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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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Glashand!«
    Sie war makellos: Die Knochen, die Muskeln, selbst die Poren der Haut bestanden aus glattem, modelliertem Glas, und feine Stränge aus glanzlosem grauen Metall durchzogen sie anstelle von Venen und Arterien.
    Erneut zuckte der Schimmer von der anderen Seite des Hofs herüber. Mr Bradley bestaunte weiter die Glashand, doch Pen schob sich an ihm vorbei und ging auf die Lichtquelle zu. Ein leises Geräusch wie ein Keuchen segelte durch die Dunkelheit: kurze hektische Atemzüge, und Pen fühlte, wie ihr Puls sich beschleunigte.
    Wieder der Schimmer, und jetzt endlich konnte Pen die Quelle ausmachen. Sie fing an zu rennen, dann ließ sie sich neben ihr auf die Knie fallen.
    Es war eine Frau aus Glas, und sie wandte mit weit aufgerissenen Augen den Kopf, so als spürte sie, dass Pen bei ihr war, könnte sie jedoch nicht sehen. Beide Beine und ein Arm waren nur noch splittrige kurze Stümpfe, umgeben von glitzerndem Staub, als wären die Glieder zu Pulver zermahlen worden. Durch die transparente Haut konnte Pen ihre Lunge sehen. Jedes Mal wenn sie atmete, pressten die Lungenflügel sich zusammen, und ihr Glasherz schlug, und mit jedem Herzschlag glühten die Drähte auf, die sich durch ihren Körper zogen.
    »Alles in Ordnung«, hörte Pen sich flüstern. Ganz offensichtlich war überhaupt nichts in Ordnung, aber sie wusste nicht, was sie sonst hätte sagen sollen. Sie sprach besänftigend wie zu einem kleinen Kind, hob behutsam den Kopf der zerbrochenen Frau und ergriff ihre verbliebene Hand. Sie war glatt und hart und entließ ihre Wärme rasch an die umgebende Luft. »Wir sind jetzt hier«, sagte Pen sacht, »wir helfen Ihnen.« Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie diese Hilfe aussehen sollte.
    Mit einem jähen Ruck setzte die Frau sich auf. Sie öffnete den Mund, sperrte ihn auf, sodass Pen ihre gläsernen Mandeln sah. Ihre Augen waren weit aufgerissen, als würde sie schreien. Sie brachte keinen Ton heraus, flackerte stattdessen gleißende Blitze.
    Pen war geblendet. Die Welt verging in grobkörniger Dunkelheit. Sie tastete nach der Frau, und etwas schnappte nach ihrem Finger. Sie fühlte Blut. Sie hörte das Klirren, als die Frau zurücksackte, ihr eigener Atem ging panisch.
    Dann brüllte Mr Bradley: »Parva!«
    Pen stolperte durch die Finsternis auf seine Stimme zu, schrie wieder und wieder: »Mr B! Mr B!« Ihre Stimme klang dünn und verschreckt.
    »Parva!« Er war ganz in der Nähe; sie hörte sein Keuchen in der Stille der Nacht. »Parva, mein Bein … «
    Sie war jetzt nah genug, um seine Gestalt auszumachen, die mit dem Gesicht nach unten auf dem Asphalt lag. Etwas hatte sich um seinen Knöchel geschlungen: eine Aderpresse aus Stacheldraht. Ein Strang spannte sich bis zu einem nahe gelegenen Gully und verschwand in dessen düsterem Schlund. Pen hockte sich hin und zog daran, doch der Draht war stramm um das Bein gewickelt. Ihre Finger waren jetzt blutverschmiert.
    Urplötzlich ging ein Ruck durch Mr Bradley – der Draht begann ihn rückwärts über das Pflaster zu zerren. Er brüllte vor Schmerz, während er über den Boden rutschte, sich hin und her warf, um auf dem Asphalt irgendwo Halt zu finden. Hektisch blickte Pen sich nach etwas um, mit dem sie ihn losschneiden konnte. Unsinnigerweise klopfte sie ihre Taschen ab, so als würde sie ständig eine Drahtschere mit sich herumtragen.
    »Durchhalten, M-Mr B, gleich, halten Sie durch. Ich – «
    Orangerotes Licht flammte auf, durchbrach die Dunkelheit wie eine plötzliche Morgenröte. Pen starrte es mit offenem Mund an, während es über die zertrümmerte Brücke heranstürmte und im Näherkommen zu einer menschlichen Gestalt verschmolz. Sie hechtete aus dem Weg, als die Gestalt von der Brücke sprang und leichtfüßig auf dem Beton landete. Es war eine weitere Frau, der ersten ähnlich, wenn auch nicht ihr Ebenbild – eine Schwester vielleicht – , und das Feuer in ihrem Innern brannte weitaus stärker. Die Frau streckte eine Hand nach Mr Bradley aus, dann bog sie ihre glühenden Finger in einer herrischen Geste.
    Mit einem ekelerregenden schmatzenden Geräusch lösten sich die im Licht der Frau glimmenden Widerhaken zäh aus dem Fleisch. Die Drahtstränge zitterten, so als kämpften sie gegen irgendeine verborgene magnetische Kraft.
    Die Glasfrau krümmte jetzt ihre Finger wie Klauen, den Rücken vor Anstrengung gebeugt. Ganze Ranken von Stacheldraht wanden sich widerwillig aus dem Gully, Meter um Meter, mit zentimeterlangen glühenden

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