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Der Wolkenatlas (German Edition)

Der Wolkenatlas (German Edition)

Titel: Der Wolkenatlas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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kuckte mich an un sagte, ich hab dich im Auge, Zachry , aber belln tat er nich. Napes hatte die Tür weit aufgelassen damit sie Licht hatten, drum war nix am Kwietschen wie ich auf Zehnspitzen hinterher bin. Bei den schattenhaften schummrichen Brettern wo die ältesten Abbilder standen, hörte ich Napes leise murmeln. Ich hatts doch gewusst, Geheims un Verrat! Ich schlich näher ran um zu hörn wasses zu hörn gab.
    Aber Napes prahlte nur von Truman, dem Pa von seim Opa, ja, derselbe Truman der Dritte wo auf Big I un hier auf Maui immer noch durch die Geschichten wandert. Sah aus als wie wenn Meronym neugierich war, weil Napes zeigte ihr Truman dem Dritten sein Abbild un war damit am Prahln wie sein Verwanter aus frühern Zeiten aufn Mauna Kea raufgestiegen war, ja, die alte abgekaute Fabel. So, wenn ihr jungen Leute Truman Napes seine Geschichte noch nich kennt, wirds höchste Zeit, drum bleibt schön sitzen, hört brav zu un gebt mir das verdammte Kraut rüber.
     
    Truman Napes war n Sammler in ner Zeit wo in dem einn oder andern Krater noch Zeug von den Alten vor sich hinmülln tat. Eins Morgens wuks ne Idee in seim Kopf wo sagte, die Alten hätten vielleicht oben aufm Mauna Kea wertvolles Zeug versteckt. Die Idee wurd größer un größer bis Truman am Abend beschloss den unheimlichen Berg zu besteigen un nachzukucken, un das gleich am näksten Tag. Seine Frau sagte, du bist verrückt, aufm Mauna Kea is nix wie Old Georgie un seine ummauerten Tempel. Da kommst du gar nich rein außer wenn du schon tot bist un deine Seele ihm gehört . Aber Truman sagte bloß, geh ins Bett, du verrücktes altes Weib, in deim krummen Geisterglauben is nich n Fünkchen Wahr drin. Dann legte er sich schlafen un im Morgengraun machte er sich aufn Weg durchs Waipio Tal.
    Drei volle Tage wanderte un kletterte der mutiche Truman un erlebte allerlei Abenteuer wo ich jetz keine Zeit hab zu erzähln, aber er tat sie alle überleben un erreichte den Furcht erregnden geisterhaften Gipfel wo man von überall auf Big I sehn kann, un von so hoch oben in den Wolken war die Welt unten nich mehr zu erkennen. Aschegrau wars da oben, ja, nich ein Fleckchen Grün un ne Milljon Winde rissen an ihm wie tollwütiche Dingos. Nach ner Weile kam Truman an ne wundersame Mauer aus Eisenstein, meilenlang un höher wie n Mammutbaum, wo einmal um den ganzen Gipfel rum führte. N ganzen Tag ging Truman an der Mauer lang un suchte nach ner Bresche, weil man konnte weder drüber wechklettern noch sich drunter durchgraben, un jetz ratet mal, was er kurz vorm Dunkelwerden endecken tat? N Mann aus Hawi, ja, mit ner Kapuze vorm Gesicht zum Schützen vorm Wind wo mit übergeschlagnen Beinen hinter nem Stein saß un ne Feife rauchte. Der Hawi war auch n Sammler un ausm selben Grund aufm Mauna Kea wie Truman, is das nich n dolles Ding? Un weils da oben so alleinsam war, beschlossen Truman un der Hawi sich zusammzutun un bei allem was sie fanden zu halbe-halben.
    Na, schon im näksten Augnblick tat Truman sein Glück sich wenden, ja. Ob durch Clever oder durch n Zauber konnte er nich sagen, aber die dicken Wolken wurden dünn un wässrich un das gebogne Stahltor in der Mauer fing zu zittern an un ging mit nem gewaltichen Ächzen ganz von selber auf. Durch das Tor sah unser Held n Haufen unheimlicher Tempel, genau wies die alten Fabeln erzähln, aber Truman hatte keine Angst, nee, er wurd ganz jieprich wie er an das viele kostbare Zeug dachte wo sich da drinnen verbarg. Er klopfte dem Hawi auf die Schulter un sagte, jo ho ho, wir sind reicher als wie die Könige un Senatorn vorm Untergang, Bruder Hawi! Doch wenn er so war wie sein Ururenkel, heckte er bestimmt schon n Plan aus wie er die Beute ganz für sich allein behalten konnt.
    Aber der Hawimann freute sich nich, nee, er sprach ernst durchdie Kapuze durch, Talbruder, für mich is endlich Schlafenszeit.
    Truman Napes verstand nich. Wie meinst du das, die Sonne is doch noch gar nich unten? Ich bin noch nich so müde, also warum du?
    Doch der Hawi ging ohne ein Wort durch das düstre Tor. Truman war ganz durchnander un rief, s is noch keine Zeit zum Schlafen, Bruder Hawi! S is Zeit zum nachm boah kostbarn Zeug von den Alten stöbern!, un er folgte seim Partner auf den stillen Grund. Überall lagen verwaksne schwarze Steine un der Himmel war schwarz un aufgerissen. Der Hawi sank auf die Knie un betete. Auf einmal zog der Wind mit seiner kalten Hand dem Hawi die Kapuze wech, un Truman tats fast das Herz gefriern. Sein

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