Der Wolkenatlas (German Edition)
geht um Andern schaden oder nich schaden. Was sie dann sagte, war n Spießerdurch meine Eingeweide. Hast du nich selber auch n Geheim dem sein ‹ganzes Wahr› du vor alln verbergen tust, Zachry?
Auf einmal wurd mir ganz schwummrich im Kopf. Woher wusste sie von Sloosha’s Crossin’? Das war Jahre her! Warn die Prescients am gemeinsame Sache mit den Kona machen? Hatten sie irgnen Clever wo sich tief in andrer Leute Gedanken reinbohrn tat un dunkle Schanden ausgrub? Ich schwieg.
Ich schwörs, Zachry , sagte sie, ich gelobe bei Sonmi …
Fernländische un Wilde tun gar nich an Sonmi glauben, schrie ich sie an, drum hätt sie nich das Recht ihrn Namen in ihrn dreckichen Mund zu nehmn!
Meronym sprach so ruhich un leise wie immer. Nein, ich würd mich irrn, sagte sie, sie würde wohl an Sonmi glauben, ja, sogar mehr als wie ich selber, aber wenns mir lieber wär, würd sie n Gelübde auf ihrn Sohn Anafi ablegen. Un so schwor sie auf sein Glück un sein Leben dass kein Prescient den Talleuten irgnwas Böses antun will un dass die Prescients meinn Stamm vielviel höher achten als wie ich wissen tu. Wenn sie mir das ganze Wahr sagen könnt, schwor sie, dann würd sies tun.
Dann ging sie un nahm ihrn Sieg mit.
Ich blieb noch ne Weile un besuchte Pa sein Abbild. Wie ich sein in Holz geschnitztes Gesicht ankuckte, sah ich sein Gesicht im Waipio Fluss. Oh, heiße Tränen aus Scham un Trauer flossen aus mir raus. Der Oberste vom Bailey Haus sollt ich sein, aber ich hatt nich mehr Bestimm als wie n ängstliches Lämmchen un mein Grips war so kwick wie n Kanickel inner Falle.
Bring mir n Beweis, Talmann , hatte die Äbtissin gesagt, oder behalt deine Meinung für dich , un so tat ich an nix anders mehr denken als wie ich an meinn Beweis rankam, un wenns nich auf ehrliche Art ging, na, dann musst ich ihn eben klaun. N paar Tage später war meine Familje mit Meronym bei Tante Bees, weil die Schiffsfrau wollte Honig machen lernen. Ich kam früh vom Hüten zurück, ja, die Sonne stand noch über den Kohalas, un ich schleichte mich ins Zimmer von unserm Gast un suchte nach ihrer Tasche. Hat nich lang gedauert, die Schiffsfrau hatte sie unter den Bohlen versteckt. Es warn kleine Geschenke drin, so wie die wo sie uns am ersten Tag in unserm Haus gegeben hatte, aber auch n bisschen Cleverzeug. N paar Schachteln wo nich klappern taten aber auch keinn Deckel hatten sodass ich sie nich aufkriegte, n unheimliches Werkzeug wo ich nich kannte, dünn un glatt wie n Schienbein von ner Ziege aber grau un schwer wie Lavastein, zwei Paar gut gemachte Stiefel un drei-vier Bücher mit gemalten Bildern un Schreib in geheimer Prescientsprache drin. Ich weiß nich wo die Bilder gemalt warn, jednfalls nich auf Big I, weils warn Flanzen un Vögel drauf wo ich noch nich mal im Traum gesehn hatte. Aber s Wundersamste kam zum Schluss.
S war n silbernes Ei, groß wie n Babbakopf mit Beulen un Malen drin wo man seine Finger reintun konnte. So dick un schwer wars dass eim richtich unheimlich wurd, un rollen konnt mans auch nich. Ich weiß, das hört sich nich vernümftich an, aber Fabeln über die Alten ihr Clever un fliegende Häuser un Babbas wo in Flaschen waksen un Bilder wo die ganze Welt drauf is sind auch nich vernümftich, un doch hats das alles gegeben, so sagens die Geschichtenmänner un die alten Bücher. Ich legte das Silberei in meine Hand rein unds fing leise an zu summen un zu leuchten so wie wenns lebendich wär. Zackzack tat ichs wechlegen, un es wurd wieder still un stumf. Wars die Wärme von meinn Händen wo es wecken tat?
So hungrich war meine Neugier dass ichs wieder aufhob, aber diesmal zitterte das warme Ei bis n flimmriches Geistermädchen rauskam! Ja, n Geistermädchen, genau über dem Ei, so wahr wie ich hier sitzen tu, ihr Kopf un Hals warn wie n Spiegelbild im Mondwasser un sie redete ! Da hab ich Angst gekriegt un hab die Hände von dem Ei genommn, aber das Geistermädchen blieb da, ja.
Was sie gemacht hat? Nix wie reden reden reden, so wie ich mit euch jetz. Aber sie war kein normaler Geschichtenmann, nee, sie redete in der Sprache von den Alten un führte auch nix vor, bloß auf Fragen tat sie antworten, von nem Mann mit leiser Stimme wo aber selber sein Gesicht nich zeigte. Auf jedes Wort wo ich verstand kamn fümf-seks wo ich nich verstand. Die Lippen von dem Geistermädchen warn zu nem bittren Lächeln verzogen, aber ihre samften Augen warn traurich, ganzganz traurich un doch auch stolz un stark. Wie ich genuch
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