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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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doch mit allem versorgt?«
    »Natürlich.« Vandura zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Welcher Hochmut in der Stimme! Welche Herablassung! »Sie sollten so schnell wie möglich eine Venographie machen lassen.«
    »Vielleicht –« Zemmitz ärgerte sich. Er macht Vorschläge, ausgerechnet er. Als wenn ich ein Famulus wäre. Schieben Sie mal das Hemd hoch. Na, was sehen Sie? Nichts? Ich auch nicht, haha! »Ich danke Ihnen, Herr Kollege?« sagte er steif.
    »Noch etwas!« Vandura genoß es, diesen Satz zu sprechen. »Machen Sie mal bei Hellersen einen ›Wassermann‹. Sie werden sich wundern, wie herrlich positiv er ist –«
    Ohne Zemmitz' Antwort abzuwarten, legte er auf. Als er sich umdrehte, stand Katja hinter ihm. Er hatte sie nicht kommen hören.
    »Und nun?« fragte sie mit fast kindlicher Stimme. »Wie geht es weiter?«
    »Ich werde deinen Namen beim Gesundheitsamt melden müssen. Es besteht eine Meldepflicht für alle Syphilisfälle.«
    »Mit Namen?«
    »Noch nicht. Vorerst nur als Fall, für statistische Zwecke. Aber wenn er sich weigert, sich behandeln zu lassen, muß ich auch den Namen nennen. Man wird ihn dann zwingen.«
    »Und ich werde auch registriert …«
    Vandura schwieg. Aber dieses Schweigen war Antwort genug. Alle bekannten Kontaktpersonen, schreibt das Gesetz vor. Also auch Katja – und er, Dr. Vandura –
    »Das ist unmöglich«, sagte sie heiser. »Völlig unmöglich. So etwas spricht sich 'rum … Du kennst nicht die geheimen Drähte hier in Grünwald. Du lebst hinter deinen hohen Hecken und in deinem Labor wie in einer anderen Welt. Hier ist die Sensation das tägliche Brot, der Klatsch süßer als Tokaierwein. O Gott, ist das furchtbar …«
    Sie lehnte sich an ihn und schlug die Hände vors Gesicht. In der Eingangshalle hörten sie die laute Stimme des Gärtners.
    »Elfriede! Elfriede! Der gnädige Herr will einen Tee! Wo ist die gnädige Frau?«
    »Ich habe Angst!« stotterte Katja und hielt sich an Vandura fest. »Hol mich hier 'raus … Wenn du mich liebst – rette mich vor diesem Scheusal –«
    »Er wird Wochen brauchen, um wieder wie früher zu sein. Ich nehme an, Zemmitz holt ihn in seine Klinik. Er kann nicht mehr ohne ärztliche Aufsicht leben – nicht die nächsten vier Wochen –«
    Aber Dr. Vandura irrte sich.
    Dr. Zemmitz ließ Hellersen zu Hause. Er gab noch zwei Injektionen, unterhielt sich mit ihm über Rennpferde und erzählte zwei neue Medizinerwitze, verkündete dann: »Ein paar Tage Schonung, dann reißen Sie wieder junge Tannen aus« und verließ frohgelaunt das Krankenzimmer.
    Zu Katja sagte er väterlich, während er ein Rezept ausschrieb: »Was Ihr Mann braucht, ist liebevolle Pflege. Und Ruhe. Vor allem Ruhe! Keine Aufregung. Der Blutdruck ist hoch, aber den kriegen wir schon klein. Hatten Sie in der letzten Zeit irgendwelche Auseinandersetzungen?«
    »Nicht mehr als immer.« Katja sah abweisend an Dr. Zemmitz vorbei. Er spürte ihre Abwehr und grinste böse. Auch eine Schlafwandlerin in Vanduras Garten, dachte er spöttisch. Im Mittelalter hätte man ihn kurzerhand auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
    Zemmitz riß das Rezept aus dem Block und legte es auf den Tisch. Über die andere Krankheit sprach er nicht, und Katja fragte auch nicht danach. Es hatte im Krankenzimmer genug Spektakel gegeben, als Zemmitz nach der Herzuntersuchung tiefer ging. Hellersen hatte sich unter die Steppdecke verkrochen.
    »Lassen Sie das!« hatte er gezischt.
    Dr. Zemmitz kratzte sich den Kopf und setzte sich auf die Bettkante.
    »Es stimmt also?« fragte er.
    »Blödsinn! Diesen Vandura zeige ich an!«
    »Sie können alles mit ihm machen, aber in diesem Fall wird man eine amtsärztliche Untersuchung als Beweisgrundlage anordnen. Sind Sie völlig sicher, daß Sie Vandura bei einer Fehldiagnose fangen können? Herr Hellersen, ich bin nicht nur Ihr Arzt, ich bin Ihr langjähriger Freund. Das wissen Sie. Müssen wir voreinander Versteck spielen? Vandura weiß, daß Sie eine Lues haben, und er wird Sie kaltschnäuzig beim Gesundheitsamt melden, mit Namen, wenn ich ihm nicht mitteile, daß ich die Behandlung übernommen habe. Also denn – lassen Sie mal sehen.«
    Er schlug die Decke zurück und schob die Schlafanzughose herunter. Hellersen lag steif wie ein Brett im Bett.
    »Nun, Doktor?« fragte er zwischen den Zähnen.
    »Einwandfrei.« Zemmitz lehnte sich zurück an das Fußstück des Bettes. »Und nun beichten Sie mal. Woher haben Sie diese Sauerei?! Wo ist der Ansteckungsherd? Wer

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