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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Waffenschieber, Revolutionäre, Verfolgten, Flüchtigen, politischen Hasardeure und Fanatiker. Beirut – diese Riesenpfanne, in der man Umstürze backt, Mordpläne, Phantastereien, industrielle Imperien und staatliche Zerstörungen. Eine Stadt, hingebaut auf diese Halbinsel ins blaue Meer innerhalb von drei Jahrtausenden, von Baumeistern und kleinen Fellachen, die eins gemeinsam hatten: die Liebe zu diesem Fleckchen Erde und die überquellende Phantasie für Schönheit.
    Das Gewimmel in den Gassen und auf den Straßen ist beängstigend. In den Suks, den noch ganz im Zauberreich der Kalifen angesiedelten Basarstraßen, zwischen Place de l'Etoile und Place des Martyrs, kann man alles kaufen: Damaszenerschwerter und schwere, goldbestickte seidene Haikhs, Silberschmuck aus den winzigen Werkstätten der Goldschmiedegäßchen und Perlen vom Persischen Golf, Glasperlen (Made in Germany) und französisches Parfüm, Teppiche, aus denen noch der Wüstensand rieselt und der schwere, beizende Geruch der Kamele steigt, und handgetriebene Messingkrüge mit Sprüchen aus dem Koran als Verzierung. Man kann einen Esel kaufen und ein Mädchen, einen Dolch mit einem Griff aus Halbedelsteinen und einen Mörder. Es gibt nichts, was der Basar von Beirut nicht vorrätig hätte.
    Dr. Vandura lag in einem Liegestuhl unter einem orangenen Sonnenschirm auf der halbrunden Sonnenterrasse des Hotels Saint Georges. Vor ihm leuchtete silbern und blau das Meer, der Lärm der weißen Riesenstadt brandete dumpf wie ein ständiges Erdbebengrollen zu ihm hinauf, eine einschläfernde Musik. Er trank ein großes Glas eisgekühlten Fruchtsaftes, hatte die Zeitung neben sich auf den gekachelten Boden fallen lassen und blickte über den Bootshafen. Er beobachtete das Anlegen einer großen weißen Jacht. Unter dem blauen Sonnensegel lag eine nackte Frau. Sie rührte sich nicht, auch als der Matrose die Leinen auswarf und ein Hafenarbeiter sie auffing und um einen weiß lackierten Pfahl wickelte. Ein Mann in weißem Anzug kam vom Ruderhaus, beugte sich über den braunen glänzenden Körper und gab ihm einen Klaps auf den Hintern. Die Frau hob den Kopf, schob die langen schwarzen Haare zurück und lachte. Dann zog sie ein Badetuch über sich und blieb liegen.
    Vandura sah zur anderen Seite. Die Badehalbinsel. Das Meer durch einen Kranz schimmernder Bojen für das Hotel reserviert. Hier können Sie ungefährlich baden, Monsieur. Sauberes Wasser, Aufsicht durch drei Bademeister, ein großes Schwimmfloß innerhalb des abgeteilten Meeres zum Ausruhen, keine Haie. An den Bojen hängen Schleppnetze bis zum Felsengrund. Ein Mann stand auf dem Sprungturm, muskulös, braungebrannt, in einer knappen tigergestreiften Badehose, machte Freiübungen, lockerte sich, zog die Blicke auf sich, wippte auf den Zehen. Liebling der Frauen, die um den Sprungturm hockten, ihn bewunderten und seinen eleganten Sprung ins Wasser erwarteten. Vielleicht lebt er davon, dachte Vandura. Man kann von einigen Zentimetern seines Körpers sogar vorzüglich leben. Der Mann wippte noch dreimal, hob dann die Arme über den Kopf, schnellte ab, flog in einem eleganten Bogen durch die Luft und tauchte kerzengerade im Meer unter. Bravo, mein Junge. Springen kannst du. Vandura nahm einen Schluck Fruchtsaft und wandte den Kopf zum Hafen. Die nackte Frau auf der Jacht saß jetzt auf dem Deck und kämmte sich. Ihre vollen Brüste wirkten im harten Sonnenlicht noch plastischer. Der Mann an ihrer Seite rauchte und sprach auf sie ein.
    »Sie langweilen sich, mein Herr?« sagte eine Stimme neben ihm. Vandura wandte langsam den Kopf. Ein Mann in einem hellgrauen Seidenanzug stand außerhalb des Sonnenschirmes. Blauschwarze, glänzende Haare, ein kleiner Bart auf der Oberlippe, ein scharfgeschnittenes, schmales, intelligentes Gesicht. Der Mann war mittelgroß, sehr schlank, fast hager, seine Haut hellbraun mit einem Schimmer Wüstengelb.
    »Woher wissen Sie, daß ich ein Deutscher bin?« fragte Vandura zurück.
    Der Araber lächelte und zeigte auf die auf dem Boden liegende Zeitung.
    »Kölner Stadtanzeiger. Liest so etwas ein Engländer?«
    »Das ist Zufall. Es hätten auch die Hamburger Morgenpost oder die Stuttgarter Nachrichten sein können. Im Kiosk war gerade Köln an der Reihe.«
    »Auf jeden Fall sind Sie Deutscher. Das freut mich. Sie gestatten?« Der Araber zeigte auf einen Segeltuchhocker neben dem kleinen runden Tisch.
    »Bitte.« Vandura schob sich im Liegestuhl höher. »Aber ich langweile mich

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