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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bei diesem Krankheitsbild normal.
    Nach der vierten Injektion durch Dr. Vandura, die Hellersen ohne Nachwirkungen überstand – Vandura beobachtete ihn scharf und notierte sich, daß der Körper den neuen Injektionsstoff tolerierte –, machte sich Hellersen nach dem Weggang Vanduras durch Zeichen verständlich.
    Papier. Einen Bleistift.
    Die Schwester brachte beides, und Hellersen schrieb in großen, zittrigen Buchstaben ein paar Worte. Dann schob er den Zettel unter sich ins Bett und schlief erschöpft ein.
    Die nächsten Stunden waren dramatisch.
    Dr. Zemmitz kam aus Wien zurück, ein wenig angeheitert und zerknautscht. Abschiedstrunk unter Freunden. Ein Wiener Madl. O schöne blaue Donau … Er traf auf eine aufgeregte Station I. Dr. Bernhard hatte Alarm gegeben. Bruno Hellersen lag wieder im Koma – es ging zu Ende.
    »Wie ist das möglich?« schrie Zemmitz und rannte zu Zimmer 10. Hellersen keuchte und röchelte, der Sauerstoff nutzte nichts mehr, das Gesicht färbte sich zyanotisch. Aus, dachte Dr. Zemmitz und stand mit hängenden Armen neben dem Bett. Aus und vorbei. Eine Lungenembolie. Es bliebe noch eine Trendelenburgsche Operation, die Eröffnung der Lungenarterie durch einen zwei Zentimeter langen Schnitt und Herausziehen des Embolus aus dem Hauptstamm und den beiden Zweigen mit der Kornzange. Der letzte verzweifelte Schritt des Chirurgen – aber bisher war diese Operation auf der ganzen Welt nur zweimal gelungen! Zweimal! Selbst ein Sauerbruch wurde besiegt. Was kann da ein Zemmitz tun?
    »War seine Frau doch hier?« fragte er scharf. Dr. Bernhard schüttelte den Kopf.
    »Nein. Nur Dr. Vandura …«
    »Wer?« brüllte Zemmitz auf. »Vandura?! Sind Sie verrückt, Bernhard?«
    »Ich sah keine Veranlassung, einen Kollegen …«
    »Wie oft?«
    »Dreimal. Zuletzt gestern …«
    »Wir sprechen noch darüber!« Zemmitz setzte sich neben dem röchelnden Hellersen aufs Bett. Er hielt dessen Hand fest, bis das Herz aussetzte und die Brust flach zusammensank. Es ging schnell, wie bei einem Motor ohne Treibstoff. Zemmitz drückte Hellersen die Augen zu und faltete die schlaffen Hände. Über den Gang rollte bereits die Totenbahre. Die Organisation klappte vorzüglich. Bett frei – Wäsche 'runter zum Waschen und Desinfizieren, Matratzen lüften, Zimmer scheuern, zur Neuaufnahme vorbereiten. Wenn jemand um zwei Uhr morgens stirbt, kann das Zimmer am Nachmittag wieder belegt werden. Das gibt die doppelte Tageseinnahme.
    Das Umbetten des Toten vollzog sich mit geübten Griffen. Die Pfleger Ewald und Hans trugen Hellersen auf die fahrbare Trage und zogen ein Tuch über seinen Körper und den Kopf.
    »Da liegt etwas im Bett«, sagte die Schwester, die das Bett aufgeschlagen hatte. »Ein Zettel. Herr Hellersen hat darauf gelegen. Wo kommt denn der her?«
    Dr. Zemmitz griff nach dem Blatt Papier, ehe die Schwester es genau betrachten konnte. Hellersens Schrift, Zemmitz erkannte sie sofort, auch wenn sie jetzt schief, zittrig und verschwommen war.
    Eine Nachricht. Eine schreckliche, bleistiftgeschriebene Zeile.
    »Wenn ich plötzlich sterbe, dann ist Vandura mein Mörder.«
    Dr. Zemmitz faltete das Papier wortlos zusammen, steckte es in seinen Kittel und verließ das Zimmer. Ein Doppeltod! Hellersen und Vandura, denn für ihn gibt es jetzt keinen Ausweg mehr.
    Noch vom Flurtelefon aus rief er die Polizei an.
    »Ich habe einen Mord zu melden«, sagte Dr. Zemmitz ruhig und klar. »Ja, in meiner Klinik. Den Mörder kennen wir.«
    Eine Frau hat Vandura umgebracht, dachte er, als er wieder einhängte. Katja! Man hätte es sich denken können. Er war ein Phantast, dieser Vandura – aber ich wußte nicht, daß er auch ein Idiot war!
    Die Polizei kam zu Vandura, als Katja nach München gefahren war und sich ein neues Kleid kaufte. Noch wußte niemand vom Tod Hellersens – bis zur Freigabe der Leiche durch die Staatsanwaltschaft sollte sein rätselhaftes Sterben verschwiegen werden. Während die Beamten der Mordkommission vor dem Hause Vanduras hielten, transportierte ein Spezialwagen den toten Hellersen bereits zum Gerichtsmedizinischen Institut.
    Vandura empfing die Beamten unbefangen und freundlich. Er wußte, warum sie gekommen waren, und sagte es sofort.
    »Herr Hellersen ist tot, nicht wahr?«
    Kommissar Brandtner nickte erstaunt. Er hatte Erschrecken erwartet oder kalte Abwehr, aber nicht das. »Ja. Sie wissen das?«
    »Es war zu erwarten. Nur der Zeitpunkt war unklar.«
    »Es besteht der Verdacht, daß Sie den

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