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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht noch einen anderen Stern.« Er machte einen Schritt vorwärts, ergriff Lailas Haare, riß an ihnen ihren Kopf hoch und ließ ihn dann mit Schwung zurück auf den Tisch fallen. Sie schlug mit dem Gesicht auf, stöhnte laut und lag dann still. Nur ihre Augen lebten, ein Feuer, das seine Kraft aus der Seele saugte.
    »Ich werde diese Katja suchen lassen, überall. Ich weise meine Truppen an, die Stadt nach ihr durchzukämmen. Zufrieden?« sagte Karabasch. »Und wenn wir sie finden und sie noch lebt – was machen Sie dann?«
    »Ich werde sie nach Beirut bringen.«
    »Und Sie kommen wieder?«
    Vandura schwieg. Dr. Karabasch nickte abermals.
    »Ich verstehe Ihre Antwort. Mein Gegenargument: Die Revolution braucht Sie!«
    »Es ist nicht meine Revolution.«
    »Jede Revolution dient allen Menschen! Es werden Veränderungen geschaffen, Fortschritte, neue Formen des Zusammenlebens, eine umgeschichtete Gesellschaft. Die Französische Revolution beeinflußte das ganze Abendland, die sowjetische Revolution wird die ganze Welt eines Tages verändern. Unser Aufstand ist nur ein kleiner Nebenfluß für den großen Strom des allgemeinen Aufbruchs. Sie sollten stolz sein, einer solchen Idee zu dienen.«
    »Ich bin stolz, ein freier Mensch zu sein. Bin ich bei Ihnen frei, Karabasch?«
    Dr. Karabasch zog die Augenbrauen hoch und lächelte schwach.
    »Wir sollten diese Unterhaltung in einem schöneren Rahmen fortsetzen, Hakim-Pascha. Ich lade Sie zu einem Abendessen ein. Hammelkeule am Spieß – Ihr Geschmack?« Er blickte auf Laila, die unbeweglich auf dem Bauch lag, das Gesicht in das Wachstuch gedrückt. Er legte seine Hände auf sie und strich dann langsam über ihren Rücken hinauf bis zum Nacken. Ein Zittern durchlief ihren schlanken, braunglänzenden Körper. »Sie würde für Sie in die Hölle gehen – aber mit der gleichen Liebe kann sie Sie auch in die Hölle hineinstoßen. Ich weiß nicht, was Sie in den letzten Stunden gedacht haben, Vandura – aber eines sollten Sie gewiß sein: Sie haben sich bereits für Ihre Zukunft entschieden, als Sie sich Laila verbanden. Blicken Sie nicht zurück … blicken Sie vorwärts! Und dort liegen Kampf und Sieg für uns!«
    Es klang pathetisch, aber Vandura spürte den heiligen Ernst der Worte. Er wußte, daß Karabasch ihn vernichten würde, wenn er Laila für immer verließ. Es gibt keine Grenzen mehr – wie oft hatte Karabasch es gesagt. An jedem Punkt der Erde treffen wir den, den wir in einer Liste durchstreichen wollen. Die Entführung der Flugzeuge bewies es – die Welt war ohnmächtig, wenn eine Handvoll Fanatiker den Terror in die satte Geruhsamkeit der Zivilisation trug. Mit leeren Händen stand sie da, sie hatte kein Gegenmittel, sie konnte sich nur beugen oder sie mußte mit Terror antworten. Das war das vollkommene Chaos – vielleicht die einzige Lebensform, in der sich ein Mensch so richtig wohl fühlt –, denn es gibt nichts Sadistischeres als den Menschen.
    Vandura drehte den Kopf Lailas zur Seite. Sie hatte die Augen geschlossen. Ihre Lider zuckten.
    »Hast du Schmerzen?« fragte er.
    »Ja.«
    »Ich gebe dir eine Injektion.«
    »Dann stich sie ins Herz.«
    »Du wirst gleich schlafen. Du hast viel Blut verloren.«
    »Leg dich neben mich. Ich will nicht mehr schlafen ohne dich …«
    Vandura winkte. Zwei Krankenpfleger hoben Laila vom OP-Tisch, trugen sie zu einer Bahre und deckten sie zu. Sie drehte den Kopf zu Vandura und hob zaghaft die rechte Hand.
    »Komm –« rief sie matt. »Komm, Hakim-Pascha –«
    In der Nacht legte sich Vandura neben Laila.
    »Ruhig …« sagte er, erschüttert von ihrer Hingabe. »Ganz ruhig, Laila – ich bleibe bei dir –«
    In der gleichen Nacht starb der herzkranke Flugpassagier Pierre Nolet. Aber niemand gab es bekannt – man deckte ihn in seinem Bett zu und kam im Zimmer des Flugkapitäns Perkins zusammen. Zehn Männer, unter ihnen auch Pfarrer McClean.
    Der tote Nolet hatte noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen.

9
    Vandura schreckte hoch. Jemand rüttelte ihn an den Schultern und riß ihn fast aus dem Bett. Er setzte sich und brauchte ein paar Sekunden, um sich zu orientieren. Neben ihm lag, leicht zusammengekrümmt, Laila und schlief fest und mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. Vor dem kleinen, vergitterten Fenster, das hinaus auf den mit verkrüppelten Palmen bestandenen Hof führte, graute der Morgen. Ein fahles, rötliches Licht, unwirklich in diesem Übergang von Nacht zu Tag. Es war kalt … Vandura merkte

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