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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ich sehr gern. Ich bin ein Hundenarr.«
    »Dr. Vandura, warum führen wir eine unverbindliche Konversation? Ich sagte Ihnen schon: Wir brauchen gute Ärzte.«
    »Vielleicht bin ich ein Stümper? Ein miserabler Pillenverschreiber? Ein Friedhofsfüller – so etwas gibt es.«
    »Ein Arzt, der sich ein Wüstendorf als Praxis aussucht, ist kein Stümper.« Karabasch wartete, bis der Kellner das schlanke Glas mit eisgekühltem Sekt auf den Tisch gestellt hatte und gegangen war. »Mut hat nur der Könner – in unserem Metier.«
    »Sie trinken Alkohol? Mein lieber Mustapha, was sagt Allah dazu?«
    »Sekt ist Medizin. Gegen den Kreislauf.« Karabasch nippte an seinem Glas. Vandura lachte leise und lehnte sich zurück.
    »Zwanzig Tropfen Sympathol täten es auch. Sie bieten mir also eine andere Stelle in der Wüste an? Um es genau zu erklären: Ich bin Chirurg.«
    »Wunderbar! Genau das, was wir suchen.«
    »In München hatte ich wenig Gelegenheit zu Operationen. Man machte mich zu einem Modearzt. Ein Wartezimmer voller Frauen – wenn ein Mann in die Praxis kam, war er wirklich krank. Ach Gott, was rede ich darüber.« Vandura winkte ab und sah einem Mädchen nach, das in einem engen Bikini hüftenwiegend über die Sonnenterrasse ging. Es begrüßte einen älteren Herrn mit einem Kuß und nannte ihn ›Ursolito‹. Bärchen. So nennt man nicht seinen Vater … und so streichelt auch ein Vater nicht seine Tochter. Vandura blickte weg. Der Gedanke an Katja sprang ihn sekundenschnell an und wurde unterdrückt. Das Gestern war gestorben. Und begraben. Es gab keine Exhumierungen. »Ich höre weiter, Kollege Karabasch.«
    »Wir brauchen einen Arzt, der so wenig wie wir zu verlieren hat, aber alles gewinnen kann.«
    »Das klingt faul, Kollege Mustapha. Da war mir der Reiter Mustapha aus meinem Kinderbuch lieber. Er ritt zum Kalifen und heiratete die Königstochter.«
    »Daran wird Sie keiner hindern, Dr. Vandura.« Karabasch rückte mit seinem Hocker näher. Als er sah, wie der Kellner einen neuen Liegestuhl bringen wollte, winkte er herrisch ab. »Sie werden die schönsten Wüstenprinzessinnen kennenlernen.«
    »Also doch Wüste. Nur eine andere Ecke.«
    »Und sinnvoller. Sie werden keine Fellachenbäuche abtasten, sondern Schußverletzungen nähen.«
    »O Gott.« Vandura trank einen kräftigen Schluck. »Ich bin der geborene Antiheld. Wenn Pazifismus eine lila Farbe wäre, hätte ich eine lila Haut. Sind Sie einer von der Sorte, der die Israelis ins Meer treiben will? Lassen Sie den Juden doch ihren Lebensraum – ich weiß jetzt selbst, wie notwendig der Mensch so etwas braucht.«
    »Politik soll nicht Ihr Fachgebiet werden, Dr. Vandura.« Karabasch legte die Hände auf Vanduras Knie, eine Geste der Vertrautheit. »Sie sollen Arzt sein, weiter nichts. Verletzte verbinden, Schwerverletzte operieren, amputieren, das Sterben erleichtern. Menschen helfen – ob Juden oder Arabern, ob Sternanbetern oder Revolutionären. Ihnen soll das gleich sein, Dr. Vandura –, für Sie sollte nur der Mensch gelten, der einen Arzt braucht.«
    »Das sind die Reden, mit denen man Kriege und Grauen und deren Opfer humanitär ummantelt. Der selbstlose Arzt, der Jünger des Hippokrates, der nur Wunden sieht und nicht fragt: Woher kommen sie?!«
    »Sie sagen es, Kollege.« Karabasch trank das Glas Sekt in einem Zug leer. »Was stört Sie daran?«
    »Der Pulvergeruch in den Wunden.«
    »Aber es sind Wunden! Wunden brauchen einen Arzt.«
    »Wer sind Sie eigentlich?«
    »Ich befehlige die ›Arabische Einigungsfront‹. Ein Zusammenschluß patriotischer Männer, die nicht mitansehen können, wie man ihr Land unter den Augen der Weltöffentlichkeit verteilt. Die diese träge Welt aufrütteln wollen, aufrütteln müssen, damit die Sattheit wieder lernt, daß nichts selbstverständlich ist außer der Revolution!«
    »Hurra! Hurra! Hurra!« Vandura verschränkte die Arme hinter den Nacken. »Solche Töne singen Sie ausgerechnet einem Deutschen vor?! Arabische Einigung, das ist gut. Aber Front, da werde ich schon allergisch.«
    Mustapha Karabasch blickte über das Meer. Drei Segeljachten tupften weiße Flecken auf das gleichmäßige Blau. Dr. Vandura war ihm sympathisch, er gratulierte sich, ihn angesprochen zu haben. Seit zwei Tagen beobachtete er ihn und hatte das richtige Gefühl gehabt. Ein Geheimnis lag um diesen Mann, und Menschen, die der Welt eine Maske statt ihres wahren Gesichtes zeigen, die in Beirut in einem Luxushotel wohnen und deren Nichtstun in

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