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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zeitpunkt bestimmten, Doktor.«
    Dr. Vandura lächelte schief. »Das ist eine höflich formulierte Mordanklage. Finden Sie das nicht absurd, Herr Kommissar? Ich bin Arzt – ich helfe, aber töte nicht.«
    »Lesen Sie das.« Brandtner hielt Vandura den Zettel hin. »Sie waren viermal bei dem Gestorbenen? Wie kommt er dazu, solche Zeilen zu schreiben? Was wollten Sie bei Hellersen?«
    »Ich habe ihm Injektionen gegeben.«
    »Heimlich?«
    »Ja.«
    »Ohne Wissen von Chefarzt Dr. Zemmitz?«
    »Ja.«
    Kommissar Brandtner zog laut die Luft durch die Nase. »Warum?«
    »Ich wollte das Leben Hellersens verlängern. Ich nehme an, daß das die Pflicht eines Arztes ist.«
    »Aber warum dann heimlich?«
    »Es besteht zwischen Dr. Zemmitz und mir eine – na sagen wir es höflich – Animosität. Er hätte jegliche Behandlung verhindert.«
    »Das verstehe ich nicht.« Brandtner machte sich Notizen. »Wenn es um den Kranken geht –«
    »Hier geht es um medizinische Grundsatzfragen. Seit Jahren erforsche ich Möglichkeiten, die Arterienverkalkung, die Sklerose also, durch neue Medikamente aus ihrem bisher schicksalsbedingten Verlauf herauszuholen und zu bekämpfen. Nach Ansicht meiner Kollegen sind meine Versuche unwissenschaftlich, so wie Semmelweis unwissenschaftlich war, Pasteur und Robert Koch. Der Kampf um den Fortbestand der Lehrmeinungen ist ein stiller, unterirdischer, aber um so verbissenerer Kampf – die Opfer sind die Kranken, denen man helfen könnte, wenn die Medizin – nicht nur bei uns in Deutschland, überall – nicht zu neunzig Prozent aus Hochmut einiger Arztpäpste bestände. Ich habe meine Therapien auf Kongressen vorgetragen, in Fachzeitschriften beschrieben – der Erfolg: Schweigen. Lächeln. Verleumdung. Oder – wie bei Zemmitz – offene Feindschaft. Der Fall Hellersen gab mir die Möglichkeit, mein neues Präparat zu beweisen. Leider zu spät –«
    »Sie haben Ihr Mittel injiziert gegen den Willen des Kranken?«
    »Herr Hellersen stand ganz unter dem Einfluß seines Freundes Zemmitz.«
    »Sie haben – nennen wir es präzis – an einem Menschen experimentiert?!«
    »Ich wollte helfen, weiter nichts.«
    Kommissar Brandtner wiegte den Kopf hin und her. Ein verfluchter Fall wächst da heran, dachte er. Ein Arzt, der helfen will, außerhalb der Legalität, ein Fanatiker seines Berufes, und der Patient stirbt. Ein Patient, der den Arzt schriftlich einen Mörder nennt. Ein anderer Arzt, der ganz klar sagte: »Er hat ihn getötet wegen seiner Frau.« Ein Meer von Haß, durch das man jetzt schwimmen muß.
    »Sie haben Hellersen also nicht getötet?« fragte Brandtner direkt. »Ihr Injektionsmittel war ungefährlich?«
    »Nein! Keine Medizin ist ungefährlich, nicht einmal Rizinusöl!« Dr. Vandura steckte sich eine Zigarette an. Brandtner lehnte ab, als Vandura die Schachtel hinhielt. »Aber ich lehne es ab, nur daran zu denken, daß die Injektionen zum Tode führten. Ich sagte ja, im Gegenteil – ich wollte helfen!«
    »Aber gegen den Willen des Patienten, in Abwesenheit des Klinikchefs. Da hängt jetzt eine ganze Masse drin.« Brandtner setzte sich. Zwei jüngere Beamte standen an der Tür, als müßten sie einen Ausbruch Vanduras verhindern. »Fahrlässige Tötung. Körperverletzung mit Todesfolge. Totschlag. Sie sind sich darüber im klaren, Doktor?«
    Vandura blickte dem Rauch seiner Zigarette nach. Was er in diesen Minuten dachte, blieb hinter seiner Stirn verschlossen. Brandtner hatte das dumpfe Gefühl, daß er irgendwie weit weg war, mit den Gedanken in einer anderen Welt.
    »Was war mit Frau Hellersen?« fragte er in die dumpfe Stille hinein. »War sie Ihre Geliebte?«
    »Darüber verweigere ich die Aussage.« Vandura stand auf, ging zur Hausbar, goß sich einen Cognac ein und trank ihn in kleinen, schnellen Zügen.
    »Sie liefern damit ein Motiv, Doktor.«
    »Ich weiß, Herr Kommissar. Aber es ist absurd! Ich habe nur für meine Kranken, meinen Beruf, meine Forschungen gelebt. Auch eine Frau kann mich nicht zum Mörder machen, wenn Sie an so etwas denken.«
    »Es wird schwer sein, das zu beweisen.« Brandtner überflog noch einmal seine Notizen. Ein Geständnis, das das ärztliche Ende Vanduras bedeutete. Um den Namen Katja machte er einen dicken Kreis. Cherchez la femme – der alte Spruch. Vandura saß in der Schlinge. »Sie werden einen vorzüglichen Anwalt brauchen, Doktor«, sagte er nach längerer Denkpause. »Ich nehme Sie nicht mit – aber verlassen Sie bitte nicht das Haus. Morgen

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