihre Großmutter durch einen leichten Druck der Hand einfach zur Seite schob.
    So hatte sie freie Bahn.
    Marlene kam sich wie in einem bösen Traum gefangen vor. Sie drehte sich mühsam und blickte auf den Rücken ihrer Enkelin, die sich der Haustür näherte. Jetzt gab es niemanden mehr, der sie aufhalten konnte, und auch der leise Ruf stoppte sie nicht.
    Marlene King überkam die Angst wie ein gewaltiger Schlag. Sie verfolgte den Weg ihrer Enkelin. Lucy tänzelte wie jemand, der sich auf ein bestimmtes Ereignis freut.
    »Nicht, Lucy, du darfst nicht

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