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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rücken zu. Sie knöpfte ihm den OP-Mantel zu und ließ sich viel Zeit dazu. Vielleicht waren die Knopflöcher zu eng.
    »Wissen Sie, daß man von Ihnen in ganz Jordanien und Syrien spricht? Selbst in Jerusalem?«
    »Erstaunlich. Aber verraten Sie Ihren roten Genossen: Ich will das Heilige Grab nicht erobern.«
    »Die Araber nennen Sie Hakim-Pascha.«
    »Ist das nun eine Ehre oder eine Beleidigung?«
    »Dr. Vandura, Sie strapazieren meine Geduld!« Lailas Stimme wurde etwas höher. Sie wehrte sich gegen diese ekelhafte Arroganz, sie verachtete diesen Menschen, weil er ein Weißer war, sie stemmte sich gegen jegliche Toleranz, aber sie gestand sich auch ein, daß sie ein unbestimmtes Glücksgefühl empfand, wenn er morgens ins Zelt kam, sich mit einem Hochmut, der Ohrfeigen wert war, umsah und sagte: »Guten Morgen, Rote-Banner-Prinzessin. Wie geht's den Patienten? Hatten alle normalen Stuhlgang?« Das war die Minute, in der sie ihn hätte töten und küssen können, beides zusammen, ohne es zu bereuen. »Hakim-Pascha, das ist eine Ehre, die Ihnen gar nicht zusteht. Am wenigsten gefällt mir das Pascha – es ist ein Überbleibsel des Sklaventums, der bourgeoisen Vergewaltigung des arbeitenden Volkes.«
    »Wir können uns einigen, Laila.« Vandura überflog den Operationsplan, den Dr. Ashraf jeden Abend aufstellte. Vandura hatte klinikmäßige Bedingungen aufgestellt: Operationsbesprechung, Operationsplan, Vorbereitung, Operation, Wachstation. Und das alles in einem Zelt, gegen das der Wüstensand heulte, der Sand durch die Ritzen fegte und am Tage die Sonne jegliche Feuchtigkeit aus dem Körper sog. Neun Sanitäter hatte Dr. Karabasch nach El Muwaqqar fliegen lassen, aus Jerusalem und Jericho. »Bei Ihnen sind sie wichtiger als in den Stellungen«, hatte er gesagt. »Dort können sie nur verbinden, bei Ihnen helfen sie mit, zu retten.« Und Dr. Vandura zog einen Dienst auf, der bei den Arabern Bewunderung und Achtung hervorrief. Eine präzise Zeiteinteilung, genau abgegrenzte Aufgabengebiete, eine Verantwortung, vor der man sich nicht drücken konnte. Er hielt abends Schulungsstunden ab, lehrte Anatomie und Grundbegriffe der Chirurgie und Wundversorgung, fragte die Sanitäter wie Schüler ab und ließ sie über Laila, die dolmetschte, anbrüllen, wenn sie ihr Pensum nicht gelernt hatten.
    Hakim-Pascha. Das war mehr als ein Name. Das war Anerkennung und Bewunderung. Das war sogar Vertrauen und Liebe. Tiefe, kindliche Liebe zu einem Menschen, der half, Leiden linderte, zerrissene Körper zusammenflickte, den Tod besiegte. Ein von Allah gesegneter Mann. Hakim-Pascha –
    »Ein Vorschlag, Laila«, sagte Vandura und legte die OP-Liste auf einen Klapptisch neben der Zeltwand. »Nennen Sie mich ›Rosa Vater des Messers‹!«
    »Warum rosa?« fragte Laila unvorsichtig.
    »Weil ich nie in rote Farbe fallen werde. Vor 25 Jahren versuchte man es an mir mit Braun – aber auch das mißlang.«
    »Warum jagt man Sie bloß nicht mit Peitschenhieben in die Wüste?« Sie hatte den letzten Knopf zugeknöpft und kam um Vandura herum. Wenn Blicke verbrennen könnten – Vandura wäre jetzt zusammengeschmolzen. »Hakim-Pascha – ein Ignorant sind Sie, weiter nichts! Ein guter Arzt –«
    »Danke, Kollegin –«
    »… aber ein Feind des sozialistischen Fortschritts. Das wird Ihnen trotz aller Leistungen den Hals brechen.«
    »Ich werde auf meinen Hals besonders achtgeben.« Vandura hob den Kopf. Draußen pfiff der Wind um die Zelte. Das Dach blähte sich, die Schnüre und Zeltstangen ächzten. Über den Boden wehte der staubfeine Sand wie gelber Nebel. »Ein Wetter zum fröhlichen Wandern –«
    »Sandsturm. Er ist gut. Er verwischt alle Spuren.«
    »Es ist wohl eure Hauptaufgabe, Spuren zu verwischen? Ich sehe es an Ihnen.«
    »An mir?«
    »Sie haben alle Spuren weiblichen Charmes verwischt …«
    »Für diese Bemerkung könnte ich Sie töten!«
    Sie sah herrlich aus in ihrer ohnmächtigen Wut. Alle Weiblichkeit in ihr drängte nach vorn, explodierte in ihren großen, runden Augen, floß in das Beben ihrer Lippen. Sie empfand in diesen Augenblicken eine wilde Sehnsucht nach diesem Mann und wünschte sich die Berührung seiner Hände. Sie wußte: Das ist die Situation, in der ich die Revolution verrate. Er zweifelt, daß ich eine Frau bin. Welche Frau könnte das ertragen? Nur, wer macht hier den ersten Schritt? Wer wagt es, die schmale Wand zwischen uns zu durchbrechen? Über die Folgen wollte sie nicht nachdenken. Der Augenblick

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