Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
warf sich hinter das MG, riß die Plane herunter, zog den Gurt durch und zielte auf die erste Reihe der königlichen Soldaten. Sehr ruhig wartete sie ab, bis das ganze Schußfeld zu übersehen war und ja keine Kugel vergeudet wurde.
    Die Ausbildung zum Partisanenkampf im heimlichen Lager von El Bueidir. Tagelange Märsche durch die einsamste Wüste, bei glühender Sonne und nur einen kleinen Wassersack am Gürtel. Das Maschinengewehr drückte Rillen in die Schulter, die Luft flimmerte – manchmal tauchten wundersame Bilder auf, schwebende Palmen, Farbflecke, die um den Horizont tanzten, der Himmel löste sich in bunte Punkte auf … »Nicht stehenbleiben! Stehenbleiben ist Tod!« Die Stimme von Ahmad Ishan, dem Ausbilder, dem großen Kämpfer. Er wurde am Stadtrand von Jerusalem erschossen, von einem israelischen Kommando, das die Karawanen kontrollierte.
    Laila krümmte den Finger. Dann bellte die erste Salve aus dem MG und warf die vorderste Reihe der Soldaten in den Sand. Gebrüll antwortete, wildes Schießen und neue Einschläge des Granatwerfers.
    Aber der Sturm stockte einen Augenblick. Diese Pause der Verblüffung benutzte Laila. Sie sprang hinter das Steuer, ließ den Motor an, raste in einem Halbkreis über die Hügelkuppe und verschwand.
    Als die Soldaten der Königsarmee den Hügel erklommen hatten, sahen sie nur noch in der Ferne eine wehende Staubwolke.
    »Zwei Tote, sieben Verwundete«, sagte der Hauptmann und hieb mit der Faust gegen seine Wagentür. »Allah verfluche sie! Aber verdammt, sie haben Mut.«
    Laila fuhr blindlings geradeaus. Die Staubwolke, die sie einhüllte, nahm ihr jede Sicht. Die Richtung kannte sie – zum Dschebel Aschrafije, vorbei am Flüchtlingslager Wachdat, dann in einem Bogen wieder in die Stadt hinein.
    Sie schwebte in ihrer Sandwolke ein paar Minuten, als sie zum erstenmal spürte, wie es warm und klebrig über ihren Rücken lief. Dann kam auch der Schmerz, nicht stark, aber ziehend und bis zu den Lenden hinunter. Ein merkwürdiges Gefühl der Kälte breitete sich über ihren Oberkörper aus. Ich bin verwundet, dachte sie ganz nüchtern. Irgend etwas hat mich in den Rücken getroffen. Ich blute.
    Sie umklammerte das Lenkrad, beugte sich vor und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der kleine Jeep begann zu hüpfen und schwebte fast über dem Boden. Laila versuchte, nach hinten zu fassen, aber sie konnte nicht an die Stelle heran, nur ihre Hand färbte sich rot, und als sie sich kurz umdrehte, war die eiserne, gelochte, Rückenlehne mit Blut verschmiert und auf dem Sitz breitete sich eine Lache aus.
    Ich verblute, dachte sie und legte die Stirn auf das Lenkrad. Allah, ich verblute. Ich werde Hakim-Pascha nie wiedersehen. Sieh auf mich herab, Allah, laß mich durchkommen, laß mich weiterleben – laß mich nicht in der Wüste verbluten …
    Nach einigen Minuten – wieviel wußte sie nicht, sie hatte den Begriff für Zeit und Entfernungen verloren und fuhr mit Vollgas nur dem Horizont entgegen – spürte sie, wie eine selige Müdigkeit sie überschwemmte.
    Sie hielt an, starrte in den glutenden, fast farblosen Himmel und legte beide Hände über die Brust. Sie saß in einem See von Blut, das Lenkrad war verschmiert, ihr Gesicht, die Haare …
    »Allah –« sagte sie kläglich und neigte den Kopf nach Osten – »ich habe es nur aus Liebe getan. Nimm mich zu dir …«
    Sie schloß die Augen und betete die Todessure aus dem Koran. Dann rutschte sie vom Sitz, fiel zwischen die Pedale und verlor die Besinnung.
    Sie wachte auf, weil jemand ihr einen Klaps gab. Zuerst hörte sie das Klatschen, dann spürte sie den Schlag. Erschrocken riß sie die Augen auf. Die Erinnerung kehrte zurück … Der Schuß in den Rücken – das Verbluten – der Tod –. Nun war sie bei Allah im Himmel, und jemand mißhandelte sie.
    Sie schüttelte den Kopf und wollte etwas sagen. Dann wurde das Bild klarer, ein paar weiße Kittel standen um sie herum, sie lag nackt auf dem Bauch, erkannte den OP-Tisch, an dem sie so oft selbst gestanden hatte und operierte, sah das breite Grinsen von Ashraf und sagte laut:
    »Es ist gemein, eine Tote zu schlagen!«
    »Da haben wir sie wieder.« Die Stimme Vanduras. Laila schloß wieder die Augen. Plötzlich weinte sie vor Glück und drückte das Gesicht auf die Gummiunterlage. »Bleib so liegen«, sagte Vandura. »Du hast einen Granatsplitter in den Rücken bekommen. Eine eindrucksvolle Wunde. Du wirst eine Weile warten müssen, bis du wieder einen Bikini

Weitere Kostenlose Bücher